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Pressemitteilungen der Ministerien

Rote Karte für prügelnde Ehemänner / Sachsen-Anhalt legt als erstes Bundesland Programm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder auf

11.05.2001, Magdeburg – 54

  • Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

 

 

 

Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales - Pressemitteilung Nr.: 054/01

 

Magdeburg, den 11. Mai 2001

 

 

Rote Karte für prügelnde Ehemänner / Sachsen-Anhalt legt als erstes Bundesland Programm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder auf

Magdeburg. Sachsen-Anhalt zeigt prügelnden Ehemännern die rote Karte. Frauenministerin Dr. Gerlinde Kuppe (SPD) und die Landesbeauftragte für Gleichstellung und Frauenpolitik, Isolde Hofmann, legten dazu am Freitag in Magdeburg ein vom Kabinett verabschiedetes Landesprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder vor.

Sachsen-Anhalt ist damit das erste Bundesland, das in Anknüpfung an den Bundesaktionsplan ein eigenes Gesamtkonzept gegen häusliche Gewalt entwickelt hat. Ein zentraler Punkt ist die Stärkung staatlicher Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Gewalttäter. Zudem geht es darum, das gesellschaftliche Bewusstein dafür zu schärfen, dass Konflikte in allen Bereichen und damit auch in der zwischenmenschlichen Beziehung nur gewaltfrei zu lösen sind.

Frauenministerin Kuppe sagte vor der Presse in Magdeburg: "Schläge und Misshandlungen in der Partnerschaft und Familie sind keine Privatsache sondern eine Straftat. Mit dem neuen Programm nehmen wir einen Paradigmenwechsel vor. Der Staat mit Polizei und Justiz tritt nicht als unparteiischer Schlichter auf, sondern bezieht eindeutig Position zugunsten der Opfer. Der Täter wird konsequenter als bislang sofort in die Schranken verwiesen. Damit leisten wir eine aktive Hilfestellung für Frauen und Kinder, um sich aus der Gewaltbeziehung zu lösen."

Gleichstellungsbeauftragte Hofmann erklärte: "Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, in dem Gewalt gegen Frauen und Kinder kompromisslos geächtet wird. Dazu gehört neben dem konsequenten Vorgehen von Polizei und Justiz auch, dass die Nachbarschaft nicht wegschaut, Arbeitskolleginnen und ¿kollegen nicht weghören sowie Bekannte nicht schweigen, wenn es darum geht Anzeichen und Vorboten von Gewalt zu erkennen und somit Gewalt bereits im Keim zu ersticken."

 

Das Landesprogramm mit seinen Eckpunkten

Es setzt unter anderem auf das neue zivilrechtliche Bundes-Gewaltschutzgesetz. Frauen bekommen damit voraussichtlich ab 2002 die Möglichkeit, ihren prügelnden Lebenspartner per Eilbeschluss des Familiengerichtes aus der gemeinsamen Wohnung zu weisen. Damit die Frau die Zeit bis zum Gerichtsbeschluss, der in der Regel erst nach einigen Tagen zu erwarten ist, angst- und gewaltfrei leben kann, will das Land zeitnah zum Bundesgesetz die polizeilichen Wegweisungsbefugnisse stärken. Gewalttätige Männer sollen noch an Ort und Stelle von der Polizei aus der Wohnung gewiesen und mit einem wirkungsvollen Rückkehrverbot belegt werden können. Gleich zu Beginn der neuen Legislatur soll dazu die Diskussion zur Präzisierung des Polizeigesetzes mit dem Ziel eines erweiterten Platzverweises aufgenommen und zügig zum Abschluss gebracht werden. Ein geändertes Landesgesetz hat auch das Ziel, der Polizei größtmögliche Rechts- und Handlungssicherheit zu geben.

Um eine lückenlose staatliche Schutzkette im Interesse der Frauen und Kinder zu ermöglichen, setzt Sachsen-Anhalt neben dem Bundesgesetz und der Polizeigesetzänderung drittens auf neue Formen der Beratung und Betreuung der Opfer. Ministerin Kuppe will Interventionsstellen etablieren, die unmittelbar nach dem Polizeieinsatz Kontakt mit den Frauen und Kindern aufnehmen und ihnen sozialpädagogische sowie rechtliche Beratung zur Einleitung weiterer Schritte anbieten. Dies ist unabdingbar, weil Frauen erfahrungsgemäß gerade nach einer langjährigen Gewaltbeziehung von sich aus nur selten in der Lage sind, aus eigenen Kräften das für sie Nötige zu veranlassen.

Zugleich werden Frauenschutzhäuser noch stärker beratend tätig werden müssen. Die Notwendigkeit von Frauenhäusern, die nach 1990 allein in Sachsen-Anhalt mehr als 6.000 Frauen und Kindern Schutz und Hilfe geboten haben, wird mit dem Programm nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird eine noch engere Kooperation von Schutzhäusern, Fraueninitiativen und -Vereinen sowie staatlichen Stellen etwa über den Landespräventionsrat sowie Gremien auf kommunaler Ebene für notwendig erachtet.

Als einen zentralen Ansatzpunkt zur Vorbeugung gegen Gewalt formuliert das Landesprogramm die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern. Insbesondere die Bildung und Erziehung in der Schule und die Angebote der Jugendarbeit sollen darauf noch deutlicher ausgerichtet werden. Ziel ist es, überholte Rollenklischees vom vermeintlich starken Mann, der allein bestimmt und auch schon einmal zuschlagen darf, auf der einen Seite und der untertänigst folgsamen Frau auf der anderen Seite aufzubrechen und zu tilgen. Neben der Fortbildung und Kommunikationstrainings für Lehrkräfte sowie eine stärkere Sensibilisierung der Jugendarbeit für die Gewaltproblematik schließt der Maßnahmenkatalog auch Konfliktbewältigungstrainings und Selbstbehauptungskurse für Schülerinnen und Schüler ein. Zu Gewalt neigenden Männern wird beispielsweise über die Beratungsstelle "pro Mann" in Magdeburg ein Hilfs- und Betreuungsangebot unterbreitet.

Zum Hintergrund:

Die Kriminalstatistik belegt: Die meisten Gewalt- und Tötungsdelikte gegen Frauen werden von ihnen bekannten Männern ausgeübt. Etwa 70 bis 75 Prozent der weiblichen Mord- und Totschlagsopfer wurden von einer mit ihnen verwandten oder näher bekannten männlichen Person getötet. Im Vergleich dazu kannten männliche Opfer etwa zu einem Drittel ihre Täterin oder ihren Täter. Im Bereich der Körperverletzung sind mehr als die Hälfte der weiblichen Opfer (57 Prozent) mit dem Täter verwandt oder bekannt. Männliche Opfer kennen in diesem Bereich zu etwa einem Viertel ihre Peiniger persönlich.

Die Landesstatistik Sachsen-Anhalt weist für das Jahr 2000 aus: Es gab 6.018 Anzeigen wegen Körperverletzung an Frauen und Mädchen. In 2.725 Fällen wurde gegen Tatverdächtige ermittelt, die mit den Opfern bekannt oder verwandt waren. Es gab 193 Anzeigen wegen Vergewaltigung und besonders schwerer sexueller Nötigung. In 104 Fällen wurde gegen verwandte oder dem Opfer persönlich bekannte Tatverdächtige ermittelt.

 

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