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Nach Halberstädter Vorfall offener Brief des
Innenministers an alle Polizeibedienstete des Landes
18.06.2007, Magdeburg – 147
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 147/07
Ministerium des Innern -
Pressemitteilung Nr.: 147/07
Magdeburg, den 18. Juni 2007
Nach Halberstädter Vorfall offener Brief des
Innenministers an alle Polizeibedienstete des Landes
Den Vorfall in Halberstadt am vergangenen
Wochenende und die heftigen Reaktionen in der Öffentlichkeit nahm Innenminister
Holger Hövelmann (SPD) am Freitag (15.06.2007) zum Anlass, um den
Polizeibediensteten des Landes für ihre gute Arbeit zu danken und ihnen
gleichzeitig seine Erwartungen für die polizeiliche Aufgabenerfüllung
darzulegen:
¿Sehr
geehrte Damen und Herren,
den
Vorfall in Halberstadt am vergangenen Wochenende und die heftigen Reaktionen in
der Öffentlichkeit zum Anlass nehmend, möchte ich mich heute auf diesem Weg an
Sie persönlich wenden.
Es
ist mir ein besonderes Bedürfnis insbesondere Ihnen, sehr geehrte Polizeivollzugsbeamtinnen
und Polizeivollzugsbeamte, schnell und offen meine Auffassung und den
Standpunkt der Landesregierung zu den Geschehnissen darzulegen.
Zuerst
möchte ich feststellen, dass Sie gute Arbeit leisten. Davon habe ich mich bei
meinen Besuchen sowohl in den Polizeidienststellen als auch durch vielfältige
persönliche Kontakte selbst überzeugt. Sie arbeiten engagiert und einsatzbereit
und das nicht nur bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Ich habe noch die
Bilder der gewaltsamen Ausschreitungen während der Demonstration gegen den
G 8-Gipfel vor Augen. Allein bei diesem Einsatz, bei dem unsere Beamtinnen
und Beamte in der vordersten Linie standen, wurden 69 sachsen-anhaltische
Polizeibeamte verletzt. Auch die im Lande verbliebenen Kolleginnen und Kollegen
gewährleisteten in dieser Zeit, trotz starker Belastung und unter Zurückstellung
persönlicher Belange, die Innere Sicherheit.
Gerade
deshalb, aber nicht nur deshalb, verdient unsere Polizei das Vertrauen der
Bevölkerung und auch der Politiker unseres Landes.
Fehler
einzelner Polizisten im Einsatz ‑ wie in Halberstadt geschehen ‑
dürfen nicht zu unzulässigen Verallgemeinerungen führen.
Selbstverständlich
teile ich ‑ wie die gesamte Landesregierung ‑ den Zorn
der Opfer von Halberstadt. Rechtsradikale haben in Halberstadt im wahrsten
Sinne des Wortes die Würde des Menschen mit Füßen getreten. Gewalt gegen
Menschen ‑ egal ob von rechts oder von links, ob politisch motiviert
oder nicht ‑ darf niemals hingenommen werden. Die Hemmschwelle der
Rechtsradikalen, anderen Gewalt anzutun, zu schlagen und zu treten, selbst wenn
das Opfer bereits wehrlos am Boden liegt, scheint immer mehr zu sinken. Gerade
deshalb hat vor allem die Bekämpfung von Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit für mich als Innenminister absolute Priorität.
Darüber
hinaus ist der Kampf gegen den Rechtsextremismus aber auch als ein ständiger
Prozess in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung anzusehen. Ich betone das
Wort gesamtgesellschaftlich. Nicht nur die Polizei, die meistens als erste
Instanz in Anspruch genommen wird oder andere staatliche Stellen sind für die
Bekämpfung verantwortlich. Es ist vielmehr die gesamte Zivilgesellschaft. Jeder
und jede Einzelne ist hier gefordert.
Ich
lasse nicht zu, dass die Polizei aus Unmut über ein gesamtgesellschaftliches Versagen
als Prügelknabe herhalten muss.
Seit
meinem Amtsantritt im April 2006 habe ich gerade im Zusammenhang mit der Bekämpfung
des Rechtsextremismus eine Vielzahl von innerdienstlichen Maßnahmen
veranlasst, um alle Arbeitsebenen für diese Thematik besonders zu sensibilisieren.
Ich
muss aber auch mit aller Deutlichkeit sagen, dass trotz dieser Maßnahmen die
Notwendigkeit einer engagierten Bekämpfung der rechten Kriminalität
offensichtlich noch nicht allen Beamtinnen und Beamten in Fleisch und Blut
übergegangen ist. Und gerade hier, sehr geehrte Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamte, möchte ich mit diesem Schreiben ansetzen. Es nützt nichts, wenn
wir uns täglich theoretisch mit dem Thema Rechtsextremismus beschäftigen. Die
entsprechenden Informationen müssen auch bis zur Arbeitsebene durchdringen und
dürfen nicht in Gleichgültigkeit untergehen. Das Engagement jedes Einzelnen von
Ihnen an seinem Arbeitsplatz und darüber hinaus ist gefragt. Dazu werde ich in
den nächsten Monaten verstärkt vor Ort das Gespräch mit Ihnen suchen.
Ich
weiß, dass Ihnen im Dienst oft viel abverlangt wird. Dass Sie mit Dingen konfrontiert
werden, die die Menschen in Ihrer Stadt, Ihrem Einsatzgebiet manchmal schockieren
würden, aber das ist nun mal die eine Seite des Polizeiberufes. Das Positive in
Ihrem Beruf, wenn Sie helfen konnten, wenn Sie nach Dienstschluss sagen können,
dass es sich doch gelohnt hat, diesen Beruf zu ergreifen, sollte aber
überwiegen.
Zeigen
Sie den Rechtsradikalen in Ihrem Einsatzort deutlich die rote Karte. Hier gilt
das Wort ¿Null Toleranz¿. Dies trifft natürlich für jede Form des Extremismus
zu. Aber wir dürfen insbesondere nicht zulassen, dass man den Polizeibeamten
per se unterstellt, auf dem rechten Auge blind zu sein, sogar mit den Rechtsradikalen
zu paktieren oder sich von denen einschüchtern zu lassen.
Ich
weiß, dass Sie mit mir einer Meinung sind: Wir alle wollen ein Klima des Vertrauens
zwischen Bürgern und der Polizei. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass
wir dieses Vertrauensverhältnis stärken und dort, wo es beschädigt wurde, wieder
neu aufbauen.
Mit
freundlichen Grüßen
Holger
Hövelmann¿
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