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Pressemitteilungen der Ministerien

Vermehrtes Heizen mit Kohle und Holz in der Energiekrise

Willingmann warnt vor zunehmender Luftverschmutzung in Sachsen-Anhalt

10.11.2022, Magdeburg – 88/022

  • Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt

Zunächst die gute Nachricht: Die Luftqualität in Sachsen-Anhalt hat sich im vergangenen Jahr weiter verbessert. Das geht aus dem aktuellen Immissionsschutzbericht des Landesamtes für Umweltschutz (LAU) hervor, den Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann und LAU-Präsidentin Dr. Sandra Hagel am Donnerstag in Magdeburg vorgestellt haben. Danach wurden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub an allen Mess-Stationen im Land erneut sicher eingehalten.

Die positive Entwicklung ist jedoch kein Selbstläufer. Umweltminister Willingmann warnt aufgrund der Energiekrise vor einer Zunahme der Schadstoffbelastungen: „Wenn mehr Menschen aufgrund hoher Preise für Erdgas wieder verstärkt mit Kohle und Holz heizen, führt dies zumindest vorübergehend zu einer höheren Schadstoffbelastung.“ Vor allem in Ballungsräumen und Tallagen könnte sich die Luftqualität während der Heizperiode verschlechtern.

Heizen mit Festbrennstoffen wie Kohlebriketts, Holz und Holzpellets ist in Sachsen-Anhalt weit verbreitet: 2021 waren im Land gut 290.000 Einzelraumfeuerungen, zu denen Kamine, Öfen und Pelletheizungen zählen, registriert. Viele davon entsprechen jedoch nicht dem Stand der Technik: So verfügen alte Feuerungen meist noch nicht über eine Abgasreinigungsanlage und stoßen daher bei Gebrauch mehr Feinstaub und Ruß aus als moderne Anlagen. Aus diesem Grund muss mehr als ein Viertel der Anlagen (80.775) bis Ende 2024 entweder nachgerüstet oder außer Betrieb genommen werden. Das sieht die Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vor.

Willingmann appelliert deshalb an die Besitzer von Altanlagen, die Umrüstung nicht hinauszuzögern: „Jeder, der mit seinem alten Ofen oder Kamin in den kommenden Jahren weiter heizen möchte, sollte die ohnehin notwendige Nachrüstung nicht hinauszögern. Jede modernisierte Anlage trägt dazu bei, die Schadstoffbelastung der Luft und entsprechende Gesundheitsrisiken zu reduzieren. Wer mit Holz oder Kohle heizt, sollte zudem auf geeigneten und gut getrockneten Brennstoff achten.“

Aufgrund der hohen Preise insbesondere für Erdgas ist das Heizen mit Festbrennstoffen zuletzt finanziell wieder attraktiver geworden. Während die Kilowattstunde (kWh) Erdgas im Oktober 2022 durchschnittlich etwa 25 Cent kostete, lagen die Kosten für das Heizen mit Holzpellets (17,5 Cent pro kWh), mit Braunkohlebriketts (7 Cent pro kWh) und mit Scheitholz (9 Cent pro kWh) oftmals deutlich niedriger.

Damit Kamine und Öfen dauerhaft in Betrieb bleiben können, müssen sie die Grenzwerte für Staub von 0,15 Gramm je Kubikmeter und für Kohlenstoffmonoxid von 4 Gramm je Kubikmeter einhalten. Bestehende Anlagen, die diesen Nachweis erbringen, können zeitlich unbegrenzt weiterbetrieben werden. Kann der Betreiber diesen Nachweis nicht erbringen, gelten Übergangsfristen, die je nach Datum der Typprüfung zwischen 2015 und Ende 2024 ausgelaufen sind bzw. noch auslaufen. Die Kosten für eine entsprechende Nachrüstung können je nach Anlage schwanken. Ein Einbaukatalysator kostet um die 500 Euro, ein elektrostatischer Abscheider 2.000 bis 3.000 Euro. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert immerhin Pellet-Kaminöfen und die nachträgliche Installation von Partikelfiltern. Festbrennstoffkessel mit integriertem oder optionalem Abgasreinigungssystem werden vom ebenfalls BAFA unterstützt.

EU plant Verschärfung der Grenzwerte für Luftschadstoffe

Luftreinhaltung wird in Sachsen-Anhalt auch über die Energiekrise hinaus weiter mit Herausforderungen verbunden bleiben, kündigte Willingmann im Hinblick auf die von der EU geplante Verschärfung der Grenzwerte für Luftschadstoffe an. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht unter anderem vor, den Jahresgrenzwert für Feinstaub mit einer Partikelgröße von 2,5 Mikrometer (µm) von jetzt 25 auf künftig 10 Mikrogramm je Kubikmeter (µg/m³) herabzusetzen. Dazu erklärte LAU-Präsidentin Hagel: „Die EU-Kommission hat sich bei der Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie an den WHO-Richtwerten orientiert und Ende Oktober Vorschläge für strengere Schadstoffgrenzwerte in der Luft vorgelegt. Würden diese neuen Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid bereits heute gelten, hätten wir im Immissionsschutzbericht Überschreitungen in Magdeburg, Halle, Wittenberg und Halberstadt dokumentieren müssen.“ Es wird allerdings noch eine Weile dauern, bis die neuen EU-Vorgaben in Kraft treten. Die Vorschläge der EU-Kommission werden zunächst vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beraten.

Luftüberwachung seit 1991

Das Landesamt für Umweltschutz untersucht seit 1991 die Luftqualität in Sachsen-Anhalt. Die Basis hierfür bildet das Luftüberwachungs- und Informationssystem (LÜSA). Das Luftmessnetz umfasst derzeit 25 Mess-Stationen sowie die Messnetzzentrale in Magdeburg. Gemessen wird rund um die Uhr an repräsentativen Punkten, beispielsweise an hoch belasteten Verkehrsschwerpunkten, im städtischen Wohnbereich und auch im ländlichen Raum. Zu den kritischen Luftschadstoffen zählen Feinstaub (Partikel PM10), Stickstoffdioxid und Ozon. Feinstaub kann je nach Partikelgröße Atemwegserkrankungen auslösen. Stickstoffdioxid ist ein ätzendes Reizgas, das Schleimhautgewebe im Atemtrakt schädigen und Augen reizen kann. Ozon ist ein farbloses und giftiges Gas, das zu Atemwegsbeschwerden, verminderter Lungenfunktion und entzündlichen Reaktionen in den Atemwegen führen kann und darüber hinaus im Verdacht steht, beim Menschen Krebs auszulösen.

 

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