Menu
menu

Aktuelle Pressemitteilungen - Sachsen-Anhalt

Landtagsdebatte zu Einheitsgemeinden

17.11.2006, Magdeburg – 208

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

 

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 208/06

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ministerium des Innern -

Pressemitteilung Nr.: 208/06

 

 

 

Magdeburg, den 17. November 2006

 

 

 

 

 

Landtagsdebatte zu Einheitsgemeinden

 

 

 

¿Unser Land

braucht einheitliche, leistungsfähige Gemeindestrukturen¿

 

 

 

In der heutigen

Landtagsdebatte zur flächendeckenden Einführung von Einheitsgemeinden erklärt

Finanzminister Jens Bullerjahn in Vertretung von Innenminister Holger Hövelmann

(beide SPD):

 

Die

regierungstragenden Parteien haben sich im Koalitionsvertrag darauf

verständigt, einheitliche, leistungsfähige Gemeindestrukturen zu bilden. Wir

haben dieses getan, um eine leistungsstarke, moderne und an den wesentlichen

Bedürfnissen des Landes ausgerichtete Verwaltung auch auf der gemeindlichen

Ebene zu schaffen.

Nur eine effizient organisierte gemeindliche Ebene wird für die Bürgerinnen und

Bürger eine attraktive öffentliche Daseinsvorsorge finanzieren können.

 

Die

wirtschaftlichen, finanziellen und vor allem die demografischen

Rahmenbedingungen haben sich in den letzten 16 Jahren erheblich verändert. So

ist es doch unbestritten, dass die Bevölkerungsentwicklung des Landes

Sachsen-Anhalt seit 1990 durch einen permanenten Einwohnerrückgang geprägt ist.

Per Saldo haben in den letzten 16 Jahren über 400.000 Einwohner das Land verlassen.

Für das Jahr 2020 ist durch das Statistische Landesamt eine Einwohnerzahl von

etwas mehr als zwei Millionen Einwohner prognostiziert. Dies würde einen

Rückgang der Einwohnerzahl zwischen 1990 und 2020 um 29 Prozent bedeuten. Neben dem Verlust der Einwohner

ist zugleich auch eine Veränderung in der Altersstruktur zu beachten, was

wiederum zu einem Rückgang der Erwerbstätigen führen wird.

 

Diese Trends

müssen auch ihren Niederschlag im Verwaltungsaufbau des Landes Sachsen-Anhalt

finden. Das gilt insbesondere für die gemeindliche Ebene, weil diese

gegenwärtig in Deutschland die kleinteiligsten Strukturen aufweist. Über 80

Prozent aller Gemeinden haben weniger als 2.000 Einwohner, rund 68 Prozent

weniger als 1.000 Einwohner.

 

Diese

Kleinteiligkeit der Strukturen ist darin begründet, dass der gebietliche

Zuschnitt der Gemeinden seit Gründung des Landes Sachsen-Anhalt noch nie

verändert wurde, während auf der Kreisebene bereits zwei Gebietsreformen

durchgeführt worden sind.

 

Entscheidend für

den Reformbedarf auf Gemeindeebene sind darüber hinaus die finanziellen

Rahmenbedingungen der kommenden Jahre, welche eine auskömmliche Finanzierung

der kommunalen Aufgaben in den gegenwärtigen Strukturen nicht mehr zu gewährleisten

vermag. Zur Fortsetzung des Solidarpaktes wird der Bund ab 2006 bis 2019 als

Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum Abbau von teilungsbedingten

Sonderlasten für das Land voraussichtlich 14,9 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Die Degression der SoBez wird einen Rückgang der jährlichen Einnahmen aus

dieser Quelle von 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf 330 Millionen Euro im

Jahr 2019 zur Folge haben. Dabei steigt die Degression ab 2009 noch einmal deutlich

an. Von 2006 auf 2019 bedeutet dies einen prozentualen Rückgang um etwa 80

Prozent. Daraus folgt, dass das Volumen des Landeshaushalts sinkt. Dieses

betrifft die kommunalen Zuweisungen, welche aus dem Landeshaushalt finanziert

werden.

 

Hinzu kommt, dass

bereits heute die kommunale Haushaltsituation sehr angespannt ist. Die Verschuldung

der Landkreise und kreisfreien Städte sowie der kreisangehörigen Städte und

Gemeinden betrug Ende 2005 je Einwohner 1.334 Euro. Damit ist die

längerfristige Gestaltungsmöglichkeit deutlich eingeschränkt. Die fehlende oder

nur unzureichende Leistungsfähigkeit der Kommunen in Sachsen-Anhalt ist durch

viele unausgeglichene Haushalte und zahlreiche Bedarfszuweisungsanträge

gekennzeichnet. Von 1.046 Gemeinden haben 322, das heißt ein Drittel der

Gemeinden, bereits Bedarfszuweisungen oder Liquiditätshilfe erhalten. Dies

zeigt auf, dass dem kommunalen Handeln nur noch eingeschränkt

Entscheidungsspielräume eröffnet sind. Die in den neunziger Jahren aufgebauten

Strukturen sind dauerhaft nicht mehr finanzierbar.

 

Es ist zu

erkennen, dass gerade die kleineren Gemeinden oftmals nicht das Konsolidierungspotential

aufweisen, um hier entsprechend gegenzusteuern.

 

Die laufenden

Ausgaben der kommunalen Haushalte beruhen zum überwiegenden Teil auf

rechtlichen Verpflichtungen oder dienen zur Erfüllung und Weiterführung

unabweisbar bestehender Aufgaben. Sie haben daher für eine nach

wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtete Haushaltswirtschaft nur geringe

Bedeutung. Demgegenüber spielen die Investitionsausgaben der Gemeinden und ihre

Deckung als Instrument der Wirtschaftspolitik eine große Rolle. Unsere kleinen

Gemeinden haben aber oftmals nicht die Finanzkraft, Investitionen für

Infrastrukturmaßnahmen zu verwirklichen, geschweige denn die Folgekosten des

Unterhalts und der Erneuerung der Investition zu tragen.

 

Daher ist

festzustellen, dass, indem die Gestaltung des Lebensumfeldes durch die

Verwaltung des Mangels ersetzt wird, die Demokratieverdrossenheit gefördert

wird. Die öffentliche Daseinsvorsorge, die Gestaltung des kommunalen Umfelds

könnten dagegen besser im Rahmen eines größeren einheitlichen Gemeindegebietes

organisiert werden.

 

Vor dem

Hintergrund dieser finanziellen Rahmenbedingungen und ihrer Auswirkungen hat

sich die Koalition entschieden, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern

heute die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass in diesem Land auch

langfristig staatliche und kommunale Aufgaben vernünftig erfüllt werden können.

 

Es geht daher

nicht darum, die kommunale Selbstverwaltung abzuschaffen, sondern sie vielmehr

mit den in Zukunft zur Verfügung stehenden Finanzmitteln nicht nur in kommenden

Jahren zu erhalten, sondern zu stärken. Dies führt wiederum dazu, dass das

kommunale Ehrenamt durch seine neue Gestaltungskraft attraktiver aufgewertet

wird.

 

In diesem Sinne

hat sich die Koalition darauf verständigt, die strukturell günstigere und

wirtschaftlichere Einheitsgemeinde in Sachsen-Anhalt flächendeckend einzuführen

und entgegen dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS das Modell der

Verwaltungsgemeinschaften abzuschaffen. Denn die Beibehaltung der bisherigen

Strukturen, Einheitsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften, wird -und ich

hoffe, dieses ist im Lichte meiner bisherigen Ausführungen deutlich geworden ¿

eine zukunftsfähige Verwaltung nicht ermöglichen.

 

Die bis zum Ende

dieses Jahres zu erarbeitenden Eckpunkte der zukünftigen Einheitsgemeinde und

das bis Mitte nächsten Jahres vorzulegende Leitbild werden unter anderem auf

die folgenden Fragen Antwort geben:

 

1. Die Größe der Einheitsgemeinde und damit deren

Leistungsfähigkeit ist vorrangig daran zu bemessen, inwieweit sie eine effektivere

Aufgabenerfüllung als die bisherigen Verwaltungsstrukturen ermöglicht.

 

2. Aufgaben der zukünftigen

Einheitsgemeinden unter Berücksichtigung insbesondere der

interkommunalen Funktionalreform

 

3. Möglichkeiten der

Ortschaftsverfassung zur Wahrung der kommunalen Identität

 

4. Stärkung der Mittelzentren durch Eingemeindung von

Umlandgemeinden nach noch aufzustellenden Kriterien

 

5. Ausnahmen im Hinblick auf die

Mindestgröße. Ausnahmen sollen, wie im Alternativantrag zutreffend

dargestellt, im Einzelfall aufgrund niedriger Bevölkerungsdichte sowie

besondere geografische Lagen aus landesplanerischer oder wirtschaftlicher Sicht

ermöglicht werden. Formen der gemeindlichen Zusammenarbeit soweit möglich, sind

aufzuzeigen.

 

Darüber hinaus hat

sich die Landesregierung bereits bereit erklärt, im Innenausschuss regelmäßig

über den Stand der Kommunalreform zu berichten.

 

Ich gehe davon

aus, dass in Anbetracht des Grundsatzes der Einheitsgemeindenbildung sowie der

eben erwähnten Ausnahmen allen Interessen, insbesondere aber dem Interesse der

Zukunftsfähigkeit unseres Landes, Rechnung getragen wird.

 

 

 

 

 

Impressum:

 

Verantwortlich: Martin Krems

Pressestelle

Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni

39112  Magdeburg

Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517

Fax: (0391) 567-5519

Mail: Pressestelle@mi.lsa-net.de

 

 

 

 

 

 

 

Impressum:Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-AnhaltVerantwortlich:Danilo WeiserPressesprecherHalberstädter Straße 2 / am "Platz des 17. Juni"39112 MagdeburgTel: (0391) 567-5504/-5514/-5516/-5517/-5377Fax: (0391) 567-5520Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de