Aktuelle Pressemitteilungen - Sachsen-Anhalt
Innenminister Jeziorsky warnt vor Erstarken
des politischen Extremismus?
30.08.2005, Magdeburg – 373
- Staatskanzlei und Ministerium für Kultur
Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 373/05
Staatskanzlei - Pressemitteilung
Nr.: 373/05
Magdeburg, den 30. August 2005
Innenminister Jeziorsky warnt vor Erstarken
des politischen Extremismus¿
Innenminister Klaus Jeziorsky hat heute über
die Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität in Sachsen-Anhalt
informiert. Gleichzeitig warnte der Minister vor dem Hintergrund der Ereignisse
zu den sogenannten ¿Hess-Tagen¿ und der geplanten Verteilung einer
¿Schulhof-CD¿ durch die NPD, vor einem Erstarken des politischen Extremismus¿.
Die vorliegenden statistischen Zahlen zeigen
für das erste Halbjahr 2005 einen deutlichen Anstieg bei den politisch
motivierten Straftaten von 348 Delikten im 1. Halbjahr 2004 auf 586 im 1.
Halbjahr 2005. Das bedeutet eine Steigerung um 68,4 Prozentpunkte.
Dieser Trend sei bereits bei der Bekanntgabe
der Polizeilichen Kriminalstatistik ¿ Staatsschutz für das Jahr 2004 im Februar
dieses Jahres erkennbar gewesen. Jeziorsky: ¿Als mögliche Ursache hatte ich auf
das Scheitern des Verbotsverfahrens gegen die NPD und die Wahlerfolge
rechtsextremer Parteien hingewiesen. Die Aktivitäten im rechten Bereich setzten
sich im 1. Halbjahr 2005 fort und führten nun auch zu einer Vielzahl von
Gegenreaktionen der linken Szene verbunden mit Straftaten im Rahmen von Veranstaltungen
und Demonstrationen sowie in deren Umfeld.¿ Der Schwerpunkt der politisch
motivierten Straftaten liege aber nach wie vor eindeutig, wie in den Vorjahren
auch, im rechten Bereich.
Bei der politisch motivierten Kriminalität
links sei im 1. Halbjahr 2005 ein Anstieg von 27 auf 102 Straftaten (+75
Delikte) zu verzeichnen gewesen. Die örtlichen Straftatenschwerpunkte würden
die Bereiche der Polizeidirektionen Dessau (54 Delikte) und Magdeburg (24
Delikte) bilden. Die überwiegende Anzahl von Straftaten habe man im Rahmen von
Veranstaltungen und Demonstrationen sowie bei Auseinandersetzungen zwischen
Personen der linken und rechten Szene registriert. Auffällig bei den Straftaten
durch Angehörige der linken Szene sei dabei besonders der überproportionale
Anstieg bei den Gewaltdelikten. Jeziorsky: ¿Wurden im 1. Halbjahr 2004 noch 7
Gewaltstraftaten verzeichnet, so sind es nun bereits 32. Deliktsschwerpunkte
bilden Körperverletzungen, Landfriedensbrüche und Widerstandsdelikte.¿
Auch bei der politisch motivierten
Kriminalität rechts sei, so Jeziorsky, eine Zunahme festzustellen. Mit 404
Straftaten wurden 138 Delikte (+ 52 %) mehr festgestellt.
Der Anstieg bei den Straftaten rechts sei im
Wesentlichen auf eine Steigerung bei den sogenannten Propagandadelikten um 122
Straftaten zurück zu führen. Der Anteil dieser Delikte an den rechten
Straftaten liegt nunmehr bei ca. 73 %, das heißt, nahezu drei Viertel der
Delikte im Phänomenbereich rechts sind Propagandadelikte. Dazu gehören u.a.
Hakenkreuzschmierereien oder das Zeigen des Hitlergrußes. Im 1. Halbjahr 2004
lag der Anteil dieser Straftaten noch bei ca. 65 %. Ursächlich für den Anstieg
war eine Zunahme insbesondere bei den Schmierereien mit verfassungsfeindlichen
Symbolen (138 Delikte). Zudem seien allein 88 Anzeigen im Zusammenhang mit dem
Tragen von Bekleidung mit dem verbotenen Logo ¿Thor Steinar¿ erstattet worden.
Ein Phänomen, das im 1. Halbjahr 2004 noch nicht vorhanden war.
Im ersten Halbjahr 2005 wurden 34
Gewaltdelikte durch Angehörige der rechten Szene begangen. Dies sind drei mehr
als im Vorjahreszeitraum. ¿In ca. 90 % der Fälle handelt es sich dabei um
Körperverletzungen. Das Entdeckungsrisiko für die Täter in diesem Deliktsbereich
ist bei einer Aufklärungsquote von über 80 % weiterhin sehr hoch¿, betont der
Innenminister.
Signifikante Anstiege der politisch
motivierten Kriminalität rechts seien besonders in den Polizeidirektionen
Dessau und Stendal zu verzeichnen. ¿Unabhängig vom jeweiligen tatsächlichen
Umfang der rechten Szene¿, so Klaus Jeziorsky, ¿sind die Steigerungen auch auf
intensivere polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Auftreten von
rechten Gruppierungen, wie die Bildung von Ermittlungsgruppen und eine
verstärkte Szeneaufklärung, zurück zu führen.¿
Die Anzahl rechter Straftaten mit
fremdenfeindlicher (48 Delikte) oder antisemitischer (29 Delikte) Motivation
haben sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht um 3 bzw. 5 Straftaten
erhöht. Bei den rechtsextremistischen und antisemitischen Straftaten, die an
Schulen oder auf dem Schulgelände festgestellt wurden, ist eine Zunahme um 15
Delikte auf 28 Straftaten, davon vier mit antisemitischer Motivation
(Vorjahreszeitraum: 3), zu registrieren. Es handelt sich hier zwar um den
Tatort Schule oder Schulgelände, diese Delikte müssen aber nicht zwangsläufig
in allen Fällen von Schülern begangen worden sein.
Der Anteil von
Jungtatverdächtigen (bis unter 21 Jahre) bei den politisch motivierten Straftaten
liegt bei über 60 Prozent. Jeziorsky: ¿Gerade dieser Personenkreis ist
besonders anfällig für rechtes Gedankengut, das häufig über die Musik
transportiert wird. Es hat daher seinen guten Grund, dass die Polizei einen
erheblichen Beitrag zur Prävention auf dem Gebiet des Extremismus leistet. Die
in Sachsen-Anhalt zu verzeichnende Entwicklung ist in den wesentlichen
Tendenzen auch bundesweit erkennbar.¿ So hat Brandenburg Steigerungen im Bereich
der politisch motivierten Straftaten, Bayern im Bereich der politisch
motivierten Gewaltdelikte zu verzeichnen.
Man werde gerade
auch angesichts der aktuellen Ereignisse nicht nachlassen, so Innenminister
Jeziorsky, auf diesem Gebiet weiter konsequent vorzugehen. Die
Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität jeglicher Art werde weiter
intensiviert, wie zum Beispiel durch:
·
die Erhöhung der polizeilichen
Präsenz an einschlägigen Szenetreffpunkten und erkannten
Kriminalitätsschwerpunkten einhergehend mit einer Aufklärung der Szenestrukturen;
·
die personenorientierte
Ermittlungsarbeit und die Bildung von Ermittlungsgruppen zur Aufklärung von
politisch motivierten Straftaten, wie erst kürzlich durch die Polizeidirektion
Halberstadt im Fall der Schmierereien in Tanne;
·
das konsequente
polizeiliche Vorgehen bei Bekanntwerden von möglichen Skinheadkonzerten und von
verbotenen Demonstrationen bzw. Ersatzveranstaltungen, wodurch diese frühzeitig
verhindert werden können.
¿Besonders
lobenswert war das konsequente Vorgehen unserer Polizei im Zusammenhang mit den
im gesamten Bundesgebiet durchgeführten dezentralen Aktivitäten zu den sogenannten
¿Hess-Tagen¿. Mögliche kurzfristig geplante Aktivitäten, insbesondere
Aufmärsche der rechtsextremistischen Szene in Sachsen-Anhalt konnten so bereits
vor dem Entstehen verhindert bzw. durch frühzeitiges polizeiliches Einschreiten
unterbunden werden¿, so Jeziorsky.
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