Menu
menu

Pressemitteilungen der Ministerien

Finanzminister Karl-Heinz Paqué bringt Gesetzesentwürfe zum Staatsvertrag über die Norddeutsche Landesbank (NORD/LB) und zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Sparkassengesetzes in den Landtag ein

20.06.2002, Magdeburg – 26

  • Ministerium der Finanzen

 

 

 

Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 026/02

 

Magdeburg, den 20. Juni 2002

 

 

Finanzminister Karl-Heinz Paqué bringt Gesetzesentwürfe zum Staatsvertrag über die Norddeutsche Landesbank (NORD/LB) und zum Zweiten Gesetz zur änderung des Sparkassengesetzes in den Landtag ein

 

Finanzminister Karl-Heinz Paqué hat dem Landtag von Sachsen-Anhalt heute den Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die Norddeutsche Landesbank ¿ Girozentrale (NORD/LB) sowie den Entwurf des Zweiten Gesetzes zur änderung des Sparkassengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Beschlussfassung vorgelegt.

Nachfolgend der Redetext von Minister Paqué:

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

es liegen Ihnen unter TOP 4 zwei Gesetzesentwürfe zur parlamentarischen Beratung vor:

 

 

der Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die Norddeutsche Landesbank ¿ Girozentrale, und

der Entwurf eines Gesetzes zur änderung des Sparkassengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt.

 

Die beiden Entwürfe stehen in engen sachlichen Zusammenhang. Ich werde sie deshalb in einem Redebeitrag begründen.

Ich beginne mit dem Gesetz zu dem Staatsvertrag.

Der konkrete Anlass für die Erneuerung des Staatsvertrages über die Norddeutsche Landesbank ¿ Girozentrale (NORD/LB) ist die Entscheidung der Europäischen Kommission über sog. zweckdienliche Maßnahmen vom 27. März 2002. Mit dieser Entscheidung entfällt die Gewährträgerhaftung. Und mit dieser Entscheidung wird die Anstaltslast weitgehend modifiziert. Der Entscheidung gingen seinerzeit schwierige Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der deutschen Seite voraus. Die Entscheidung betrifft alle öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland.

Mit dem Staatsvertrag werden die Vorgaben aus dieser Entscheidung im gesetzlichen Regelwerk der NORD/LB umgesetzt. Darüber hinaus haben die Gewährträger bei dieser Gelegenheit beschlossen, die Rechtsgrundlagen der Tätigkeit der NORD/LB in einem konsolidierten Text zusammen zu fassen. Es geht dabei um

 

 

das NORD/LB-Gesetz aus dem Jahre 1970 sowie

den Staatsvertrag mit Niedersachsen aus dem Jahre 1991 bzw. mit Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern aus den Jahren 1992 und 1997.

 

Die Gründe für die Entscheidung sind wettbewerbspolitischer Art. Zentrale Grundlage der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute waren bislang

 

 

die Sicherung der Einlagen durch die Gewährträgerhaftung und

die Sicherung der Funktionsfähigkeit durch die Anstaltslast.

 

Dieses Haftungssystem betrachtet die Europäische Kommission als eine Beihilfe, die mit dem EG-Vertrag nicht vereinbar ist. Mit der Verständigung vom 17. Juli 2001 bzw. 28. Februar 2002 ist deshalb mit EU-Kommissar Monti ein Kompromiss erzielt worden. Im Wesentlichen wurde folgendes vereinbart:

 

 

Die Gewährträgerhaftung wird abgeschafft.

Die Anstaltslast wird durch eine "marktwirtschaftliche Eigentümerbeziehung" ersetzt. Jegliche Verpflichtung und jeglicher Automatismus zur wirtschaftlichen Unterstützung des Instituts durch seinen Träger werden ausgeschlossen.

 

Des weiteren ist eine übergangszeit mit differenzierenden Folgeregelungen vorgesehen.

Auf der Grundlage dieser Verständigung hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband in Zusammenarbeit mit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Sparkassenreferenten verbindliche Vorschläge für eine bundeseinheitliche Anpassung der Ländergesetze über Sparkassen und Landesbanken mit der EU-Kommission abgestimmt. Alle notwendigen rechtlichen Maßnahmen müssen dabei spätestens zum 31. Dezember 2002 endgültig abgeschlossen sein. Die Vorschriften der Landeshaushaltsordnung werden durch den neuen Staatsvertrag nicht berührt. Zusätzliche Kosten auf Seiten des Landes entstehen unmittelbar nicht. Durch den Wegfall der Gewährträgerhaftung wird das Land Sachsen-Anhalt von Haftungsverpflichtungen gegenüber den NORD/LB-Gläubigern sukzessive ab 2005 befreit.

Allerdings stehen die Landesbanken damit ¿ stärker als bisher ¿ im offenen nationalen und internationalen Wettbewerb der Kreditinstitute. Mit dem Wegfall von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast werden die letzten künstlichen Wettbewerbsvorteile beseitigt, die den Landesbanken gegenüber Privatbanken zur Verfügung standen. Mit anderen Worten: Auch die Nord/LB wird in der Zukunft allein durch eine kluge Geschäftspolitik ihre Marktposition im globalen Wettbewerb sichern können. Dies ist im Grundsatz zu begrüßen, bedeutet aber, dass die wirtschaftliche Situation der Bank zumindest in einer längeren übergangsphase der Anpassung an die Marktverhältnisse schwieriger wird. Der Wegfall von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast kann sehr wohl bedeuten, dass die Rating-Agenturen kritischere Blicke auf die Bank werfen.

Dies kann auch heißen: höhere Kosten der Refinanzierung, und ggf. ein zusätzlicher Bedarf an Kapital, der am privaten Markt oder durch die öffentlichen Träger gedeckt werden kann. Die Höhe des zusätzlichen Bedarfs lässt sich dabei heute natürlich noch nicht beziffern, denn er unterliegt den Unwägbarkeiten der Entwicklung in den Kreditmärkten. Und es lässt sich noch nicht einschätzen, inwieweit auch eine geschäftspolitische Neuausrichtung der Bank erforderlich sein wird.

All dies sind normale Begleiterscheinungen des Wettbewerbs, und sie sind zu begrüßen, denn sie steigern die Effizienz. Sie stellen aber auch höhere Anforderungen an die Gremien der Bank, die ihre Ertragspotentiale ¿ stärker noch als in der Vergangenheit ¿ wird ausschöpfen müssen. Es lastet deshalb auch auf den Trägern eine große ¿ und zunehmende ¿ Verantwortung. Und es stellen sich in der Zukunft neue Fragen, ob und in welcher Form eine Bank dieser Art bisherige Funktionen der Mittelstandsförderung weiterführen kann und soll.

Wir stehen also mit dem Staatsvertrag erst an dem Beginn eines Weges, der noch große strukturelle Veränderung in der öffentlich-rechtlichen Bankenlandschaft bringen wird. Allerdings ist der Beginn des Weges relativ klar vorgezeichnet: Wer sich für wettbewerbliche Verhältnisse im Gemeinsamen Markt der Europäischen Union einsetzt und wer damit das Ziel der Europäischen Integration verfolgt, der muss letztlich diesen Weg einschlagen. Wir wollen die europäische Integration und wir wollen diesen Weg, und deshalb legen wir Ihnen diesen Staatsvertrag zur parlamentarischen Beratung vor. Wir sind uns darin übrigens mit den betroffenen Sparkassenverbänden einig, insbesondere mit dem Sparkassenbeteiligungsverband Sachsen-Anhalt. Die Sparkassenverbände haben dem Staatsvertrag in der Sitzung der Gewährträgerspitzen am 10. Mai 2002 zugestimmt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich komme nun zur zweiten Gesetzesvorlage, dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur änderung des Sparkassengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Mit diesem Gesetz sollen die Vorgaben aus der Entscheidung der Europäischen Kommission über zweckdienliche Maßnahmen am 27. März 2002 zur Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Sparkassengesetz Sachsen-Anhalts umgesetzt werden.

Die änderungen bei den Haftungsgrundlagen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, die auch die Sparkassen betreffen, habe ich in den letzten Minuten im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag über die Norddeutsche Landesbank erläutert. Es geht auch hier wieder um die Abschaffung der Gewährträgerhaftung und die Modifizierung der Anstaltslast, und ich erspare Ihnen an dieser Stelle unnütze Wiederholungen. Was die EU-rechtlich notwendigen Anpassungen des Sparkassengesetzes betrifft, so besteht bei allen direkt Beteiligten Einvernehmen.

Genau so wie die Landesbanken, so werden auch die Sparkassen in ein stärker wettbewerblich geprägtes Umfeld der Kreditwirtschaft entlassen, und das ist gut so. Auch die Sparkassen stehen wegen dieser änderungen ebenfalls vor einer nachhaltigen Neuorientierung ihrer rechtlichen Grundlagen. Und auch auf den Gremien der Sparkassen wird in der Zukunft eine noch größere betriebswirtschaftliche Verantwortung lasten, als dies in der Vergangenheit schon der Fall war. Deshalb muss den Sparkassen auch möglichst viel unternehmerischer Freiraum gelassen werden, damit sie sich diesen neuen Herausforderungen bestmöglich anpassen können.

Dies ist auch einer der Gründe dafür, dass auf eine Neufassung des öffentlichen Auftrags der Sparkassen verzichtet wurde. Eine solche Neufassung war unter anderem von den angehörten kommunalen Spitzenverbänden ins Gespräch gebracht worden. Sie zielte auf eine detailliertere Festlegung dieser Aufgabe. Es wurde im wesentlichen aus zwei Gründen darauf verzichtet:

Zum einen war in den Gesprächen der deutschen Verhandlungsdelegation mit der EU-Kommission der Vorschlag zur Festigung der kommunalen Bindung im Rahmen des öffentlichen Auftrages nicht erörtert worden. Er war nicht Bestandteil der abschließenden Verständigung vom 28. Februar 2002. Vor diesem Hintergrund sollte der öffentliche Auftrag auch unverändert bleiben, da gerade der öffentliche Auftrag über Jahre hinweg als Rechtfertigung für die Beibehaltung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung herangezogen wurde. Eben dies hatte die EU-Kommission letztlich nicht überzeugt. Eine Neufassung wäre geeignet, erneut Misstrauen bei der EU-Kommission zu schüren, und dies wäre politisch unklug.

Zweitens würde eine Neufassung des öffentlichen Auftrags, wie sie insbesondere durch die angehörten Verbände vorgeschlagen wurde, praktisch zu einer Aufgabenerweiterung der Sparkassen führen. Es würden zusätzliche Belastungen der Sparkassen gesetzlich fixiert, und dies würde es den Sparkassen nur schwerer machen, sich den wettbewerblichen Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere für die Sparkassen in Sachsen-Anhalt, die sich ja wie das ganze Land in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden. Auch die Sparkassen müssen ihre Erträge steigern und die Kosten senken, wenn sie im Wettbewerb bestehen sollen.

Mit dem Sparkassenänderungsgesetz, das im Jahr 2001 verabschiedet wurde, besteht im übrigen bereits heute die Möglichkeit, bei betriebswirtschaftlich gesunden Sparkassen einen Teil des Jahresüberschusses an den Gewährträger ¿ in Zukunft also: an den Träger - auszuschütten. Eine weitere Belastung der Sparkassen mit sachfremden Aufgaben ist deshalb nicht zu rechtfertigen.

Aus den genannten Gründen sind fast alle Bundesländer dem Vorschlag des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes gefolgt und haben auf eine Neuformulierung des öffentlichen Auftrags verzichtet. Mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf beabsichtigt die Landesregierung, auch in Sachsen-Anhalt entsprechend zu verfahren.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich bitte Sie, beide Gesetzesentwürfe für die weitere parlamentarische Behandlung in die Ausschüsse zu überweisen.

Hintergrund

Sowohl Landesbanken als auch Sparkassen (mit Ausnahme weniger, so genannter "Freier Sparkassen") sind in Deutschland Anstalten des öffentlichen Rechts. Diese Rechtsform verbindet, rechtlich abgesichert, traditionell Anstaltslast und Gewährträgerhaftung. Das heißt, die Gewährträger haften gegenüber Dritten für die Verbindlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Kreditinstitutes uneingeschränkt (Gewährträgerhaftung) und stellen sicher, dass das Institut seine Aufgaben erfüllen kann (Anstaltslast).

 

Impressum:

Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt

Pressestelle

Editharing 40

39108 Magdeburg

Tel: (0391) 567-1105

Fax: (0391) 567-1390

Mail: thiel@mf.lsa-net.de

 

 

Impressum:Ministerium der FinanzenPressestelleEditharing 4039108 MagdeburgTel: (0391) 567-1105Fax: (0391) 567-1390Mail: presse.mf@sachsen-anhalt.de