Pressemitteilungen der Landesregierung
Innenminister Püchel:
Verstärkter Kampf gegen Rechtsextremismus
02.12.1999, Magdeburg – 154
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 154/99
Magdeburg, den 2. Dezember 1999
Innenminister Püchel:
Verstärkter Kampf gegen Rechtsextremismus
Neue Verbotsregelung für Skinheadkonzerte
Mit einem neuen Erlass zum Umgang mit rechtsextremistischen Musikgruppen wird, nach Auskunft von Innenminister Dr. Manfred Püchel, sogenannten Skindheadkonzerten mit aller Macht entgegengetreten. Püchel: "Rechtsextremistische Musikveranstaltungen mit ihren menschenverachtenden, volksverhetzenden Liedtexten und offener Sympathie für nationalsozialistisches Gedankengut stören die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Sie sind für den Rechtsfrieden und das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft unerträglich. Deshalb sind Skinheadkonzerte mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten zum frühstmöglichen Zeitpunkt zu verhindern."
Verbote und Veranstaltungsauflösungen setzen voraus, so Püchel, dass nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach den Bestimmungen des Polizeigesetzes bei der Durchführung solcher Veranstaltung gefährdet ist. Der Erlass legt unter anderem mit Hilfe eines "Straftat-Kataloges" dar, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit regelmäßig dann vorliegt, wenn mit Folgendem gerechnet werden kann:
Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole;
Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten, Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten;
öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Landfriedensbruch, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten;
Beschimpfungen von Bekenntnissen Relegionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Volksverhetzung,
Verharmlosung des Systems des Nationalsozialismus, Leugnen der Kriegsschuld oder Kriegsverbrechen, Verherrlichung führender Personen der NS-Diktatur;
Hervorrufen des Eindrucks, das nationalsozialistische System wieder einführen zu wollen durch einen der Aufmärsche im "Dritten Reich" ähnlichen Aufzug und Verwendung von NS-Symbolen;
Ausländerfeindlichkeit, die geeignet ist, das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung zu beeinträchtigen;
Hetze gegen politisch Andersdenkende und gegen gesellschaftliche Randgruppen (z. B. Behinderte, Obdachlose, Homosexuelle, Drogenabhängige).
Der Erlass legt fest, so der Minister weiter, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden und die Polizei im Hinblick auf eine effektive Gefahrenabwehr gerade auch im Vorfeld konsequent reagieren und
möglichst durch eine Anhörung des Veranstalters/Gaststättenbetreibers usw. die Zielsetzung der Veranstaltung hinterfragen
sowie durch einen intensiven Informationsaustausch zwischen Verwaltungsbehörden, Polizei und Verfassungsschutz entsprechende Aufklärungsergebnisse erhalten.
Darüber hinaus verweist der Erlass auf die "Eilzuständigkeit" der Polizei. Daher kann die Polizei im Rahmen ihrer Eilzuständigkeit eine rechtsextremistische Musikveranstaltung selbst verbieten, wenn nach ihrer Beurteilung der Sach- und Rechtslage ein Verbot auszusprechen ist und die Verwaltungsbehörden eine Verbotsverfügung nicht oder nicht rechtzeitig erlassen können.
Innenminister Püchel: "Mit dem neuen Erlass werden die rechtlichen Grundlagen für ein konsequentes Einschreiten gegen Skinheadkonzerte der Verwaltungsbehörden und der Polizei klarer und deutlicher beschrieben und damit die Chancen für ein rechtzeitiges Einschreiten verbessert."
Info:
Im ersten Halbjahr 1999 haben in Sachsen-Anhalt mindestens zwei Skinheadkonzerte stattgefunden. Rechtsextremistische Musikgruppen spielen insbesondere in der Skinheadszene eine prägende Rolle. Sie fördern die rechtsextremistische Orientierung der vor allem jugendlichen Konzertbesucher. Skinheadkonzerte finden überwiegend in geschlossenen Räumen statt und werden zunehmend als Privatfeiern, oft als Geburtstags- oder Hochzeitsfeiern, deklariert. Offene Musikveranstaltungen der rechtsextremistischen Szene finden im Hinblick auf zu erwartende Verbote und polizeiliche Einsatzmaßnahmen nur noch selten statt. Sie werden überwiegend konspirativ vorbereitet. Der genaue Veranstaltungsort wird im Vorfeld nicht bekanntgegeben. Die Angabe eines bestimmten regionalen Raumes oder zentralen Treffortes und die Ankündigung von in rechten Kreisen bekannter Bands reicht aus, um Szeneangehörige und Sympathisanten auch aus größerer Entfernung anzuziehen.
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