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Hövelmann zum 17. Juni:
Kundgebung zum Gedenken an den Volksaufstand vor 55 Jahren
17.06.2008, Magdeburg – 145
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 145/08
Ministerium des Innern -
Pressemitteilung Nr.: 145/08
Magdeburg, den 17. Juni 2008
Sperrfrist:
15.30 Uhr
Hövelmann zum 17. Juni:
Kundgebung zum Gedenken an den Volksaufstand vor 55 Jahren
In
Magdeburg fand heute auf dem Platz des 17. Juni vor dem Innenministerium die
gemeinsame Gedenkveranstaltung der Opferverbände, der Landeshauptstadt
Magdeburg und des Ministeriums zur Erinnerung an den Volksaufstand vor 55
Jahren statt. Hauptredner war Innenminister Holger Hövelmann (SPD). Auszüge aus
seinem Redebeitrag:
¿ Heute vor 55 Jahren
protestierten in der ganzen DDR und auch hier an diesem Ort Männer und Frauen
gegen schlechte Arbeitsbedingungen, Misswirtschaft und die Erhöhung der
Arbeitsnormen, also eine indirekte Senkung der Löhne durch die SED. Doch das
waren nur die Auslöser für die Massenproteste, welche spontan das ganze Land
erfassten. Die eigentlichen Forderungen der Demonstranten waren Demokratie,
politische Freiheit und gleiche Rechte für alle.
Der
Aufstand hat viele Opfer gekostet. Auch hier in Magdeburg. Ich will
stellvertretend Ernst Jennrich und Herbert Stauch nennen.
Die
Umstände des Unrechtstodesurteils gegen Ernst Jennrich sind im Theaterstück ,Der Massenmensch`
für die Nachwelt dokumentiert. Das vom Ernst-Jennrich-Theater inszenierte
Ein-Personen-Stück dokumentiert die Gerichtsverhandlung gegen Ernst Jennrich
vor dem 1. Strafsenat des Bezirksgerichts Magdeburg am 25./26. August
1953. Es beruht auf einem vom Ministerium für Staatssicherheit angefertigten
Tonmitschnitt. Es wurde am heutigen Tage hier im Landgericht im Schwurgerichtssaal
vor Schülern aufgeführt.
Herbert
Stauch war am 17. Juni 1953 an einer Demonstration vor eben diesem Gebäude, das
damals Polizeipräsidium war, beteiligt. Ihm zu Ehren trägt das Straßenstück
zwischen dem Platz des 17. Juni und der Hallischen Straße den Namen
,Herbert-Stauch-Straße `. Das Straßenschild wird auf Initiative der
Opferverbände heute mit einem erläuternden Zusatzschild versehen, um die
Erinnerung an Herbert Stauch wachzuhalten.
Ebenfalls
im Ergebnis einer Anregung der Opferverbände haben wir uns dazu entschlossen,
die Geschichte des heutigen Dienstgebäudes des Innenministeriums erforschen und
aufarbeiten zu lassen. Es war von seiner Fertigstellung 1913 bis zur Wende
1990 unter wechselnden Bezeichnungen Sitz eines Polizeipräsidiums. Es ist davon auszugehen, dass
sich die wechselvolle Geschichte der Stadt Magdeburg im 20. Jahrhundert auch in
der Nutzung des Gebäudes widerspiegelt. Im Gefängnistrakt inhaftierte
die Polizei nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler politische Gegner,
aber auch Menschen, die aus religiösen und rassischen Gründen aus der
nationalsozialistischen ,Volksgemeinschaft` ausgeschlossen wurden. Nach der Gründung des Bezirkes
Magdeburg im Sommer 1952 fungierte es als Sitz der ,Bezirksbehörde der
Deutschen Volkspolizei ` . Der Aufstand in Magdeburg hatte am 17. Juni 1953
hier einen seiner Kulminationspunkte. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass nach
Niederschlagung des Aufstandes hier Gegner des SED-Staates, vielleicht auch
Herbert Stauch, inhaftiert worden sind. Ich möchte an dieser Stelle schon
ankündigen, dass wir die Geschichte des Hauses nach Abschluss der Forschungen
unter anderem auf Tafeln im Foyer unseres Hauses präsentieren wollen. Eine, wie
ich finde, weitere gute Maßnahme auch gegen das Vergessen der Opfer des 17.
Juni 1953.
Die
Erinnerung an die Opfer des 17. Juni 1953 wachzuhalten, ist auch deshalb so
wichtig, weil der 17. Juni 1953 zu den Sternstunden der deutschen Geschichte
gehört. Die Deutsche Geschichte kennt viele Zeitwenden zum Schlechten. Die
beiden Weltkriege und der Holocaust haben viel Schuld auf das deutsche Volk
geladen. Aber der 17. Juni 1953 ¿ auch wenn er von der Erlebnisgeneration als
Scheitern empfunden wurde ¿ steht für einen geschichtlichen Moment in
Deutschland, an den es immer wieder für eine gute Zukunft anzuknüpfen gilt. Der
17. Juni 1953 steht für das Eintreten der Deutschen für Demokratie,
politische Freiheit und gleiche Rechte für alle.
Er
war der Beginn einer Entwicklung, an deren Ende der 9. November 1989 steht. Was
1953 in der DDR geschah, wiederholte sich ähnlich 1956 in Polen und in Ungarn
und 1968 mit dem Prager Frühling. Anfang der 80er-Jahre in Polen konnten die
Machthaber den Weg zur Demokratie nicht mehr aufhalten. In Deutschland war es
dann 1989 soweit, dass der SED-Staat zusammenbrach. Anders als 1953 blieben die
sowjetischen Panzer in den Kasernen, und die friedliche Revolution war
erfolgreich.
Ohne
den 17. Juni 1953 wäre dieses nicht möglich gewesen. Auch deshalb wollen wir
die Männer und Frauen, die Helden und Opfer des 17. Juni 1953 nie vergessen.¿
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