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Pressemitteilungen der Landesregierung

Innenminister Klaus Jeziorsky zieht erstes Resümee zur Hochwasser-Gefahrenabwehr in Sachsen-Anhalt

16.09.2002, Magdeburg – 170

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 170/02

 

Magdeburg, den 16. September 2002

 

 

Innenminister Klaus Jeziorsky zieht erstes Resümee zur Hochwasser-Gefahrenabwehr in Sachsen-Anhalt

Das bestehende Katastrophenabwehrsystem hat sich grundsätzlich bewährt

Schwachstellen sind erkennbar und werden aufgearbeitet

 

Heute hat Innenminister Klaus Jeziorsky im Rahmen einer Pressekonferenz ein erstes Resümee zur Hochwasser-Gefahrenabwehr in Sachsen-Anhalt gezogen. Im Mittelpunkt der Betrachtungen standen der Verlaufsbericht aus dem Arbeitsstab Hochwasser im Innenministerium, die organisatorischen Maßnahmen zur Katastrophenbewältigung und eine erste Einschätzung der Katastrophenabwehr im Land Sachsen-Anhalt. Neben der Einschätzung, dass sich das Katastrophenabwehrsystem generell bewährt hat, sind nach ersten Erkenntnissen auch Schwachpunkte zu Tage getreten. So sollten künftig Verbesserungen z. B. bei Meldeverhalten, Kräfte- und Mittelkoordination, Aus- und Fortbildung sowie bei der Verstärkung der länderübergreifenden Katastrophenabwehr und eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem Bund erreicht werden.

 

 

 

Verlaufsbericht:

 

 

Mit der Einrichtung eines Arbeitsstabes Hochwasser im Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt wurde ein sogenannter Lagefilm gefertigt, in dem bis zum 26. August 2002 hauptsächlich telefonische Meldungen, Informationen der Katastrophenschutzstäbe der Regierungspräsidien, Landkreise und kreisfreien Städte und Führungsstäbe der Polizeidirektionen sowie Entscheidungen und veranlasste Maßnahmen des Arbeitsstabes aufgenommen wurden. Diese Zusammenfassung gibt den Verlauf der Hochwasserkatastrophe mit Kenntnisstand vom Montag, dem 16. September 2002, wieder.

 

Nach starken Niederschlägen im Freistaat Sachsen stiegen die Pegel der Flüsse dramatisch an. Am Dienstag, dem 13.08.2002 erreichte ein erster Hochwasserscheitelpunkt der Mulde Sachsen-Anhalt. Hiervon betroffen waren der Landkreis Bitterfeld und die Stadt Dessau, die daraufhin den Katastrophenalarm ausriefen. In der Folge wurden in Dessau Stadtteile überflutet, erste Evakuierungsmaßnahmen wurden

vollzogen. Die ersten Deichüberflutungen und ein Deichbruch oberhalb der Goitsche wurden am 14.08.2002 festgestellt. Durch diesen Deichbruch lief das Restbautageloch der Goitsche binnen kurzer Zeit voll Wasser, so dass durch einen künstlichen Damm aus Sandsäcken die weitere überflutung von Bitterfeld verhindert werden musste. Ein Ablaufgraben aus der Goitsche in Richtung des Restbautageloches Rösa wurde in den folgenden Tagen auch in Abstimmung mit dem Freistaat Sachsen fertiggestellt, um die Goitsche zu entlasten. Letztlich wurde die Bundesstraße 100 durchstochen, damit das Wasser aus der Goitsche ablaufen konnte.

 

Die anderen Landkreise und kreisfreien Städte entlang der Elbe bereiteten sich auf den Katastrophenfall vor. Durch die Landkreise Wittenberg, Anhalt-Zerbst, Köthen, Schönebeck, Ohrekreis, Stendal und die Stadt Magdeburg wurden die Katastrophenfälle am 15.08.2002 festgestellt. Der Landkreis Jerichower Land erklärte am 16.08.2002 den Katastrophenalarm.

 

Zu dieser Zeit wurden Pegelstände von über acht Metern z.B. im Bereich der Stadt Magdeburg prognostiziert. Die Katastrophenschutzstäbe begannen zunächst mit Deichsicherungsmaßnahmen, um ein überfluten der Deiche zu verhindern.

 

Am 17.08.2002 erreichte das Hochwasser der Elbe Sachsen-Anhalt. Hier kam es dann auch zu ersten Deichbrüchen im Landkreis Wittenberg. Diese Deichbrüche bzw. überflutungen hatten dann weitere Evakuierungen zur Folge. Der Scheitelpunkt der Elbe erreichte Wittenberg am 18.08.2002 mit einem Pegelstand von 7,08 m, in Dessau wurden am gleichen Tage 7,16 m gemessen. In der Nacht zum 19.08.2002 kam es zu einem Deichbruch bei Seegrehna, durch den das Elbewasser eine Vielzahl von Orten im Landkreis Anhalt-Zerbst und Wittenberg überflutete. In der Ortschaft Rehsen versuchen Einwohner am 21.08.2002 einen Deich aufzubrechen, mit dem Ziel, dass das Wasser aus der Ortschaft wieder herausläuft. Die Arbeiten wurden durch den Einsatz von Polizeikräften unterbunden. Ein Ermittlungsverfahren wurde gegen die Verantwortlichen eingeleitet. In diesem Zusammenhang waren auch der Gartenpark Wörlitz und die Bundesautobahn 9 akut gefährdet. Durch den Einsatz von drei Hochleistungspumpen mit einer Leistungskapazität von je 60.000 Litern pro Minute und durch gezielte Deichsprengungen konnte der Wasserstand im Kapengraben bei Dessau konstant gehalten und weitere überflutungen verhindert werden.

 

Das Pretziner Wehr war mittlerweile am 15.08.2002 geöffnet worden, um die Stadt Magdeburg zu entlasten. Im Bereich des Elbeumflutkanales stieg der Wasserstand jedoch so stark an, dass die B 1 bei Heyrothsberge am 19.08.2002 für den Fahrzeugverkehr gesperrt werden musste. An diesem Abend kam es gegen 22.40 Uhr zu einem Bruch eines Siels bei Heyrothsberge. Hierdurch brach ein Deich des Elbeumflutkanals, in der weiteren Folge wurden die Orte Gübs, Klein Gübs, Heyrothsberge, Königsborn und Teile von Biederitz überflutet und auch evakuiert. Auch hier wurde durch die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestand, dass möglicherweise ein THW-Fahrzeug den Bruch des Siels verursacht hatte.

 

Der Scheitelpunkt der Elbe durchlief an diesem Abend die Stadt Magdeburg mit einer Pegelhöhe von 6,70 m, Teile der östlichen Stadtgebiete wurden überflutet. Erstmalig wurde aus Anlass eines Elbehochwassers im Grenzbereich zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt die Wehrgruppe Quitzöbel geöffnet, um die an der Elbe liegende Stadt Wittenberge zu entlasten. Hierzu wurde am 20.08.2002 das Wehr Neuwerben geöffnet. Der Scheitelpunkt der Elbe erreichte am 20.08.2002 gegen Mitternacht Wittenberge mit einem Pegelstand von 7,34 m. Zu weiteren Deichbrüchen bzw. großflächigen überschwemmungen kam es im Norden von Sachsen-Anhalt nicht mehr.

 

In den Folgetagen trat eine Entspannung der Hochwassersituation ein. Die Regierungspräsidien, Landkreise und kreisfreien Städte hoben in der Mehrzahl in der Zeit vom 26.08. bis 28.08.2002 den Katastrophenalarm wieder auf.

 

Durch die überflutungen im Land Sachsen-Anhalt waren 88 Ortschaften und ca. 93 000 Einwohner betroffen. Menschenleben waren im Rahmen der Hochwasserlage nicht zu beklagen. Im Rahmen der Einsätze hat es jedoch mehrere verletzte Personen unter den Hilfskräften gegeben.

 

Die polizeilichen Maßnahmen beschränkten sich nicht nur auf die Hilfeleistungen, sondern auch auf die Sicherung der evakuierten Ortschaften. Trotz einer ständigen Präsens wurde in der Polizeidirektion Dessau 51 Strafanzeigen wegen Diebstahls, in der Polizeidirektion Magdeburg 7 Anzeigen und in der Polizeidirektion Stendal 5 Anzeigen aufgenommen.

 

2. Organisatorische Maßnahmen zur Katastrophenbewältigung:

 

Nach § 2 Katastrophenschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KatSG-LSA) obliegt als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises den Landkreisen und kreisfreien Städten der Katastrophenschutz, die Regierungspräsidien führen die Fachaufsicht über die Katastrophenschutzbehörden und stellen in einem Katastrophenfall die Bereitschaft her, überörtliche Hilfe zur Verfügung zu stellen, dazu bilden sie einen Katastrophenschutzstab. Das Ministerium des Innern führt die oberste Fachaufsicht.

 

Zeitlicher Verlauf der Arbeit der Katastrophenschutzstäbe im Rahmen der Feststellung des Katastrophenfalls in den vom Hochwasser betroffenen Regierungspräsidien und Landkreisen/kreisfreien Städten

 

Regierungspräsidium Magdeburg

 

Der Katastrophenschutzstab des Regierungspräsidiums wurde eingerichtet am 15.08.02. Am 28.08.02, 06:00 Uhr stellte der Katastrophenschutzstab seine Arbeit ein.

 

 

 

 

Landkreis/

kreisfreie Stadt

 

Katastrophenfall

festgestellt am

 

Katastrophenfall

aufgehoben am

 

 

Landeshauptstadt

Magdeburg

 

 

15.08.02 um 10:00 Uhr

 

 

26.08.02 um 01:00 Uhr

 

 

Landkreis

Ohrekreis

 

 

15.08.02 um 18:00 Uhr

 

 

26.08.02 um 18:00 Uhr

 

 

Landkreis

Schönebeck

 

 

15.08.02 um 21:30 Uhr

 

 

27.08.02 um 14:00 Uhr

 

 

Landkreis

Stendal

 

 

15.08.02 um 14:00 Uhr

 

 

28.08.02 um 18:00 Uhr

 

 

Landkreis

Jerichower Land

 

 

16.08.02 um 08:30 Uhr

 

 

26.08.02 um 18:00 Uhr

 

 

 

 

Mit Aufhebung des Katastrophenfalls haben die Katastrophenschutzstäbe der Landkreise und der kreisfreien Stadt ihre Arbeit eingestellt.

 

In den Landkreisen und der Landeshauptstadt Magdeburg sind keine fremden Einsatzkräfte (Bundeswehr, THW) mehr im Einsatz. Die noch anstehenden Aufräumarbeiten werden mit eigenen Kräften (Hilfsorganisationen, Feuerwehren, öffentliche Einrichtungen, Freiwillige Helfer u.a.) erledigt.

 

Regierungspräsidium Dessau

 

Der Katastrophenschutzstab des Regierungspräsidiums wurde am 14.08.02 um 12:30 Uhr eingerichtet. Der Stab des Regierungspräsidiums Dessau arbeitet in verringerter Besetzung mit einer Erreichbarkeit über 24 Stunden (Stand 06.09.2002, 07:00 Uhr).

 

 

 

Landkreis/

kreisfreie Stadt

 

Katastrophenfall

festgestellt am

 

Katastrophenfall

aufgehoben am

 

 

Landkreis

Wittenberg

 

 

15.08.02 um 12:20 Uhr

 

 

28.08.02 um 12:00 Uhr

 

 

Landkreis

Anhalt-Zerbst

 

 

15.08.02 um 13:26 Uhr

 

 

27.08.02 um 13:00 Uhr

 

 

Landkreis Köthen

 

 

15.08.02 um 18:00 Uhr

 

 

26.08.02 um 09:00 Uhr

 

 

Landkreis

Bitterfeld

 

 

13.08.02 um 18:00 Uhr

 

 

13.09.02 um 13:00 Uhr

 

 

Stadt

Dessau

 

 

14.08.02 um 05:15 Uhr

 

 

13.09.02 um 18:00 Uhr

 

 

 

 

Mit Aufhebung des Katastrophenfalls haben die Katastrophenschutzstäbe der Landkreise und der kreisfreien Stadt ihre Arbeit eingestellt.

 

Nachdem im Landkreis Bitterfeld und in der Stadt Dessau am 13.08.2002 der Katastrophenalarm ausgelöst wurde, ist am gleichen Tage im Innenministerium ein Arbeitsstab Hochwasser eingerichtet worden, der folgende Aufgaben wahrnahm:

 

 

 

Lagedarstellung/-berichterstellung,

Information über die Lage an die Landesregierung,

Abstimmung von Kräfte- und/oder Mittelanforderungen mit den Lagezentren des Bundes und der Länder,

Zuweisung von Kräften und Mitteln aus anderen Bundesländern oder dem europäischen Ausland an die Katastrophenschutz- und/oder Polizeibehörden,

Einrichten und Betreiben einer Hotline,

Presse- und öffentlichkeitsarbeit für das Ministerium des Innern in Sachen Hochwasser.

 

 

Darüber hinaus wurde in Einzelfällen den Katastrophenabwehrstäben Unterstützung in Form von Abstimmungen u.a. mit anderen Ländern zur Vorbereitung von Entscheidungen der Katastrophenabwehrbehörden gegeben.

 

Der Arbeitsstab war personell besetzt mit Vertretern des Referates Brand- und Katastrophenschutz, Zivile Verteidigung und des Referates Polizeivollzugsdienst sowie Mitarbeitern/innen aus den Polizeibehörden und der Brandschutz- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge. Weiterhin waren Verbindungsbeamte der Bundeswehr, des THW, der Polizei des Landes Brandenburg, des BGS und des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt im Stab vertreten. Mit Datum vom 26.08.2002 hat der Stab seine Arbeit eingestellt.

 

Nachfolgende übersicht zeigt die Kräfte- und Einsatzmittelanforderungen für den Zeitraum der Tätigkeit des Arbeitsstabes.

 

übersicht über die durch den Arbeitsstab des Innenministeriums veranlassten Kräfte- und Einsatzmittelanforderungen

 

Kräfte

 

 

Bundeswehr 7.050 Mann

THW 1.500 Mann

Feuerwehr (fremde) 3.119 Mann

Polizei 1.866 Mann

 

 

Mittel

 

 

ca. 7 Millionen Sandsäcke/Big Packs

21 Hubschrauber des BGS und der Bundeswehr

18 Hartschalenboote

32 Schlauchboote

1 Wasserwerfer

6 Pumpen

6 Lichtmastkraftwagen

6 Lautsprecherwagen

6 Sonderwagen

2 Sandsackfüllmaschinen

Container für Lebensmittel und Trinkwasser

Löschgruppenfahrzeuge

Einsatzleitwagen

Feldküchen

MOBLAB

ölabscheidetechnik

Transportnetze

 

 

3. Erste Bewertungen

 

In einzelnen Punkten sind nach vorläufiger Würdigung auf unterschiedlichen Ebenen Schwachstellen erkennbar geworden, die der näheren überprüfung bedürfen.

 

Die nachfolgenden Bewertungen basieren auf einer ersten Einschätzung und bedürfen in einem späteren Verfahren der intensiven Auswertung und Nachbereitung. Die Grundlage der im Folgenden angesprochenen Punkte sind zum einen Erkenntnisse des Arbeitsstabes Hochwasser im Ministerium des Innern, zum anderen Lagemeldungen der Regierungspräsidien, Landkreise und kreisfreien Städte, Ergebnisse der Telefonschaltkonferenzen und in den Medien dargestellte Problembereiche. Erfahrungsberichte der Katastrophenschutzstäbe der Regierungspräsidien, der Landkreise und kreisfreien Städte liegen naturgemäß noch nicht vor, da die Behörden noch mit Schadensbewältigungs- und Aufräumarbeiten befasst sind.

 

 

Meldeverhalten/Lagedarstellung durch nachgeordnete Behörden

 

Das Meldeverhalten der nachgeordneten Behörden erwies sich insbesondere zu Beginn der Hochwasserlage als problematisch. Es war in mehrfacher Hinsicht zu bemängeln. Die Meldung der Katastrophenschutzbehörde über die Feststellung des Katastrophenfalles an die nächsthöhere Behörde erfolgte nicht immer umgehend. Die Lagedarstellung der Regierungspräsidien, Landkreise und kreisfreien Städte war in der ersten Kalenderwoche des Hochwassereinsatzes in inhaltlicher Sicht oft lückenhaft und zumeist nicht zeitnah. Auch Lagemeldungen von Gemeinden an die Landkreise waren oftmals in erheblicher Weise defizitär. Infolge der Einführung regelmäßig stattfindender Telefonschaltkonferenzen (dreimal täglich) mit den Regierungspräsidien und den Katastrophenschutzstäben der Landkreise und kreisfreien Städte durch den Arbeitsstab Hochwasser des MI wurde die Lagedarstellung deutlich verbessert. Die eingangs erwähnten Verbindungsbeamten wurden auch zu dem Zweck in die Katastrophenschutzstäbe entsandt, um den Informationsfluss sicher zu stellen.

 

Ein besonderes Problem stellten die technischen Kommunikationsbeziehungen zwischen den Regierungspräsidien und den Landkreisen dar. Auch hier scheint es nach erster Einschätzung nicht selten zu Mängeln in der Informationsübermittlung gekommen zu sein. In einzelnen Fällen ist es auch im Bereich der Telekommunikation zum Ausfall des Festnetzes gekommen, z.T. war auch eine überlastung des mobilen Telefonnetzes festzustellen. Das Meldeverhalten konnte in Einzelfällen auch dadurch verbessert werden, dass Bedienstete der Regierungspräsidien in die Katastrophenschutzstäbe der Landkreise entsandt wurden.

 

Als weiteres Problem muss gesehen werden, dass die Katastrophenschutzbehörden häufig nicht die zutreffende übersicht über die eingesetzten Kräfte und Mittel hatten. Auch dieser Umstand dürfte auf Fehler im Meldeverhalten zurückzuführen sein.

 

Kräfte- und Mittelkoordination

 

Die Kräfte- und Mittelkoordination ist bei einem Einsatz dieser Größenordnung immer problematisch. Zu Beginn des Hochwassereinsatzes waren in den Katastrophenschutzstäben teilweise keine übersichten vorhanden, welche Kräfte, insbesondere Kräfte außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt, im Einsatz waren. Kräfteanforderungen liefen teilweise unkoordiniert und unmittelbar mit anderen Bundesländern. So sind z. B. Einsatzhundertschaften nicht immer sofort vor Ort zum effektiven Einsatz gekommen. In Einzelfällen haben örtliche Kreisbrandmeister aufgrund persönlicher Kontakte Feuerwehrkräfte aus anderen Bundesländern ohne Abstimmung mit den Katastrophenschutzstäben oder dem Arbeitsstab im Ministerium des Innern angefordert.

 

Häufiges Problem war, dass die eintreffenden Kräfte sich nicht bei den Katastrophenschutzstäben gemeldet haben. Sehr oft reisten auch Kräfte ohne jegliche vorherige Anforderung an und trafen direkt an vermuteten oder tatsächlichen Einsatzstellen ein.

 

Technische Einsatzleitungen vor Ort sind in Einzelfällen auch möglicherweise überfordert gewesen, die Kräfte und Mittel an Einsatzschwerpunkten in ausreichendem Maße zu koordinieren. Ursache hierfür kann u. a. sein, dass die Kommunikation zwischen den Technischen Einsatzleitungen und den Katastrophenschutzstäben der Landkreise nicht im erforderlichen Umfang stattfand. Vor allem werden Fragen der erforderlichen Qualifikation örtlicher Führungskräfte, der tatsächlichen Inanspruchnahme von TEL-Kräften des THW durch die Katastrophenschutzbehörden sowie örtlicher Ausstattungen einer näheren überprüfung zu unterziehen sein.

 

Aus- und Fortbildung

 

Der Verlauf des Hochwassereinsatzes 2002 hat z.T. Mängel in der Aus- und Fortbildung von Kräften vor Ort bei der Bewältigung derartiger Katastrophenfälle gezeigt. Die technischen Einsatzleitungen waren teilweise überfordert und konnten z.B. den Bau von zusätzlichen Dämmen nicht umsetzen, da hier offensichtlich Grundlagenwissen fehlte. Die Aus- und Fortbildung ¿ insbesondere für derartige Lagen - bis auf die Ebene der Feuerwehren in den Gemeinden sowie der anderen mitwirkenden Einheiten muss zwingend intensiviert werden, da eine vergleichbare Hochwasserlage jederzeit wieder eintreten kann.

 

öffentlichkeitsarbeit der Katastrophenschutzstäbe

 

Die öffentlichkeitsarbeit der Katastrophenschutzstäbe muss ¿ nach innen und nach außen - intensiviert und verbessert werden. Informationen über wesentliche Entscheidungen der Katastrophenschutzstäbe sind nicht in allen Fällen als Mitteilung an die Medien gelangt. Informationen an die Bevölkerung erfolgten deshalb teilweise nur aufgrund eigener Recherchen der Medien, die dann ¿ auch durch Aussagen einzelner Betroffener ¿ zu einem ungenauen Informationsbild und oftmals auch zu auf Unkenntnis der Sachlage beruhender Empörung in der Bevölkerung führten. Der Arbeit der Medien muss gerade bei einem überregional bedeutsamen Ereignis, wie dies bei der Hochwasserlage der Fall war, stärkere Aufmerksamkeit zugewandt werden.

 

Entscheidungen der Hauptverwaltungsbeamten

 

Im Einzelfall ist es zu Entscheidungen der Leiter der Katastrophenschutzstäbe unmittelbar vor Ort ohne Abstimmung mit dem Stab gekommen. In der Praxis kommt es in solchen Fällen zu erheblichen Irritationen in Bezug auf Maßnahmen, die vorher ungenügend abgestimmt sind. Bei derartigen Lagen sollte der Landrat als Leiter des Katastrophenschutzstabes Entscheidungen treffen, diese sollten zwingend mit seinem Stab abgestimmt sein.

 

Schlussfolgerungen

 

Das bestehende System der Katastrophenabwehr hat sich auch bei der Bekämpfung der lang andauernden und weiträumigen Hochwasserlage 2002 grundsätzlich bewährt. Die Entscheidungen der Katastrophenschutzstäbe waren grundsätzlich zweckmäßig, um Gefahren schnell und wirksam abzuwenden. Es waren in Sachsen-Anhalt keine Menschenleben zu beklagen. Durch sinnvolle Deicherhöhungs- und ¿verstärkungsmaßnahmen gelang es, das Hochwasser in weiten Gebieten innerhalb der Deiche zu halten und dadurch das Ausmaß möglicher Schäden stark zu begrenzen. Bei Entscheidungen zu Fragen der unmittelbaren Gefahrenabwehr ¿ insbesondere Evakuierungen ¿ ist bisher nichts zu Tage getreten, was Anlass zu grundlegenden Beanstandungen gegeben hätte. Auch wenn, wie ausgeführt, manchmal insbesondere bei den örtlichen Einsatzleitungen Koordinierungsmängel vorgelegen haben dürften, ist festzustellen, dass die vorgesehenen Maßnahmen letztendlich doch erfolgreich zur Durchführung gelangten.

 

Die Katastrophenschutzstäbe der Regierungspräsidien wurden unmittelbar nach Ausrufen der Katastrophenfälle konstituiert und nahmen sofort ihre Arbeit auf. Fachaufsichtliche Funktionen der Mittelbehörde wurden ausgeübt, bei vorläufiger Würdigung auch wohl im Regelfall in zweckmäßiger Weise; Näheres wird einer genaueren überprüfung bedürfen.

 

Von Beginn der Katastrophenlage an begab sich der Minister des Innern in die Katastrophengebiete, insbesondere zu den Stäben der Katastrophenschutzbehörden vor Ort. Er ermutigte dabei nicht nur die Kräfte, sondern stellte auch dadurch einen intensiven Informationsfluss in beiden Richtungen her. Das daraus gewonnene Vor-Ort-Wissen floss unmittelbar auch in die Arbeit des Arbeitsstabes Hochwasser im Ministerium des Innern ein.

 

Der Einsatz dieses Arbeitsstabes war sachgerecht. In die unmittelbaren Entscheidungen im Hinblick auf die von Rechts wegen allein der Katastrophenschutzbehörde obliegende Aufgabenstellung wurde nicht eingegriffen; jedoch wurden im erforderlichen Umfang auch fachaufsichtliche Befugnisse wahrgenommen, daneben vor allem aber im größtmöglichen Umfang Hilfestellungen insbesondere durch die Bereitstellung und Koordination von Kräften und Mitteln, in vielen Fällen auch durch deren Beschaffung geleistet.

 

Eine vorläufige Bewertung ergibt des Weiteren, dass der in Deutschland in den jeweiligen Katastrophenschutzgesetzen einheitlich geregelte Grundsatz, dass die örtlichen Behörden zuständig für die Katastrophenabwehr sind, sich dem Grunde nach bewährt hat. Derartige Lagen können letztlich nur ortsnah bewältigt werden. Möglichkeiten verbesserter Koordination im fachaufsichtlichen Behördenstrang werden zu überprüfen sein.

 

Das Geschehen um die Hochwasserkatastrophe bedarf der vertieften Nachbereitung, um daraus Folgerungen für künftige Katastrophenfälle abzuleiten. Im ersten Zugriff werden hierdurch das Ministerium des Innern folgende Maßnahmen ergriffen:

 

 

·

Einsatz einer Arbeitsgruppe zur vertieften Auswertung und Nachbereitung des Hochwassereinsatzes auf sämtlichen Ebenen;

 

 

 

Bericht und Auswertung (auch länderübergreifend) der Hochwasserlage 2002 auf der Sitzung des Ausschusses für Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz, zivile Verteidigung am 18./19.09.2002.

Verstärkung der länderübergreifenden Katastrophenabwehr sowie einer Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem Bund kommen kann;

überprüfung und ggf. Verstärkung des Kräfte- und Mittelpotenzials der Katastrophenabwehr in Sachsen-Anhalt.

 

 

 

 

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