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Pressemitteilungen der Ministerien

Wir sagen NEIN zu Gewalt gegen Frauen und Kinder / Ministerpräsident Höppner und Frauenministerin Kuppe starten Info-Kampagne LICHTSCHRITT / Fotowettbewerb ausgelobt

12.07.2001, Magdeburg – 81

  • Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

 

 

 

Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales - Pressemitteilung Nr.: 081/01

 

Magdeburg, den 12. Juli 2001

 

 

Wir sagen NEIN zu Gewalt gegen Frauen und Kinder / Ministerpräsident Höppner und Frauenministerin Kuppe starten Info-Kampagne LICHTSCHRITT / Fotowettbewerb ausgelobt

Magdeburg. Sachsen-Anhalts Landesregierung setzt deutliche Zeichen gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder. Ministerpräsident Dr. Reinhard Höppner und Frauenministerin Dr. Gerlinde Kuppe (beide SPD) gaben am Donnerstag in Magdeburg das Startsignal für die neue öffentlichkeitskampagne LICHTSCHRITT. Mit der konzertierten Aktion soll das im Mai von Sachsen-Anhalt als erstem Bundesland verabschiedete Landesprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder stärker ins öffentliche Bewusstsein gelangen. Auf Plakaten und Postkarten positionieren sich Männer unmissverständlich und sagen "NEIN zu Gewalt gegen Frauen und Kinder". Frauenministerin Kuppe hat einen Fotowettbewerb ausgelobt.

Ministerpräsident Höppner sagte: "Die Landesregierung steht wie ein Mann und eine Frau hinter dem Programm. Zur Umsetzung brauchen wir aber Verbündete. Nicht Politik oder Staat allein, sondern jede und jeder einzelne müssen Position beziehen. Nur so wird es gelingen, das Thema häusliche Gewalt aus der Tabu-Zone heraus zu führen. Gewalt, egal wo sie passiert, ist und bleibt eine Straftat. Prügelnde Männer müssen von der Gesellschaft deutlich die rote Karte gezeigt bekommen."

Ministerin Kuppe betonte: "Mit dem neuen Gesamtkonzept nimmt Sachsen-Anhalt einen Paradigmenwechsel vor. Der Staat mit Polizei und Justiz tritt nicht als unparteiischer Schlichter auf, sondern stellt sich eindeutig auf die Seite der Opfer. Wir wollen Frauen ermutigen und ihnen aktiv helfen, den entscheidenden ersten Schritt zu gehen, um sich aus einer Gewaltbeziehung zu befreien. Gelingt dies, kann der weitere Weg Schritt für Schritt zum Licht führen. Dafür brauchen wir ein Klima, das sensibilisiert, aufrüttelt und Mut macht. Niemand darf weghören, wegschauen oder den Mund halten, wenn etwa in der Nachbarschaft oder im Bekanntenkreis Anzeichen für häusliche Gewalt auszumachen sind."

Die Landesbeauftragte für Gleichstellung und Frauenpolitik, Isolde Hofmann, erklärte: Damit sich eine neue Haltung von staatlichen Institutionen auch wirklich entwickelt, muss die Zusammenarbeit untereinander sowie insbesondere mit Frauenhäusern, Beratungsstellen und Initiativen verstärkt werden. Deshalb wird das Frauenministerium in Halle ein Interventionsprojekt etablieren, welches die Aufgabe hat, diese Zusammenarbeit systematisch aufzubauen.

Justizstaatssekretärin Mathilde Diederich erklärte: "Opfer häuslicher Gewalt müssen seitens der Justiz mit Fachkompetenz, Sensibilität und individuellen Hilfsmaßnahmen unterstützt werden. Darum haben wir bereits an zwei Staatsanwaltschaften Sonderdezernate eingerichtet, in denen vornehmlich Frauen mit spezieller Ausbildung tätig sind. Dieses Projekt sowie die Aus- und Fortbildung werden flächendeckend fortgesetzt. Darüber hinaus setzt sich Sachsen-Anhalt auf Bundesebene für die zügige Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes ein, um zivilrechtlich bessere Schutzmaßnahmen - wie z. B. eine gebotene Trennung von Opfer und Täter - zügig und rechtssicher zu erreichen.

Als Aussageträger für eine erste Plakatwelle konnten die Fußballer des Magdeburger Vereins MSV Börde, der Unternehmer Gerd Klinz aus Bernburg sowie ein junger Zimmermann gewonnen werden.

Zu ihren Motiven befragt, äußerten die Fußballer vom MSV Börde : "Wie im Sport gilt auch in der Familie Fair-Play. Viele von uns sind glücklich verheiratete Männer. Wir sagen NEIN zu Gewalt gegen Frauen und Kinder."

Der Zimmermann Matthias Böhlecke erklärte: "Gewalt in der Familie ist für mich absolutes Tabu. Wer Frauen und Kinder schlägt, zeigt keine Stärke, sondern erbärmliche Schwäche. Dieser Meinung bin nicht nur ich, sondern sind auch meine Kollegen auf dem Bau, die wie ich mit dem Vorurteil des harten Kerls zu kämpfen haben."

Geschäftsführer Gerd Klinz aus Bernburg meinte: "Als Geschäftsmann bin ich Tag für Tag maximal gefordert. Diesen Stress an meiner Umwelt oder gar meiner Familie auszulassen, ist für mich unvorstellbar. Deshalb bin ich dabei: Keine Gewalt gegen Frauen und Kinder."

Der Fotowettbewerb richtet sich in drei Kategorien an Hobbyfotografen, Schülerinnen und Schüler sowie Berufsfotografen aus Sachsen-Anhalt. Die Siegermotive in den Sparten werden mit je 1.000 Mark prämiert. Die zweiten und dritten Plätze werden mit 500 beziehungsweise 250 Mark bedacht. Zugleich sollen die aussagestärksten Fotos die Grundlage für eine weitere Plakat-Welle sowie eine Wanderausstellung bilden. Konkrete Wettbewerbskonditionen sind in der Pressestelle des Frauenministeriums abrufbar. Bis Ende Oktober können Fotos eingereicht werden. Eine Jury unter Beteiligung von Fachleuten vom Deutschen Journalistenverband DJV sowie sachsen-anhaltischer Tageszeitungen trifft die Auswahl.

Neben Plakaten, Postkarten und Aufklebern sowie dem Fotowettbewerb ist die Broschüre zum Landesprogramm ein wesentlicher Bestandteil von LICHTSCHRITT. Sie wurde in einer Startauflage von 1.000 Exemplaren herausgegeben. Kommunen, staatliche Institutionen sowie Initiativen, Verbände und Vereine können LICHTSCHRITT-Materialien im Ministerium abrufen.

Für die Konzeption von LICHTSCHRITT und als Partnerin bei der Umsetzung konnte die Magdeburger Agentur frische ideen gewonnen werden.

Das Landesprogramm mit seinen Eckpunkten

Das Landesprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder setzt unter anderem auf das neue zivilrechtliche Bundes-Gewaltschutzgesetz. Frauen bekommen damit voraussichtlich ab 2002 die Möglichkeit, ihren prügelnden Lebenspartner per Eilbeschluss des Familiengerichtes aus der gemeinsamen Wohnung zu weisen. Damit die Frau die Zeit bis zum Gerichtsbeschluss, der in der Regel erst nach einigen Tagen zu erwarten ist, angst- und gewaltfrei leben kann, will das Land zeitnah zum Bundesgesetz die polizeilichen Wegweisungsbefugnisse stärken. Gewalttätige Männer sollen noch an Ort und Stelle von der Polizei aus der Wohnung gewiesen und mit einem wirkungsvollen Rückkehrverbot belegt werden können. Zu Beginn der neuen Legislatur soll die Diskussion zur Präzisierung des Polizeigesetzes mit dem Ziel eines erweiterten Platzverweises aufgenommen und zügig zum Abschluss gebracht werden. Ein geändertes Landesgesetz hat auch das Ziel, der Polizei größtmögliche Rechts- und Handlungssicherheit zu geben.

Im Justizbereich wurde zu Beginn des Jahres bei der Staatsanwaltschaft Halle ein erstes Sonderdezernat "Häusliche Gewalt" gebildet. In den ersten drei Monaten wurden drei Anklagen auf den Weg gebracht. Seit Anfang Juni arbeitet auch in Stendal ein entsprechendes Sonderdezernat. Dort gab es bisher eine Anklage.

Um eine lückenlose Schutzkette im Interesse der Frauen und Kinder zu ermöglichen, setzt Sachsen-Anhalt auf neue Formen der Beratung und Betreuung der Opfer. Dazu werden Interventionsstellen etabliert, die unmittelbar nach dem Polizeieinsatz Kontakt mit den Frauen und Kindern aufnehmen und ihnen sozialpädagogische sowie rechtliche Beratung zur Einleitung weiterer Schritte anbieten. Dies ist unabdingbar, weil Frauen erfahrungsgemäß gerade nach einer langjährigen Gewaltbeziehung von sich aus nur selten in der Lage sind, aus eigenen Kräften das für sie Nötige zu veranlassen. Zugleich werden Frauenschutzhäuser noch stärker beratend tätig werden müssen.

Die Notwendigkeit von Frauenhäusern, die nach 1990 allein in Sachsen-Anhalt mehr als 6.000 Frauen und Kindern Schutz und Hilfe geboten haben, wird mit dem Programm nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird eine noch engere Kooperation von Schutzhäusern, Fraueninitiativen und -Vereinen sowie staatlichen Stellen etwa über den Landespräventionsrat sowie Gremien auf kommunaler Ebene für notwendig erachtet.

Als einen zentralen Ansatzpunkt zur Vorbeugung gegen Gewalt formuliert das Landesprogramm die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern. Insbesondere die Bildung und Erziehung in der Schule und die Angebote der Jugendarbeit sollen darauf noch deutlicher ausgerichtet werden. Ziel ist es, überholte Rollenklischees vom vermeintlich starken Mann, der allein bestimmt und auch schon einmal zuschlagen darf, auf der einen Seite und der untertänigst folgsamen Frau auf der anderen Seite aufzubrechen und zu tilgen.

Neben der Fortbildung und Kommunikationstrainings für Lehrkräfte sowie eine stärkere Sensibilisierung der Jugendarbeit für die Gewaltproblematik schließt der Maßnahmenkatalog auch Konfliktbewältigungstrainings und Selbstbehauptungskurse für Schülerinnen und Schüler ein. Zu Gewalt neigenden Männern wird beispielsweise über die Beratungsstelle "pro Mann" in Magdeburg ein Hilfs- und Betreuungsangebot unterbreitet.

Zum Hintergrund:

Die Kriminalstatistik belegt: Die meisten Gewalt- und Tötungsdelikte gegen Frauen werden von ihnen bekannten Männern ausgeübt. Etwa 70 bis 75 Prozent der weiblichen Mord- und Totschlagsopfer wurden von einer mit ihnen verwandten oder näher bekannten männlichen Person getötet. Im Vergleich dazu kannten männliche Opfer etwa zu einem Drittel ihre Täterin oder ihren Täter. Im Bereich der Körperverletzung sind mehr als die Hälfte der weiblichen Opfer (57 Prozent) mit dem Täter verwandt oder bekannt. Männliche Opfer kennen in diesem Bereich zu etwa einem Viertel ihre Peiniger persönlich.

Die Landesstatistik Sachsen-Anhalt weist für das Jahr 2000 aus: Es gab 6.018 Anzeigen wegen Körperverletzung an Frauen und Mädchen. In 2.725 Fällen wurde gegen Tatverdächtige ermittelt, die mit den Opfern bekannt oder verwandt waren. Es gab 193 Anzeigen wegen Vergewaltigung und besonders schwerer sexueller Nötigung. In 104 Fällen wurde gegen verwandte oder dem Opfer persönlich bekannte Tatverdächtige ermittelt.

 

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