Aktuelle Pressemitteilungen - Sachsen-Anhalt
Redebeitrag von Minister Jeziorsky zu den
Entwürfen von Gesetzen über Kreissitze
10.11.2005, Magdeburg – 159
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 159/05
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 159/05
Magdeburg, den 10. November 2005
Es gilt das gesprochene Wort!!
Redebeitrag von Minister Jeziorsky zu den
Entwürfen von Gesetzen über Kreissitze
(Gesetzentwürfe der Landesregierung, LT-Drs. 4/2234, 4/2235,
4/2236, 4/2237, 4/2238, 4/2239, 4/2240, 4/2241, 4/2242)
TOP 1 der Landtagssitzung am 10. November
2005
Anrede,
heute
steht mit den Entscheidungen zu den Kreissitzen der Abschluss der
Kommunalreformen in dieser Legislaturperiode an. Wir setzen gewissermaßen den
Schlussstein für ein neues Gebäude und werden dann für unsere Kommunen den
Rahmen geschaffen haben, der eine hinreichende Leistungsfähigkeit garantiert,
auch für die Übernahme ggfls. weiterer Aufgaben.
Ich
möchte an dieser Stelle und zu diesem Tagesordnungspunkt keine abschließende
Bewertung der Reformen vornehmen. Lassen Sie mich aber dennoch eine
Feststellung zu den Vorhaben treffen, die uns in den letzten Jahren so
nachhaltig bewegt haben. Wir haben eine Reform beider kommunaler Ebenen
innerhalb einer Legislaturperiode konzipiert und umgesetzt. Dies hat es bisher
in der Geschichte der Kommunalreformen in Deutschland noch nicht gegeben.
Gleichzeitig ist es gelungen, alle Beteiligten, seien es Kommunen, Verbände
oder Vereinigungen, in den Diskussionsprozess einzubinden. Damit konnte ein
hohes Maß an Akzeptanz erreicht werden, auch wenn nicht alle Wünsche vor Ort
erfüllbar waren. Dies liegt aber in der Natur der Sache.
Es
erfüllt mich mit großer Freude, dass insbesondere der zeit- und kräftezehrende
Einsatz vor Ort auch außerhalb des Landes anerkannt und sogar ¿ wie vom
Deutschen Landkreistag geschehen ‑ ausdrücklich anderen Ländern als
Muster für den Umgang mit den Kommunen empfohlen wurde. Dieses Lob gebührt aus
meiner Sicht auch den vielen Akteuren vor Ort und unseren kommunalen
Spitzenverbänden, die sich alle aus einem hohen Maß an Verantwortung für unser
Gemeinwesen in dem notwendigen Prozess konstruktiv eingebracht haben.
Nicht
zuletzt ist der Dank an die Baumeister in diesem Haus zu richten, die die
politische Last eines derartigen Unterfangens so aktiv getragen haben.
Anrede,
aus verwaltungsmäßiger
Sicht mögen die heute zu treffenden Entscheidungen als eher nachrangige Folge
des Gesetzesbeschlusses über die neue Kreisgebietsreform erscheinen. Doch wir
alle wissen, dass die Entscheidungen zu den Kreissitzen in einem weit höheren Maße
als das Gebietsreformgesetz selbst in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Wir
müssen dem gerecht werden. Denn der Meinungsstreit vor Ort ist aus der
jeweiligen Sicht nachvollziehbar und legitim.
Aber
bei allem Respekt für die Meinungsbildung vor Ort: Wir müssen Entscheidungen
treffen und zwar solche, die dem Land insgesamt dienen. Dieser Tatsache musste
sich die Landesregierung bei der Erstellung des Gesetzesentwurfs ebenfalls
stellen und diese Entscheidung obliegt nun Ihnen.
Anrede,
lassen
Sie mich vor allen anderen inhaltlichen Ausführungen eines deutlich sagen: Jede
unserer aktuellen Kreisstädte ist grundsätzlich geeignet, auch Kreisstadt eines
neu zu bildenden Landkreises zu sein. Dies macht die Entscheidung nicht
leichter, sondern erheblich schwerer. Die Entscheidung für eine bestimmte Stadt
stellt keine Nichtachtung der jeweiligen Alternative dar, es geht nicht um
Bevorzugung oder Zurücksetzung einer konkreten Kommune, sondern um eine aus
Landessicht richtige Entscheidung.
Vor
diesem Hintergrund kommt es elementar auf die Kriterien an, nach denen die
Kreissitzentscheidungen ausgerichtet werden sollen. Diese müssen sich der
lokalen Kritik stellen. Ich möchte daher zunächst darauf hinweisen, dass die
Kriterien zur Bestimmung des Kreissitzes eben aus diesem Grund klar und
objektiv ausgewählt wurden. Es hätte nur die Auseinandersetzungen vor Ort
weiter angeheizt, wenn Begriffe, die unterschiedliche ausgelegt werden könne,
zum entscheidenden Kriterium erhoben worden wären. Denn jeder Bürgermeister
hätte eine andere Begriffsauslegung als maßgeblich reklamiert ¿ eben die
Definition von der er sich eigenen Vorteile verspricht.
Auch
die Anhörung zeigte, dass je nachdem, in welcher Situation sich die örtlichen
Vertreter befanden, ganz unterschiedliche Kriterien für eine Entscheidung über
die Kreissitze als notwendig erachtet wurden. Teilweise wurden sogar dieselben
Kriterien genannt, aber mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen versehen.
Auch erinnere ich daran, dass beispielsweise reklamiert wurde, bisher
verwaltungsschwache ehemalige Kreisstädte zum Kreissitz des neuen Landkreises
zu bestimmen ¿ sozusagen zum Ausgleich der bisherigen geminderten
Verwaltungskraft. Anderseits wurde die Verwaltungskraft auch als Kriterium
genannt weil man der Ansicht war, dass verwaltungsstarke Gemeinden weiter
gestärkt werden müssen. Hier zeigt sich sehr deutlich, dass das bloße Kriterium
häufig auch nicht weiterhilft. Wichtig ist vielmehr die Frage, welcher
Zielsetzung die Kreissitzbestimmung folgen soll.
Anrede,
unser
Vorschlag will Bewährtes soweit möglich erhalten und eine leistungsstarke,
wirtschaftliche Verwaltung sichern. Dazu dienen die zunächst aufgestellten
Voraussetzungen, nämlich, dass der neue Kreissitz schon bisher Sitz einer
Kreisverwaltung gewesen sein muss und dass er im Gebiet des neuen Landkreises
gelegen sein muss. Diese Kriterien werden soweit es mir ersichtlich ist auch
von keiner Partei in Zweifel gezogen.
Zudem
folgen wir den Zielsetzungen landesplanerischen Vorgaben über die Entwicklung
der Orte zu berücksichtigen. Dazu gehört auch die Wertung, dass große Kommunen
weiterhin und vorrangig gestärkt werden sollen.
Anrede,
abschließend
möchte ich darauf verweisen, dass die technische Entwicklung ¿ und gerade auch
die modernen Kommunikationsmittel - die Bedeutung der Kreissitzentscheidung
für die Bevölkerung deutlich gemindert hat. Die verwaltungsmäßige Betreuung der
Bevölkerung wird auf jeden Fall gesichert werden. Die Notwendigkeit eines
persönlichen Aufsuchens der Kreisverwaltung dürfte ein Ausnahmefall sein,
insbesondere auch deswegen, weil viele Verwaltungsangelegenheiten nach unserer
Gemeindeordnung in den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften erledigt werden
können, auch wenn sie in die Kompetenz des Landkreises oder anderer Behörden
fallen.
Auch
die wirtschaftliche Bedeutung der Kreissitzentscheidung wird meines Erachtens
häufig überschätzt. Ich möchte in diesem Zusammenhang an das Beispiel der Stadt
Gardelegen erinnern, die trotz Kreissitzverlust eine wirtschaftlich besonders
positive Entwicklung genommen hat. Hier wird deutlich, dass wirtschaftliches
Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht von dem örtlichen
Vorhandensein eines Verwaltungssitzes abhängt. Entscheidend ist, wie die
jeweilige Kommune der Erreichbarkeit und sachliche Präsenz gegenüber Bürgern
und ansiedelungswilligen Unternehmen ausgestaltet.
Anrede,
lassen Sie uns
heute mit dieser Reform ein Gebäude vollenden, in dem sich die Menschen
wohlfühlen können und das ihnen vertraut sein wird, weil es nicht überdimensioniert
sondern bedarfsgerecht gebaut ist.
Ich
bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
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Verantwortlich: Dr. Matthias Schuppe
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