Aktuelle Pressemitteilungen - Sachsen-Anhalt
Einbringungsrede von Herrn Minister
Bullerjahn für die Regierungsentwürfe des Haushaltsplans 2007 sowie des
Nachtragshaushaltsplans 2006
15.09.2006, Magdeburg – 28
- Ministerium der Finanzen
Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 28/06
Ministerium der Finanzen -
Pressemitteilung Nr.: 28/06
Magdeburg, den 14. September 2006
Einbringungsrede von Herrn Minister
Bullerjahn für die Regierungsentwürfe des Haushaltsplans 2007 sowie des
Nachtragshaushaltsplans 2006
Landtag von Sachsen-Anhalt, 14. September 2006
Herr Präsident,
meine Damen und Herren Abgeordneten,
heute stehe ich vor Ihnen und werbe das
erste Mal als Finanzminister für die Zustimmung zu den Haushaltsentwürfen einer
Landesregierung. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen und etwas
ausführlicher die haushaltspolitische Konzeption dieser Landesregierung
darlegen. Damit meine ich nicht nur die Ihnen vorliegenden Gesetzentwürfe,
sondern auch, dass ich sie in einen weiter gefassten Kontext stellen möchte. Mir
geht es darum, die Rahmenbedingungen unserer Finanzpolitik und die sich daraus
ergebenden Perspektiven und Handlungsoptionen der Politik in den nächsten
Jahren aufzuzeigen. Ich möchte eine Strategiediskussion über die Finanzpolitik
dieses Landes und Sie alle zu dieser einladen.
Anrede,
die Landesregierung hat sich das ehrgeizige
Ziel gesetzt, noch über den Koalitionsvertrag hinaus bereits im Jahr 2010 die
Neuverschuldung auf Null zurückzuführen. 2011 soll mit der Tilgung der
aufgelaufenen Gesamtverschuldung des Landes begonnen werden. Jahresmäßig untergliedert
ergibt sich folgendes Bild: Für das kommende Jahr ist eine Neuverschuldung von
550 Mio. ¿ geplant. Sie soll in den Jahren 2008 und 2009 auf 350 bzw. 150 Mio.
¿ beschränkt werden. Im Jahr 2010 brauchen wir dann keine weitere
Neuverschuldung mehr. Im Jahr 2011 planen wir erstmals eine
Nettotilgungsleistung in Höhe von 100 Mio. ¿.
Die Landesfinanzen sollen also konsolidiert
und die Ausgabenstruktur auf ein langfristig tragbares Niveau, das ungefähr dem
Ausgabenniveau der Geberländer entspricht, angepasst werden. Nachhaltige
Finanzpolitik ist für uns eine entscheidende Voraussetzung dafür, die
Wirtschaftskraft des Landes zu stärken, Bildung und Forschung voranzubringen
und Arbeitsplätze zu schaffen. Dies sind keine leeren Worte, sondern handfeste politische
Absichten, die den Menschen in Sachsen-Anhalt immer bessere Entwicklungschancen
bieten sollen.
Es heißt bekanntlich: Wer sein Ziel nicht
kennt, wird den Weg nicht finden. Mit den Ihnen vorliegenden
Regierungsentwürfen für den Nachtragshaushalt 2006 und den Haushaltplan 2007
wird das Ziel einer verantwortlichen Finanzpolitik definiert. Allerdings legen
wir damit nur einen Teil des Weges zurück. Uns ist bewusst, dass mit den für
die nächsten vier Jahre geplanten Doppelhaushalten 2008/2009 und 2010/2011
weitere Schritte folgen müssen, um unsere zugegebenermaßen anspruchsvolle
Zielsetzung zu erreichen. Auch darüber hinaus werden erhebliche Anstrengungen
notwendig sein, um das Land finanziell auf eigene Beine zu stellen und
langfristig von Zuweisungen Dritter dauerhaft unabhängig zu machen. Kein
gesellschaftlicher Bereich kann sich dieser Diskussion entziehen.
Mit der Ihnen ebenfalls vorgelegten
Mittelfristigen Finanzplanung 2006 bis 2010 haben wir einen Teil dieses Weges
in seinen Grundzügen auszugestalten versucht und dabei erstmals den Blick des
Regierungshandelns bis ins Jahr 2020 gerichtet.
¿Die laufende Legislaturperiode ist die
letzte, in der wir umsteuern können.¿ So hat der Ministerpräsident in seiner
jüngsten Regierungserklärung die Lage des Landes schonungslos umschrieben. Ich
stimme in dieser Situationsanalyse mit ihm überein. Der Handlungsdruck für das
Land ist enorm.
Ich möchte hier nur einige Eckwerte benennen,
die die Lage anschaulich machen: Sachsen-Anhalt weist mit 7.740 ¿ die höchste
Gesamtverschuldung je Einwohner im Vergleich aller Flächenländer auf. Nahezu
jeder zehnte Euro muss für Zinszahlungen aufgewendet werden. Dieses Geld steht nicht zur Finanzierung
anderer Aufgaben zur Verfügung ¿ trotz des bisher historisch niedrigen
Zinsniveaus an den Kapitalmärkten. Unsere Ausgaben finanzieren wir noch nicht
einmal zur Hälfte aus eigenen Einnahmen.
Ein Umsteuern in der Finanzpolitik ist also
dringend geboten. Nicht zuletzt muss Sachsen-Anhalt als Teil Deutschlands und
Europas seinen Beitrag zur Einhaltung des Vertrags von Maastricht und der
Vorgaben des Finanzplanungsrates leisten. Darin wird eine Beschränkung der
Neuverschuldung und des Ausgabenwachstums vorgegeben.
Zugleich müssen wir aber vor allem das
Problem der regional nach wie vor extrem hohen Arbeitslosigkeit bewältigen, die
Wirtschaftskraft des Landes stärken und durch Investitionen in die Bildung
sowie Forschung und Entwicklung die Zukunftschancen des Landes weiterentwickeln
und sichern. Wirtschaft, Arbeit und Bildung als Zukunftsherausforderungen sind
nur gestaltbar, wenn die Finanzpolitik die Spielräume hierzu offen hält.
Dass in diesem Bereich noch Verbesserungen
möglich und notwendig sind, zeigt der aktuelle Fortschrittsbericht des Landes.
Dort wird auf Grundlage eines Rechenschemas, das auch die Höhe der
Neuverschuldung berücksichtigt, über die Verwendung der Solidarpaktmittel
Rechenschaft abgelegt. Die bisher unbefriedigenden Nachweisquoten belegen, dass
es bei einem relativ konstanten Investitionsniveau entscheidend auf eine Reduzierung
der konsumtiven Ausgaben ankommt, um die Neuverschuldung zurückzuführen.
Hierbei müssen wir berücksichtigen, dass sich die Personalausgaben als
wichtigster konsumtiver Ausgabeblock nicht von heute auf morgen reduzieren
lassen. Wir müssen allerdings auch im Auge behalten, dass insbesondere im
Bereich Bildung und Forschung einige Ausgabepositionen, die haushaltstechnisch
als Konsum zu deklarieren sind, durchaus als Investition in die Zukunft des
Landes gewertet werden können.
Eine solide Finanzpolitik, ein konsolidierter
Landeshaushalt sind also nicht Selbstzweck, sondern vielmehr Grundbedingung
dafür, sich erfolgreich den Herausforderungen der Zukunft stellen zu können.
Anrede,
mir ist es auch aus diesem Grund wichtig, die
Finanzpolitik verstärkt längerfristig auszurichten und sie damit den Belangen
der Tagespolitik zu entziehen. Dieser Blickwinkel scheint mir auch in anderer
Hinsicht notwendig zu sein:
Die künftige Einnahmeentwicklung zwingt uns
dazu, schon jetzt den Blick in die Zukunft zu richten. In den kommenden Jahren
wird das Land mit einem starken und kontinuierlichen Rückgang der Zuweisungen
von dritter Seite konfrontiert werden. In der neuen EU-Förderperiode 2007 bis
2013 wird rund ein Drittel weniger Fördermittel bereitstehen, als dies bisher
der Fall war. Die Zuweisungen im Rahmen des Solidarpakts II laufen bis 2019
vollständig aus ¿ schon mittelfristig ist der Rückgang um jährlich über 100
Mio. ¿ deutlich spürbar. Diese Einnahmeentwicklung, die im Prinzip durch das
Land nicht beeinflusst werden kann, schafft zusätzlichen Druck auf die
Ausgabenseite und erhöht den Konsolidierungsbedarf.
Die demographische Entwicklung, die in ihren
Folgen auf die Landesfinanzen durch Abwanderung von Arbeitskräften in
wirtschaftlich stärkere Regionen Deutschlands noch verschärft wird, steigert
den Handlungsbedarf weiter. Darüber hinaus hat das Land ein
Zuwanderungsproblem. Wir können die statistisch betrachtet geringeren Wegzüge
im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht durch Zuzüge kompensieren. Hierin liegt
eine Herausforderung für uns als Landespolitiker, die Grundlagen dafür zu
schaffen, dass im Land weiterhin Arbeitsplätze entstehen und sich damit
einhergehend weiche Standortfaktoren weiterentwickeln. Ziel soll es sein, dass
immer mehr Menschen Anlass haben, nach Sachsen-Anhalt zu kommen.
Die aktuelle dritte Bevölkerungsprognose wird
im März nächsten Jahres durch die vierte ersetzt. Danach zeichnet sich für das
Land eine günstigere Entwicklung ab, als bisher angenommen wurde. Natürlich ¿
dies wird nicht zu unrecht gegen Projektionen der Bevölkerungsentwicklung
eingewandt - lässt sich die künftige Einwohnerzahl Sachsen-Anhalts nicht exakt
vorausberechnen. Fakt ist aber, dass die Geburtenrate sich kurzfristig nicht
grundsätzlich verändern wird. Mit einem schlagartigen Rückgang der Abwanderung
von Arbeitskräften kann ebenfalls nicht gerechnet werden. Wir streben aber für
diese Legislaturperiode einen ausgeglichenen Wanderungssaldo an. Solide
Finanzpolitik muss diese Entwicklungen berücksichtigen. All dies wird ¿
weitgehend ohne Einflussmöglichkeiten der Landespolitik ¿ die Einnahmesituation
des Landes dauerhaft verändern.
Richtig ist, dass die Umsatzsteuererhöhung
und das Steuerrechtsänderungsgesetz 2007 zu Einnahmesteigerungen auch im Land
führen. Umgekehrt wird die geplante Unternehmenssteuerreform - sollte sie nicht aufkommensneutral
ausgestaltet werden - Mindereinnahmen
verursachen. Zugleich können wir erfreulicherweise feststellen, dass sich die
eigene Finanzkraft des Landes positiv entwickelt.
Wir müssen aber immer berücksichtigen, dass das Land über den Bundesrat an
derartigen Entscheidungen nur mitwirken kann - wir allein können die
Einnahmebasis nicht verändern. Auch eine gesteigerte Finanzkraft des Landes
wird unsere Einnahmesituation nicht maßgeblich verändern - sinken doch mit
zunehmender eigener Leistungsfähigkeit die Zuweisungen aus dem
Länderfinanzausgleich entsprechend. Ich möchte hier keineswegs den Eindruck
erwecken, als seien die Steuerpolitik und die Entwicklung der eigenen
Finanzkraft für uns ohne Bedeutung. Worauf es mir ankommt, ist vielmehr die
Erkenntnis, dass für uns als Land beim Thema Haushaltskonsolidierung zunächst
und unmittelbar nur die Ausgabenseite in ihrem gestaltbaren Teil die
entscheidende Steuerungsgröße der Finanzpolitik sein kann.
Deren mittel- bis langfristige Ausrichtung
ist Voraussetzung dafür, die skizzierten Entwicklungstendenzen besser in den
Griff zu bekommen, als dies bei rein kurzfristigen Betrachtungen möglich wäre.
In einer Projektion der wichtigsten Einnahme- und Ausgabeblöcke bis in das Jahr
2020 ¿ das ist das Jahr, in dem das Land erstmals ohne die Zuweisungen aus dem
Solidarpakt auskommen muss ¿ haben wir in der Mittelfristigen Finanzplanung
versucht, unter Berücksichtigung der Einnahmeentwicklung zunächst die
finanziellen Spielräume der nächsten Jahre zu ermitteln. Ausgehend hiervon
wurde festgestellt, welche finanziellen Möglichkeiten für die einzelnen
gestaltbaren Aufgaben und Politikbereiche bestehen. Auf diese Weise wird der
Landeshaushalt auf ein Grundgerüst nicht veränderbarer Grundausgaben
zurückgeführt, das um gestaltbare Ausgaben ergänzt werden kann. Dieses
Verfahren muss unzweifelhaft noch verfeinert werden ¿ Finanzplanung ist ein
immer laufender Prozess.
Diese Projektion möchte ich aber künftig immer
mehr zu einer Richtschnur für die Aufstellung der nächsten Haushalte, der
Mittelfristigen Finanzplanung und nicht zuletzt zur Definition des finanziellen
Rahmens der Sachpolitik ausbauen. Denn diese Betrachtung erlaubt, künftigen
Handlungs- und Umgestaltungsbedarf für die Politik zu ermitteln und frühzeitig
die notwendigen Maßnahmen zur Umsteuerung einzuleiten. Die nun eingebrachten
Entwürfe sind von den Ergebnissen der Projektion noch mäßig geprägt. Aber ¿ ich
sagte es ja bereits ¿ wir stehen am Anfang des Weges, den wir in den kommenden
Jahren konsequent fortsetzen müssen und wollen.
Anrede,
die Rahmenbedingungen für eine auf
Konsolidierung ausgerichtete Finanzpolitik sind gut. Die Steuereinnahmen haben
sich stabilisiert und werden in diesem und im kommenden Jahr stärker zulegen
als noch vor einigen Monaten zu erwarten war. Die konjunkturelle Entwicklung
verläuft ebenfalls besser, als noch am Anfang des Jahres angenommen wurde.
Lassen Sie uns diese günstigen Voraussetzungen nutzen und ¿ wie wir es mit dem
Entwurf für den Nachtragshaushalt 2006 und den Haushalt 2007 geplant haben -
einen deutlichen Schritt in Richtung eines Verzichts auf eine weitere
Nettoneuverschuldung machen.
Lassen Sie mich nun, liebe Kolleginnen und
Kollegen, auf die wesentlichen Aspekte der Gesetzentwürfe des
Nachtragshaushaltsplans 2006 und des Haushaltsplans 2007 eingehen.
Zum Entwurf des Nachtragshaushalts 2006
Mit dem Nachtragshaushaltsplan erhöht sich
das Volumen der Einnahmen und Ausgaben von 9,93 Mrd. ¿ auf 10,02 Mrd. ¿. Im Wesentlichen
werden am bisherigen Haushaltsplan 2006 vier Veränderungen vorgenommen:
Der Haushaltsplan wird, soweit ihm Prognosen
zugrunde lagen, aktualisiert. Dies gilt insbesondere für die Steuereinnahmen.
Inzwischen ist davon auszugehen, dass nach derzeitigen Berechnungen 146 Mio. ¿
mehr Einnahmen eingehen werden, als bei Planaufstellung erwartet werden konnte.
Diese Erwartung bildet die Grundlage für den Nachtragsentwurf.
Auch wird das Land aufgrund der günstigen
Entwicklung an den Kapitalmärkten weniger Zinsen zahlen müssen, als bei
Planaufstellung vorhergesagt wurde. Nicht zuletzt kommt es bei den
Personalausgaben zu Minderausgaben. Diese Entlastungsfaktoren ermöglichen es,
die erwarteten Mehrbelastungen ¿ vor allem im Bereich der überörtlichen Sozialhilfe
und der Auslagen in Rechtssachen - zu kompensieren. Zugleich konnte die
Neuverschuldung auf nunmehr 750 Mio. ¿ abgesenkt werden - die Restkreditermächtigung aus dem Vorjahr
mit einem Volumen von 125 Mio. ¿ stellen wir damit in Abgang.
Der Nachtrag folgt also dem Prinzip strikter
Ausgabenbegrenzung. Auch die globalen Minderausgaben werden aufgelöst; sie
wurden keineswegs ¿einfach gestrichen¿. Die globalen Einsparverpflichtungen
wurden in konkrete Ausgabenabsenkungen umgesetzt ¿ und erscheinen aus diesem
Grund nicht mehr im Nachtragshaushalt.
Die Beleihung des Sondervermögens
Altlastensanierung des Landes Sachsen-Anhalt in Höhe von 150 Mio. ¿ wird
zurückgeführt. Haushaltstechnisch ist dies eine Umschuldung, die die Höhe der
Neuverschuldung ebenso wenig beeinflusst wie die Summe der Gesamtverschuldung.
Wir leisten damit einen Beitrag zur Haushaltsklarheit und zur Transparenz der
Finanzpolitik ¿ nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Erstmals mit dem Nachtragshaushalt 2006 wird
dem Pensionsfonds, den wir noch 2006 schaffen wollen, ein Betrag von 20 Mio. ¿
zugeführt. Dieser stellt gleichsam einen Grundstock für den in den kommenden
Jahren geplanten Aufbau eines Kapitalvermögens zur Absicherung der
Pensionsverpflichtungen des Landes dar. In den nächsten Jahren ist von einem
starken Anstieg der Beamtenversorgungsausgaben auszugehen ¿ im Jahr 2020
rechnen wir mit einer jährlichen Belastung von rund 290 Mio. ¿. Gemessen an den
Ausgaben des Jahres 2005 entspricht das einer Versechsfachung. Vorausschauende
Finanzpolitik bedeutet, bereits heute für diese kommenden Belastungen Vorsorge
zu treffen. Im übrigen sehe ich auch hierin einen Beitrag zu größerer
Transparenz der Finanzpolitik, die damit die ¿stillen Lasten¿ der Zukunft offen
legt.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich einen immer
wieder vorgetragenen Einwand gegen die Bildung derartiger Vorsorgevermögen
ausräumen: Die Geldanlage bei gleichzeitiger Neuverschuldung ist nicht
unwirtschaftlich. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass auf längere Sicht die
Habenzinsen die Sollzinsen immer übertroffen haben. Das beruht auf der im
Verhältnis zu privaten Kreditnehmern weitaus besseren Bonität der Öffentlichen
Hand, Sie profitiert aufgrund eben dieser Bonität von besonders niedrigen
Sollzinssätzen.
Mit dem Nachtragshaushalt werden zudem die haushaltsrechtlichen
Voraussetzungen dafür geschaffen, dass eventuelle Minderausgaben im Bereich der
Erstattungen nach AAÜG (Sonder- und Zusatzversorgung) ebenfalls dem
Pensionsfonds zufließen. Um es deutlich zu sagen: Jeder zusätzlich Euro in
diesem Bereich wird für die Vorsorge genutzt.
Wir wollen noch in diesem Jahr den rechtlichen Rahmen für den Aufbau
des Vorsorgevermögens schaffen. Teil der gesetzlichen Regelungen soll auch
sein, die Zuführungen an den Fonds der Höhe nach festzuschreiben, um die
Vorsorgeleistungen auch in Zukunft sicherzustellen. Wir werden daher ¿ das
möchte ich schon heute ankündigen ¿ dem Landtag die entsprechenden
Gesetzesentwürfe noch für die Sitzung im Oktober zuleiten. Dies möchte ich mit
der Bitte verknüpfen, selbstverständlich nach ausführlicher Beratung, zügig
bereits im November darüber zu entscheiden, damit noch im Jahr 2006 mit der
ersten Einzahlung begonnen werden kann.
Mit dem Nachtrag wird außerdem ein
zusätzlicher Beitrag in Höhe von 10 Mio. ¿ zur Tilgung des sogenannten
Midewa-Kredits geleistet, der derzeit mit rund 98 Mio. ¿ valutiert ist. Es
handelt sich dabei um die letzte ¿verdeckte¿ Verschuldung des Landes. Die
Tilgung dieses Kredits muss das Land übernehmen - über die weiteren Schritte
werden wir in nächster Zeit entscheiden und hierbei natürlich auch die
Kommunalen Spitzenverbände einbinden. Uns muss klar sein: Gelingt es uns in den
nächsten Jahren nicht, die Verbindlichkeit schrittweise zurückzuführen, so muss
das Land spätestens 2009 die gesamte Restschuld auf einmal tilgen - und bis
dahin für die Zinsen aufkommen. Auch dies sehe ich als einen Beitrag zur
Transparenz der Finanzpolitik.
Zum Haushaltsplanentwurf 2007
Anrede,
der Entwurf
für den Haushalt 2007 verfolgt das Ziel, einerseits die konsumtiven Ausgaben zu
senken und zugleich die Voraussetzungen für ein weiterhin hohes Maß an
öffentlichen Investitionen zu schaffen. Die Gesamtausgaben und -einnahmen
belaufen sich auf 9,91 Mrd. ¿. Die Neuverschuldung konnte auf 550 Mio. ¿
beschränkt werden ¿ dem niedrigsten Wert seit Bestehen des Landes. Die
Investitionsquote dagegen steigt von 17,4 v. H. 2006 (Stand Nachtragshaushalt)
auf 18,5 v. H. im Jahr 2007. Für 2007 gilt also: Investieren und konsolidieren.
Ganz im
Vordergrund stehen hierbei die Personalausgaben. Sachsen-Anhalt beschäftigt
noch immer überproportional viel Personal im öffentlichen Dienst. Die
Personalausgaben sind auch in Zukunft die finanziell bedeutsamste, durch das
Land gestaltbare Ausgabengröße. Wie in den letzten Jahren wollen wir auch in
den nächsten Jahren 2000 Stellen im öffentlichen Dienst durchschnittlich
jährlich abbauen: Wir haben uns darauf verständigt, die Zahl der
Neueinstellungen zugleich auf 250 pro Jahr zu beschränken. Dies sind die
aktuellen Grundannahmen für das Personalentwicklungskonzept, das wir im Moment
erarbeiten. Wir werden dort zunächst eine Ist-Analyse und eine
Überhangbetrachtung vornehmen und dabei die Bevölkerungsentwicklung
berücksichtigen. Darauf aufbauend werden Zielgrößen und Kennziffern für die
Personalausstattung der Landesverwaltung formuliert und Handlungsempfehlungen
zur Umsetzung dieser Zielgrößen ausgesprochen. Noch in diesem Monat liegt ein
erster Entwurf vor, der Grundlage der weiteren Beratungen der Landesregierung
sein wird. Wir werden auch dem Landtag diesen Entwurf vorlegen. Wir planen, die
Beratungen hierüber im Frühjahr nächsten Jahres abzuschließen ¿ so rechtzeitig,
damit das Konzept in die dann anstehenden Planungen für den Doppelhaushalt
2008/2009 und die nächste Mittelfristige Finanzplanung einfließen kann.
Ein
reduzierter Stellenbestand eröffnet ¿ wird er mit weiteren Verwaltungs- und
Funktionalreformen verbunden ¿ die Möglichkeit, die sächlichen
Verwaltungsausgaben zu reduzieren. Im Haushalt 2007 beschränken wir uns bei den
Sachausgaben auf das notwendige Minimum.
Lassen Sie mich zum Thema Verwaltungsreform
einige Anmerkungen machen. Zur Zeit wird die geplante Polizeistrukturreform in
der Öffentlichkeit diskutiert. Da gibt es verständlicherweise Kritik von Seiten
derer, die vom Wegfall eines Behördenstandortes betroffen sind. Sicherlich
müssen deren Argumente ernst genommen werden, und auf jeden Fall ist es
notwendig, Strukturentscheidungen dieser Art in ein Gesamtkonzept einzubinden
und umfassend abzuwägen.
In nächster Zeit steht die Gerichtsreform
sowie die Umstrukturierung der Finanzverwaltung an. Mit der Umgestaltung der
Liegenschaftsverwaltung im Land wird sich die Landesregierung im Oktober
befassen. Schon bald wird sich der Lenkungsausschuss mit den von meinem
Kollegen Dr. Daehre angedachten Grundzügen einer neuen Landesentwicklung
beschäftigen, welche im Sommer nächsten Jahres im Entwurf vorliegen soll. All
diese Schritte und Einzelmaßnahmen müssen kombiniert und aufeinander abgestimmt
werden. Ich sage aber auch ganz klar: An einer weiteren Verwaltungsstraffung
auch in Bezug auf die Zahl der Behörden führt kein Weg vorbei. Ich bitte Sie,
immer zu berücksichtigen, dass mehr Geld für die Aufgaben der Zukunft
bereitsteht, wenn an den Kosten der Verwaltung und der Bürokratie gespart wird.
Anrede,
im Haushalt 2007 findet erstmals die neue
Förderperiode der EU ihren Niederschlag. Der Entwurf des neuen Operationellen
Programms 2007 bis 2013 verfolgt in haushalterischer Hinsicht zwei
Zielsetzungen. Die EU-Mittel sollen so eingesetzt werden, dass der
Kofinanzierungsaufwand für das Land so gering wie möglich ausfällt. Zugleich
ist es Ziel, alle bereitstehenden EU-Mittel zu binden und im Land zu nutzen.
In der neuen Förderperiode steht bei weitem
weniger Geld zur Verfügung, als dies bisher der Fall war. Mit dem neuen
Operationellen Programm soll versucht werden, durch flexibler gestaltete
Fördermöglichkeiten und den verstärkten Einsatz von Darlehen statt verlorener
Zuschüsse das quantitativ geringere Fördervolumen zu kompensieren. Der
Haushaltsplan 2007 bildet diese Konzeption des Operationellen Programms ab und
schafft die Voraussetzungen für seine Umsetzung. Sobald das Operationelle
Programm von der EU genehmigt wurde, kann mit seinem Vollzug begonnen werden.
Anrede,
der Haushaltsplan 2007 sieht als ersten
Schritt einer Konsolidierungspartnerschaft zwischen Land und Kommunen auch eine
Änderung der Finanzbeziehungen vor. Ich spreche hier bewusst von Änderung und
nicht nur von Kürzung der Kommunalzuweisungen, weil diese Bewertung nach meiner
Einschätzung zu kurz greift. Sie erfasst nur einen Teilaspekt der
vorgeschlagenen Änderungen. Richtig ist zwar, dass die Verbundquote auf nun
22,7 v. H. abgesenkt wird und auch die finanzielle Beteiligung der Kommunen an
den Kosten der überörtlichen Sozialhilfe zu Mehrbelastungen der Kommunen führen
wird. Nach meiner Überzeugung muss von kommunaler Seite, mit der das Land eine
Solidargemeinschaft bildet, auch weiterhin ein erheblicher
Konsolidierungsbeitrag erbracht werden. Das Land hat ebenfalls seinen deutlich
erkennbaren Beitrag zu leisten.
Eine Ausgabenrückführung in der auf
Landesebene erforderlichen Größenordnung ist ohne Eingriffe in die kommunalen
Finanzbeziehungen weder sachgerecht noch leistbar. Bis zum Jahr 2020 wird die
Sonderförderung der neuen Bundesländer schrittweise zurückgefahren. Sie wird gleichsam - was die Einnahmeentwicklung
angeht - auf westdeutsches Normalniveau zurückgeführt. Damit entfällt die
Begründung und die finanzielle Möglichkeit überproportionaler Finanzzuweisungen
der neuen Länder an ihre Kommunen. Mit der Veränderung der Verbundquote
übertragen wir diesen Prozess der Angleichung auch auf die Finanzbeziehungen
zwischen Land und Kommunen ¿ die Verbundquote nähert sich so westdeutschem
Niveau. Dieser Prozess muss und wird sich auch in den nächsten Jahren
fortsetzen. Denken Sie daran, bis zum Jahr 2020 beraten wir gerade noch 6
Doppelhaushalte.
Die Einschnitte stellen aber nur den einen
Teil der nun geplanten Maßnahmen dar. Auf der anderen Seite arbeiten wir im
Moment daran, Aufgaben und Ausgaben der Kommunen zu reduzieren. Wir sehen darin
eine wichtige Aufgabe der Landesregierung. Zudem wird die kommunale
Gebietsreform, die wir nun zügig vorantreiben müssen, neue und kostengünstigere
Strukturen schaffen, die die Rückführung der Landeszuweisungen weiter
kompensieren können.
Teilweise wird mit der nun vorgesehenen
Absenkung auch eine Überkompensation kommunaler Aufwendungen korrigiert. Vor
drei Jahren wurden die Kosten des Aufnahmegesetzes in die Verbundmasse
einbezogen und die Verbundquote erhöht. 2005 entsprach diese Verbundquotenerhöhung
einem Betrag von rund 54 Mio. ¿ - die tatsächlichen Ausgaben der Kommunen für
diese Aufgabe beliefen sich aber nur auf rund 33 Mio. ¿. In Höhe der Differenz
von 21 Mio. ¿ sind die nun geplanten Eingriffe ins FAG also nur als Korrektur
einer ungerechtfertigten Besserstellung ¿ aber nicht als echte Kürzung zu
bewerten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die
Entwicklung der Steuereinnahmen des Landes, die die Bemessungsgrundlage für die
Kommunalzuweisungen bilden. Diese steigen im Vergleich zu den Jahren 2005 und
2006, so dass den Kommunen 2007 trotz Änderung des FAG effektiv nicht weniger
Geld zur Verfügung gestellt wird, als ihnen im Jahr 2005 zugewiesen wurde. Ich
hatte es vorhin bereits angedeutet ¿ die Steuereinnahmeentwicklung wird sich auch
weiterhin positiv gestalten. Wir werden in den nächsten Wochen sehen ¿
spätestens zur Steuerschätzung im November-, dass die Kommunalzuweisungen
betragsmäßig nur unwesentlich von den bisher gezahlten Summen abweichen werden.
Dies nimmt den Gesetzesänderungen nach meiner Einschätzung einen guten Teil
ihres befürchteten Ausmaßes. Im übrigen
steigen die eigenen Einnahmen der Kommunen in den letzten Jahren deutlich ¿
hier wurden Wachstumsraten verzeichnet, die deutlich über denen der
Landessteuereinnahmen lagen.
Nicht zuletzt wird auch die Kostenbeteiligung
der Kommunen an der überörtlichen Sozialhilfe mittel- bis längerfristig zu
Ausgabensenkungen führen. Die Kommunen müssen ein größeres eigenes Interesse an
einer wirtschaftlicheren und kostengünstigeren Organisation der überörtlichen
Sozialhilfe haben . Hiervon wird in erster Linie natürlich das Land
profitieren, Einsparungen werden aber auch den
Kommunen zugute kommen.
Anrede,
ich möchte abschließend noch einmal mein Bild
vom begonnenen Weg aufgreifen und kurz skizzieren, welche Schritte in der
Finanzpolitik in der nächsten Zukunft erfolgen, welche Aufgaben bewältigt
werden müssen. Wir haben ganz bewusst nach der Wahl und der Regierungsbildung
uns dazu entschlossen, zunächst einmal zügig mit der Aufstellung des Nachtrags
und des Haushaltsplanentwurfes für 2007 zu beginnen. Basis hierfür war allein
ein Eckwertebeschluss der Landesregierung. Die grundlegenden, strategischen
Überlegungen können wir nun in der notwendigen Ruhe und der erforderlichen
Ausführlichkeit in der zweiten Jahreshälfte angehen ¿ dies wäre vor Erarbeitung
der Planentwürfe so nicht möglich gewesen.
Was ist weiter zu tun?
Ein wichtiger Punkt im Sinne einer
effizienteren Verwaltungsorganisation wird die Neuordnung der
Beteiligungsverwaltung im Land sein. Unser Ziel ist es, noch im Haushalt 2007
die hierzu notwendigen haushalterischen Veränderungen einzuleiten. Das
Personalentwicklungskonzept als weitere die Konsolidierung begleitende Maßnahme
sowie die Umstrukturierung der Immobilienverwaltung hatte ich eingangs bereits
angesprochen. Für den Herbst ist außerdem ¿ gleichsam als Einstieg in die
Strategiediskussion - eine Klausur der Landesregierung geplant. Diese wollen
wir mit einer weiteren Klausur im März nächsten Jahres zuende führen und sie
als Basis für die dann anstehende Vorbereitung des Doppelhaushaltes 2008/2009
und der nächsten Mittelfristigen Finanzplanung, die künftig verbindlicheren
Charakter haben soll, nutzen.
Das Benchmark-Gutachten, das die Einnahmen-
und Ausgabenstruktur des Landes und seiner Kommunen mit der anderer Länder und
Kommunen vergleichen soll, wird zur Zeit von fachkundigen Wissenschaftlern
erarbeitet und liegt Ende des Jahres vor. Es wird für den Prozess der
Haushaltskonsolidierung wertvolle Informationen liefern. Diese können bereits
im Aufstellungsverfahren für den Doppelhaushalt 2008/2009 genutzt werden. Ein
weiteres Projekt wird die Gründung des Zukunftsfonds sein, in dem die Erlöse
aus der Veräußerung von Landesvermögen vereinnahmt werden, um damit Zukunftsinvestitionen
zu finanzieren. Damit wollen wir sicherstellen, dass das Landesvermögen nicht
zur Haushaltssanierung genutzt wird, sondern durch Investitionen in
Zukunftsprojekte dem Aufbau neuen Vermögens dient.
Auch für die kommenden Jahre wird also
gelten: Konsolidieren, um Spielräume für Wirtschaft und Arbeit, Forschung,
Entwicklung und Bildung zu erhalten und neu zu schaffen.
Anrede,
Sie sehen, vor uns ¿ vor der Landesregierung
und dem Parlament gleichermaßen - liegen große Aufgaben. Eine sich momentan
stetig verbessernde Einnahmesituation und die geplanten Strukturveränderungen
werden Anpassungen an den nun vorliegenden Entwürfen möglich machen. Für uns
ist derzeit klar, wir werden zum Haushaltsplan 2007 und dem Nachtragsentwurf
2006 spätestens nach der Steuerschätzung im November eine Ergänzungsvorlage
vorlegen. Wir werden mit der Ergänzungsvorlage die entstehenden Spielräume
nutzen und Voraussetzungen dafür schaffen, unseren Pensionsfonds, die
Investitionen in Arbeit und Bildung sowie die Beendigung der Neuverschuldung
voranbringen. Ebenso werden wir den Zinsausgabeansatz angesichts des in
jüngster Zeit steigenden Zinsniveaus aktualisieren. Wir werden außerdem prüfen,
ob Möglichkeiten zur verstärkten Bindung angebotener Drittmittel bestehen. Schon hier zeigt sich im übrigen,
wie wichtig und vorteilhaft langfristige Zielsetzungen sind und wie sie zur
Steuerung der konkreten Haushaltsplanung nutzbringend eingesetzt werden können.
Anrede,
im Sinne einer zusammenfassenden Bewertung
möchte ich feststellen: Die finanzpolitische Gesamtausrichtung stimmt.
Natürlich kann ich mir vorstellen, die Neuverschuldung noch stärker zu
reduzieren ¿ wie von einigen in den letzten Tagen gefordert wurde. Zur Wahrheit
gehört aber auch, dass eine Rückführung der Neuverschuldung nur möglich ist,
wenn zugleich die Ausgaben gesenkt werden. Ausgabensenkungen werden
üblicherweise als Einsparungen bezeichnet ¿ Einsparvorschläge aber hat bei
seiner Forderung nach weniger Verschuldung keiner vorgelegt. Insofern liegen
schlüssige Alternativvorschläge zu unserer Planung nicht vor.
Meine Damen und Herren, ich bin ¿ wie gesagt
- überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sein Ziel es ist, ab dem Jahr
2020 finanziell vollständig auf eigenen Beinen zu stehen, Chancen für die
Menschen zu eröffnen und damit als Land
auch in der Lage zu sein, öffentliche Daseinsvorsorge zu betreiben.
Meine Damen und Herren, wie ich bereits
eingangs sagte, möchte ich Sie einladen ¿ und ich habe dabei ausdrücklich alle
Fraktionen dieses Hauses im Blick ¿, konstruktiv an der Ausgestaltung dieses
Weges mitzuwirken und sich an der Gestaltung der Zukunft unseres Landes zu
beteiligen. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Parlamentarier weiß ich um
die Bedeutung und den Wert einer aktiven Teilhabe aller politischen Kräfte. Wir
jedenfalls sind offen und dankbar für allen guten Argumente in dieser
Strategiediskussion. Ich möchte Sie nochmals auffordern, diesen Kurs zu
unterstützen, diesen Weg gemeinsam zu gehen und sowohl dem Nachtragshaushalt
2006 als auch dem Haushaltsplan 2007 nach ausgiebigen Beratungen und Gesprächen
im Dezember die größtmögliche Zustimmung zu erteilen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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