Aktuelle Pressemitteilungen - Sachsen-Anhalt
Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky
zum Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD ?Entschieden gegen
jede Form von Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus?, LT-Drs.
4/2361 TOP 14 der Landtagssitzung am 9. September 2005
08.09.2005, Magdeburg – 121
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 121/05
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 121/05
Magdeburg, den 9. September 2005
Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky
zum Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD ¿Entschieden gegen
jede Form von Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus¿, LT-Drs.
4/2361 TOP 14 der Landtagssitzung am 9. September 2005
Anrede,
in der vergangenen
Woche habe ich das Kabinett über die Entwicklung der politisch motivierten
Kriminalität unterrichtet und darüber anschließend die Öffentlichkeit in der
Landespressekonferenz informiert. Die Berichterstattung haben die Fraktionen
der Linkspartei.PDS und der SPD offensichtlich zum Anlass genommen, den nun
vorliegenden Antrag zu stellen.
Anrede,
in meinem Bericht hatte
ich bereits auf die Entwicklung der Gesamtzahlen der politisch motivierten
Kriminalität hingewiesen. Hier gab es im ersten Halbjahr 2005 im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum einen Anstieg um 238 Delikte. Das ist ein Zuwachs um
knapp 70 %.
Dieser Trend war
bereits bei der Bekanntgabe der Polizeilichen Kriminalstatistik ‑ Staatsschutz
für das Jahr 2004 im Februar diesen Jahres erkennbar. Als mögliche Ursache
hatte ich auf das Scheitern des Verbotsverfahrens gegen die NPD und die
Wahlerfolge rechtsextremer Parteien hingewiesen.
Die Aktivitäten im
rechten Bereich haben sich im 1. Halbjahr 2005 fortgesetzt und führten nun
auch zu einer Vielzahl von Gegenreaktionen der linken Szene ‑ verbunden
mit Straftaten im Rahmen von Veranstaltungen/Demonstrationen sowie in deren
Umfeld.
Der Schwerpunkt
der politisch motivierten Kriminalität liegt zwar nach wie vor eindeutig im
Phänomenbereich ¿rechts¿. Den prozentual größten Anstieg haben wir allerdings
im Phänomenbereich ¿links¿ zu verzeichnen. Hier stieg die Zahl der Delikte von
27 auf 102 Straftaten. Die überwiegende Anzahl dieser Straftaten wurde im
Rahmen von Veranstaltungen/Demonstrationen und bei Auseinandersetzungen
zwischen Personen der linken und rechten Szene registriert. Auffällig bei den
Straftaten durch Angehörige der linken Szene ist dabei besonders der
überproportionale Anstieg der Gewaltdelikte. Die Zahl der Fälle stieg von 7 auf
32.
Anrede,
Gewalt darf
niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Und Gewalt darf niemals
politische Argumente ersetzen.
Der Anstieg der
von Rechten begangenen Straftaten ist im Wesentlichen auf eine Steigerung bei
den sogenannten Propagandadelikten um 122 Fälle zurückzuführen. Der Anteil
dieser Delikte an allen von Rechten verübten Straftaten liegt mittlerweile bei
73 %, das heißt, nahezu dreiviertel der Delikte im Phänomenbereich rechts
sind Propagandadelikte. Dazu gehören insbesondere Hakenkreuzschmierereien und
das Zeigen des Hitlergrußes. Im 1. Halbjahr 2004 lag der Anteil dieser
Straftaten noch bei ca. 65 %. Allein 88 Strafanzeigen sind im
Zusammenhang mit dem Tragen von Bekleidung mit dem verbotenen Logo ¿Thor
Steinar¿ erstattet worden. Ein Phänomen, das im 1. Halbjahr 2004 noch
nicht existiert hat.
Die Zahl der
Gewaltdelikte durch Angehörige der rechten Szene ist um 3 auf 34 Fälle
gestiegen. Die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten ist ebenfalls gestiegen ‑ und
zwar um 3 auf 48 Fälle.
Die in
Sachsen-Anhalt zu verzeichnende Entwicklung politisch motivierter Delikte ist
auch in anderen Bundesländern erkennbar. So hat Brandenburg Steigerungen im
Bereich der Politisch motivierten Straftaten und Bayern im Bereich der
politisch motivierten Gewaltdelikte zu verzeichnen.
Anrede,
die von mir
dargestellten Zahlen machen deutlich, dass wir es keineswegs nur mit einem
Problem rechter Straftaten oder rechter Gewalt zu tun haben. Gewalt und
Extremismus jeglicher Art ‑ egal ob von rechts oder von links ‑
stellen eine besondere Gefahr und eine besondere Herausforderung für unser
demokratisches Gemeinwesen dar.
Die Landesregierung
sieht ‑ und das nicht erst seit heute ‑ in der Bekämpfung
des Extremismus von links und von rechts einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Sowohl
repressiv als auch präventiv ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen umgesetzt
worden. Dabei war es immer das Ziel, eine einseitige Ausrichtung zu vermeiden
und allen extremistischen Bestrebungen die gleiche Aufmerksamkeit zu widmen.
Ich habe an dieser Stelle schon häufiger darüber berichtet.
Angesichts der
aktuellen Entwicklung werden bereits erfolgreich praktizierte Verfahrensweisen
intensiviert fortgesetzt, und zwar durch:
·
konsequentes polizeiliches Vorgehen bei
Bekanntwerden von möglichen Skinhead-Konzerten,
·
Erhöhung der polizeilichen Präsenz an einschlägigen
Treffpunkten und an erkannten
Kriminalitätsschwerpunkten der rechten und linken Szene,
·
täterorientierte Ermittlungs- und
Präventionsarbeit,
·
Einrichten von Sonderkommissionen und
Ermittlungsgruppen.
Anrede,
im Zusammenhang
mit der Bekämpfung der Gewaltkriminalität gibt es bundes- und landesweit eine
Fülle von Konzepten und Maßnahmen, mit denen vor allem Kindern und Jugendlichen
Toleranz und Verständnis gegenüber anderen und ein angemessener Umgang mit
Konflikten vermittelt werden. Diese Ansätze sind ein wichtiger Baustein bei der
erfolgreichen Bekämpfung des politischen Extremismus. Sie gehen über das rein
polizeiliche Tätigwerden hinaus.
Der Beschluss des
Landtags in seiner 55. Sitzung vom 3. März dieses Jahres zielt
ebenfalls in diese Richtung. Mit einem ¿Netzwerk für Demokratie und
Toleranz ‑ gegen Extremismus und Gewalt¿ sollen die notwendigen
Schritte unternommen werden, eine Bündelung aller maßgeblichen
gesellschaftlichen Kräfte unseres Landes zu erreichen, um ein möglichst breites
zivilgesellschaftliches Fundament gegen Extremismus und Gewalt zu schaffen.
Auch die mit der
Initiative Kommunale Kriminalprävention von der Landesregierung angestrebte
wirksamere Verzahnung aller mit Sicherheitsaufgaben betrauten staatlichen und
kommunalen Verantwortungsträger berührt die repressive und präventive
Bekämpfung der politisch motivierten Straftaten.
Anrede,
die aktuellen
Ereignisse in Tanne und Wernigerode sind von mir auf das Schärfste verurteilt
worden. In beiden Fällen wird ‑ auch im Rahmen einer Ermittlungsgruppe ‑
mit Hochdruck an der Aufklärung dieser Straftaten gearbeitet. Nähere
Einzelheiten kann die Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt weder im Plenum
noch in den Ausschüssen des Landtages bekannt geben, weil es sich um laufende
Ermittlungsverfahren handelt. Diese Ereignisse haben nochmals zu einer
punktuellen Verstärkung von polizeilichen Maßnahmen geführt ‑ zusätzlich
zu den schon bisher umfangreichen Maßnahmen.
Dass diese
Maßnahmen erfolgreich sind, kann man besonders am konsequenten Vorgehen unserer
Polizei im Zusammenhang mit den im gesamten Bundesgebiet durchgeführten
dezentralen Aktivitäten zu den sogenannten ¿Hess-Tagen¿ erkennen. Mögliche
kurzfristig geplante Aktivitäten, insbesondere Aufmärsche der
rechtsextremistischen Szene in Sachsen-Anhalt konnten so entweder von
vornherein verhindert oder durch frühzeitiges polizeiliches Einschreiten
unterbunden werden.
Anrede,
die
Landesregierung hat in Sachen Extremismus jeglicher Couleur nicht nur
Aktivitäten angekündigt, sie hat auch gehandelt!
Ich danke Ihnen
für Ihre Aufmerksamkeit.
Impressum:
Verantwortlich: Dr.
Matthias Schuppe
Pressestelle
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