Pressemitteilungen der Ministerien
Rede des Innenministers Dr. Manfred Püchel bei der Einführung des Leitbilds der Polizei am 14.08.2000 in der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben
14.08.2000, Magdeburg – 95
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 095/00
Magdeburg, den 14. August 2000
Rede des Innenministers Dr. Manfred Püchel bei der Einführung des Leitbilds der Polizei am 14.08.2000 in der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben
Mit dem Schlagwort "Modernisierung der Verwaltung" verbindet jeder von uns ganz bestimmte Vorstellungen und Erwartungen. Im Prinzip geht es darum, die öffentliche Verwaltung in Sachsen-Anhalt bürgerfreundlicher, moderner, kostengünstiger und effektiver zu gestalten. Oder, mit einem Wort gesagt: Unsere Verwaltung soll noch besser werden.
Auch die Landespolizei stellt sich dieser Herausforderung. Hier wurde frühzeitig die Notwendigkeit einer Modernisierung erkannt und aufgegriffen. Seitdem sind wichtige Projekte auf den Weg gebracht und umgesetzt worden. Sowohl die Polizeistrukturreform als auch "KEEP", das Konzept zur Stärkung der Eigenverantwortung und Effizienz der Polizei wirken sich positiv aus. Die gesamte Aus- und Fortbildung wurde neu strukturiert. Landesweit wird derzeit ein neues polizeiliches Informationssystem aufgebaut. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen.
In zunehmenden Maße sind Begriffe wie Budgetierung, Controlling, Kosten-/Leistungsrechnung oder Produktkatalog für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Fremdwörter mehr. Sie finden Eingang in den Sprachgebrauch unserer Polizei. Sie haben jedoch nicht nur im sprachlichen Sinne Eingang gefunden. Sie werden immer mehr zum Alltagsgeschäft. Wer hätte z.B. noch vor vier Jahren daran gedacht, dass wir einmal über Kosten-Leistungs-Rechnung bei der Polizei diskutieren würden.
Anrede,
der am häufigsten gebrauchte Begriff im Innenministerium ist seit dem Herbst letzten Jahres das Wort Leitbild. Wir haben Leitbilder für die Kommunalreform, für die Verwaltungsreform sowie für die IT-Technik entwickelt. Nur die Polizei fehlte noch. Dies holen Sie nun nach, indem Sie heute als einen wesentlichen Baustein der neuen Steuerungsmodelle das Leitbild für die Polizei, also Ihr Leitbild, vorstellen. Ich betone Ihr Leitbild. Denn dieses Leitbild ist innerhalb der Polizei entstanden und nicht unter der Regie des Innenministeriums.
Leitbilder sind scheinbar in Mode gekommen. Sie sind jedoch viel älter als man denkt. An das erste große Leitbild halten sich theoretisch seit Jahrtausenden viele Menschen. Ich meine damit die zehn Gebote.
Ich möchte nun Ihr Leitbild zwar nicht auf eine Stufe mit den zehn Geboten stellen. Gerade als Christ kann ich mir dies nicht erlauben. Gewisse Analogien lassen sich jedoch erkennen. Ihr Leitbild soll Grundlage polizeilichen Handelns werden. Es ist kurz und prägnant und geht mit seiner Zielstellung weit über das Tagesgeschehen hinaus. Die von Ihnen selbst formulierten Grundsätze sollen der allgemeinen Orientierung dienen.
Das Leitbild der Polizei soll seine Wirkung in zwei Richtungen entfalten, nämlich nach innen, also innerhalb der Organisation, sowie nach außen, also gegenüber der öffentlichkeit.
Nach innen gerichtet hat es vor allem eine Orientierungsfunktion für Gegenwart und Zukunft. Es macht deutlich,
in welche Richtung sich die Polizei entwickeln will,
welches Selbstverständnis sie kennzeichnet,
worin sie ihre Ziele und Aufgaben sieht,
wie sie diese erfüllen will,
welche Erwartungen an das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der Polizei gerichtet werden und
wie der Umgang miteinander gestaltet werden soll.
Durch das Versammeln hinter den formulierten Idealvorstellungen soll unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Gemeinschaftsgefühl - ein Wir-Gefühl - erzeugt werden, das Identität mit dem Beruf und mit der eigenen Organisationseinheit stiftet. Gleichzeitig soll es aber auch motivierend wirken. Das Leitbild kann somit die Berufs- und Arbeitszufriedenheit steigern und die innere Stabilität erhöhen.
Leitbilder besitzen darüber hinaus einen sehr engen Leistungsbezug. Leistung wird als Ergebnis und als Weg zur Zielerreichung verstanden. Neue Leistungsakzente werden formuliert und traditionelle, mitunter auch verschüttete oder als selbstverständlich übersehene, werden wiederbelebt und bewusst gemacht.
Dadurch, dass für das Binnenklima so bedeutsame Werte, wie Verantwortlichkeit, Selbständigkeit, Fairness, Offenheit, kooperativer und vertrauensvoller Umgang miteinander oder Erfolgsorientiertheit in den Mittelpunkt gerückt werden, wird der Bezug zum Kollegen und Mitarbeiter deutlich. Wird die Chance für eine Fortentwicklung der inneren Organisation sichtbar.
Anrede,
nach außen stellt das Leitbild eine wichtige Kundeninformation dar. Die Kunden, also unsere Bürgerinnen und Bürger, erhalten Einblick in die strategische Grundausrichtung ihrer Polizei. Das Selbstverständnis, die Philosophie, die Sollvorstellungen werden offengelegt. Der konstruktive Dialog mit dem Bürger erhält damit eine solide Basis.
Das Leitbild trägt auf diese Weise zu größerer Transparenz und Bürgernähe bei. Es ist Ausdruck der Bürgerorientierung. Das Verhalten einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lässt sich so durch den Bürger besser beurteilen und mit den postulierten Verhaltensregeln vergleichen. Dadurch existiert eine Richtschnur, sowohl für die Polizei als auch für die Bürger.
Die Polizei hat in Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols ganz spezifische Aufgaben zu bewältigen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter absolvieren eine anspruchsvolle Ausbildung und müssen ein besonderes Anforderungsprofil aufweisen. Damit verbunden ist auch ein spezielles Berufethos in der Polizei. Dies alles führt nahezu zwangsläufig zu der Notwendigkeit eigener Leitlinien und Leitbilder für die Polizei.
Anrede
am 04. Mai 1998 hat daher die Lenkungsgruppe KEEP beschlossen, eine Arbeitsgruppe "Leitbild" - die sogenannte AG 6 - zu bilden. Es wurde schon früh erkannt, dass die Umsetzung des Projekts KEEP und die Leitbilderstellung unmittelbar zusammen gehören.
Mit dieser weitsichtigen und weitreichenden Entscheidung wurde innerhalb unserer Polizei ein Prozess in Gang gesetzt, für den sich weder seinem Inhalt, noch seiner Dimension nach vergleichbare Vorgänger in der Geschichte unserer Landespolizei finden.
Ziel war es, ein Leitbild der Polizei zu entwickeln, das den beschriebenen Qualitätsanforderungen entspricht und das die angestrebten Wirkungen erwarten lässt.
Die Erarbeitung von einzelnen Leitthesen, Leitsätzen und Leitgedanken wurde in der Folge in ca. 600 Workshops vorgenommen. An ihnen nahmen mehr als 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teil, auf freiwilliger Basis natürlich. Während in anderen Bundesländern an vergleichbaren Prozessen zur Leitbilderstellung weniger als 10% der Bediensteten beteiligt waren, konnten wir in Sachsen-Anhalt eine Beteiligung von ca. 60% erreichen. Wir können daher berechtigterweise von einer großen Breitenwirkung sprechen.
Ich möchte an dieser Stelle allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Workshops danken. Mein Dank gilt auch allen, die sich außerhalb der Workshops an der Diskussion über das Leitbild beteiligt haben, sowie allen Moderatoren, Koordinatoren sowie den Mitgliedern der Arbeitsgruppe 6. Sie haben sehr engagiert diskutiert, Ideen eingebracht und eine wirklich wertvolle Arbeit geleistet.
Bislang wurde nur intern über das Leitbild diskutiert. Mit dem heutigen Tage und mit dieser Veranstaltung treten Sie, treten wir, nunmehr damit auch an die öffentlichkeit. Die eigentliche öffentlichkeitswirksamkeit wird jedoch nicht durch die Vorstellung in der öffentlichkeit, sondern durch das Sich-Messen-Lassen im täglichen Dienst erreicht.
Die Bürgerinnen und Bürger werden zu befinden haben, ob sich unsere Polizei tatsächlich mehr und mehr zu einem modernen, effizienten und kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen entwickelt.
Intern werden wir permanent zu prüfen und zu hinterfragen haben, ob und inwieweit Sie den selbstgegebenen Verpflichtungen entsprechen und in Ihrem Verhalten den Ideen und Grundgedanken des Leitbildes gerecht werden.
Wir müssen uns stets der Tatsache bewusst sein, dass es keine Dienstposteninhaber, keine Organisationseinheiten oder Institutionen gibt, die für die Umsetzung des Leitbildes zuständig sind. Wie in der Präambel beschrieben, geben Sie sich selbst ein verpflichtendes Wertesystem. Dieses Wertesystem stellt Maßstab und Richtschnur für Ihr gegenwärtiges und künftiges Handeln und Verhalten dar.
Die nun anstehende Umsetzung bzw. Implementierung des Leitbildes muss deshalb von den folgenden Zielen getragen werden:
1. Die Leitbildgedanken müssen Eingang in alle Führungs- und Entscheidungsprozesse finden.
2. Sie müssen erlebt und gelebt werden.
3. Sie müssen zum Gradmesser für unser gesamtes Handeln und Verhalten werden.
Nutzen Sie dazu solche bewährten Führungsinstrumente und Beteiligungsformen wie das Zielvereinbarungssystem, die Mitarbeiter- und Beurteilungsgespräche, Dienstbesprechungen, die Beschwerdeauswertung und Rücklaufanalysen.
Machen Sie das Leitbild in allen Formen der öffentlichkeitsarbeit, in der Berufsinformation sowie in der gesamten Aus- und Fortbildung deutlich. Setzen Sie sich mit Ihren Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zu allen Fragen des Leitbildes permanent auseinander. Diese bewusste Allgegenwärtigkeit ist die Grundlage für seine Verinnerlichung. Die Verinnerlichung wiederum führt zu den letztlich angestrebten und notwendigen Verhaltensänderungen.
Anrede,
ich wünsche Ihnen und uns allen für den weiteren Prozess der Reformierung des öffentlichen Dienstes zum Wohle und im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger viel Erfolg. Nicht umsonst lautet der erste Grundsatz des Leitbildes: Im Mittelpunkt unserer Arbeit, die durch Recht und Gesetz bestimmt wird, steht der Mensch. Erhalten Sie sich in diesem Sinne Ihre hohe und stabile Motivation und bleiben Sie "am Ball". Es Lohnt sich, für Sie und für uns alle!
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