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Pressemitteilungen der Ministerien

Nachtragshaushalt 2002 in den Landtag eingebracht / Finanzminister Karl-Heinz Paqué: Ergebnis des Kassensturzes liegt vor/ harter Weg über Haushaltsklarheit zur Haushaltssanierung

20.06.2002, Magdeburg – 25

  • Ministerium der Finanzen

 

 

 

Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 025/02

 

Magdeburg, den 20. Juni 2002

 

 

Nachtragshaushalt 2002 in den Landtag eingebracht / Finanzminister Karl-Heinz Paqué: Ergebnis des Kassensturzes liegt vor/ harter Weg über Haushaltsklarheit zur Haushaltssanierung

Finanzminister Karl-Heinz Paqué hat den Regierungsentwurf des Nachtragshaushaltes 2002 heute in den Landtag eingebracht.

Im Anschluss erhalten Sie den vollständigen Text der Einbringungsrede:

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

die neue Regierung Sachsen-Anhalts ist gerade einmal einen Monat im Amt. Sie hat bei ihrem Amtsantritt versprochen, einen Kassensturz vorzunehmen. Dies ist zwischenzeitlich geschehen. Das Ergebnis liegt Ihnen nunmehr vor - in Form des Entwurfs zum Plan für einen Nachtragshaushalt 2002.

Dieser Entwurf liefert eine Schlussbilanz. Es ist die traurige Schlussbilanz von acht Jahren sozialdemokratischer Regierung,

 

 

geführt von Herrn Dr. Höppner,

toleriert von der PDS und

finanzpolitisch gelenkt von den Herren Bullerjahn und Gallert.

 

Das Ergebnis ist eine finanzielle Notlage, die in ihrer Dramatik in der deutschen Geschichte ihresgleichen sucht. Die Lage ist noch weit dramatischer, als von uns vorab befürchtet werden konnte. Diese Lage wird nun aufgedeckt: Mit dem Nachtragshaushalt kehrt Sachsen-Anhalt endlich zu Bilanzwahrheit und zu Haushaltsklarheit in der öffentlichen Finanzwirtschaft auf Landesebene zurück. Wir, die Regierungsparteien CDU und FDP, machen Schluss mit dem System "Gallerjahn".

Eines will ich vorweg klarstellen: Der Nachtragshaushalt bringt noch nicht die strukturellen Veränderungen, um die sich die Vorgängerregierung acht Jahre lang herum gedrückt hat. Dazu ist das Haushaltsjahr schon zu weit vorangeschritten − die meisten Mittel sind gebunden, Verpflichtungen sind rechtskräftig eingegangen. Der Nachtragshaushalt dient in erster Linie der Herstellung von Haushaltswahrheit, einem grundlegenden Prinzip ordentlichen Wirtschaftens, das der Rechnungshof des Landes immer wieder angemahnt hat, aber dem sich die abgewählte Regierung allem Anschein nach nicht verpflichtet fühlte.

Im Rahmen der Aufstellung des Haushalts 2003 werden wir dann allerdings sehr genau prüfen, welche Einschnitte wir wo ansetzen. Denn es ist völlig klar: Um tiefgreifende strukturelle Veränderungen der Ausgaben unseres Landes und seiner Gemeinden kommen wir nicht umhin. Dies wird sehr schmerzhaft werden, und jeder wird seinen Beitrag dafür bringen müssen. Wir werden uns von liebgewordenen Besitzständen trennen. Dabei können und werden wir den Haushalts nicht auf dem Rücken Einzelner sanieren. Für die Zukunft unseres Landes Sachsen-Anhalt werden wir alle gemeinsam hart sparen müssen.

Für diesen neuen Konsolidierungskurs brauchen wir aber eine vernünftige, eine solide Grundlage. Die Verschleierungsstrategie der Regierung Höppner war keine solche Grundlage. In ihr wurden Einnahmen systematisch und wider besseres Wissen oder zumindest grob fahrlässig zu hoch und Ausgaben zu niedrig angesetzt. Im gleichen Stil wurde mit den Risiken verfahren. Entweder sie fanden überhaupt keine Aufnahme in den Haushalt oder sie wurden zu niedrig angesetzt.

Im Ergebnis klafft im laufenden Haushalt ein Loch von gut 1,1 Mrd. Euro. Von diesen 1,1Mrd. Euro stammen 200,8 Mio. Euro aus dem kassenmäßigen Defizit des Jahres 2001, für das die abgewählte Höppner-Regierung keine Vorsorge getroffen hat. Die restlichen 900 Mio. Euro sind die Differenz der Ausgaben und Einnahmen des laufenden Haushalts 2002. Eine solch gewaltige zusätzliche Deckungslücke − sie entspricht fast 10 % des Haushaltsvolumens − ist in diesem Umfang im regulären Haushaltsvollzug durch Einsparungen nicht zu erwirtschaften. Wir können ja gar nicht anders, als eine höhere Neuverschuldung aufzunehmen, aber diese Neuverschuldung ist die Erblast sozialdemokratischer Politik.

Das System "Gallerjahn" hat vorsätzlich darauf verzichtet, die nötige Neuverschuldung auszuweisen: laut Herrn Gallert habe "man ein positives Zeichen setzen" wollen (MZ, 11. Juni 2002). Ich frage Sie: Was um Himmels willen ist positiv daran, einen Haushalt unter Ausschluß der Realität stattfinden zu lassen? Was ist positiv daran, die Finanzierungslasten auf die Generation unserer Kinder zu verschieben und dies noch nicht einmal öffentlich zu bekennen? Aber dieser bewusste Ausschluss der Realität hatte bei der abgewählten Regierung Methode. Die sich daraus ergebenden Risiken müssen wir heute im Nachtragshaushalt auffangen.

Es ist hier nicht der Moment, die gesamte extensive Haushaltskosmetik der abgewählten Höppner-Regierung darzustellen − sie ist schlicht zu umfangreich. Einige Beispiele sollen genügen:

Beispiel 1: Im Arbeitsmarktkapitel 0504, das im Haushaltsjahr 2002 noch im Einzelplan des Ministeriums für Gesundheit und Soziales geführt wird, wurden während der parlamentarischen Beratungen von SPD und PDS Ausgaben von 68,0 Mio. Euro im Rahmen des Europäische Sozialfonds (ESF III) gestrichen. Dies zog Mindereinnahmen von der EU von 48,0 Mio. Euro nach sich, so dass sich für das Land Einsparungen von 20,0 Mio. Euro ergaben. Diese Einsparung an sich ist zumindest aus haushalterischer Sicht nicht kritikwürdig, jedoch wurde daraus ein Risiko, indem die SPD-geführte Landesregierung nach Verabschiedung des Haushaltsplanes auf der Grundlage eines Haushaltsvermerks wieder zu den ursprünglichen Ansätzen zurückkehrte, ohne entsprechende Vorsorge für die 20,0 Mio. Euro zu treffen.

 

Beispiel 2: Im Haushalt des Justizministeriums besteht derzeit die Gefahr von Einnahmeausfällen bei den Verwaltungseinnahmen (HGr. 1) in Höhe von 28,0 Mio. Euro. Von dieser Summe wären zumindest 9,5 Mio. Euro vermeidbar gewesen, wenn bei den wichtigsten beiden Titeln die Veranschlagung auf der Basis des Ist-Ergebnisses 2000 erfolgt wäre. Zugunsten einer Generierung von Einnahmen zumindest auf dem Papier unterblieb diese Veranschlagung.

Beispiel 3: Die Veranschlagung der Steuereinnahmen im Haushaltsplan 2002 - einschließlich der Bundesergänzungszuweisungen und des Länderfinanzausgleichs - erfolgte auf der Basis der Steuerschätzung vom November 2001. Dabei wurden gegenüber der reinen, regionalisierten Steuerschätzung 136,0 Mio. Euro an zusätzlichen Risiken berücksichtigt. Gleichzeitig ließ die abgewählte Landesregierung jedoch einen weiteren notwendigen Vorsorgebetrag von 51,1 Mio. Euro für den fortschreitenden Bevölkerungsrückgang außer acht, ebenso wie die absehbaren Auswirkungen einer Gerichtsentscheidung zur Rückzahlung von Förderabgaben durch das Land Niedersachsen. Für diesen letzten Punkt wären mindestens 18,0 Mio. Euro bereitzustellen gewesen. Im Ergebnis wären die diesjährigen Steuermindereinnahmen auf der Basis der Mai-Schätzung von 355,1 Mio. Euro um 69,1 Mio. Euro niedriger ausgefallen, wenn entsprechende Vorsorge getroffen worden wäre.

Beispiel 4: Im parlamentarischen Verfahren wurden die Zinsausgaben um 60,0 Mio. Euro gekürzt mit der Wirkung, dass die Veranschlagung sich als nicht auskömmlich herausstellte. Die gesamte überschreitung der Zinsausgabeansätze in diesem Haushaltsjahr um 17,2 Mio. Euro ist daher durch diese Kürzung bedingt.

Beispiel 5: Bei den Bürgschaftsausgaben wurden durch Mehrheitsbeschluss der SPD- und PDS-Fraktion während der Ausschussberatungen der Ansatz von 35,8 Mio. Euro um 21,0 Mio. Euro gekürzt, unter Missachtung der damals vorliegenden Bedarfsprognose. Die jetzige überschreitung des Ansatzes um 60,1 Mio. Euro wäre somit wenigstens in Höhe des Kürzungsbetrages vermeidbar gewesen, wenn die fachliche Prognose weiterhin berücksichtigt worden wäre.

Beispiel 6: Im Epl. 15 ergeben sich Risiken durch eine insgesamt zu optimistische Veranschlagung der Verwaltungseinnahmen (HGr. 1). Obwohl im Haushaltsjahr 2000 bei einem Ansatz von 14,2 Mio. Euro das Ist bei lediglich 3,3 Mio. Euro lag, wurde bei der Haushaltsaufstellung 2002 der Einnahmeansatz nur geringfügig auf 12,4 Mio. Euro abgesenkt. Die Differenz zwischen dem Ist 2000 und dem Ansatz 2002 ergibt ein Risiko von 9,1 Mio. Euro, das vorhersehbar gewesen ist.

Beispiel 7: Trotz wiederholter Aufforderungen insbesondere des Landesrechnungshofes hat es die abgewählte SPD-geführte Landesregierung auch im Haushaltsjahr 2002 versäumt, zumindest einen gewissen Vorsorgebetrag zur Deckung von Ausgaberesten bereitzustellen. Nach allen Erfahrungen hätte hierfür ein Betrag von 50,0 Mio. Euro als Minimum bereitgestellt werden müssen.

Schließlich wählte die Regierung überhöhte Ansätze für die sog. Globale Minderausgabe (GMA) und verzichtete auf eine titelmäßige Untersetzung. Im Laufe der parlamentarischen Beratungen zum Haushaltsplan 2002 wurde die Globale Minderausgabe um 80,3 Mio. Euro auf insgesamt 183,6 Mio. Euro erhöht, davon 27,3 Mio. Euro im Personalbereich. Die allgemein als verträglich und üblicherweise erwirtschaftbare Grenze von 1 % des Haushaltsvolumens wurde damit deutlich um etwa den Erhöhungsbetrag überschritten. Die in keiner Weise untersetzten Minderausgaben bedeuteten deshalb zumindest in Höhe der zusätzlichen 80,3 Mio. Euro ein weiteres Risiko, zumal auch an anderen Stellen des Haushalts in großem Umfang nicht auskömmliche Veranschlagungen schon erkennbar waren.

Im Gegensatz zu Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren der abgewählten Regierungsfraktionen, sind unsere Sparbemühungen ernsthaft: wir haben eine Globale Minderausgabe von 157,7 Mio. Euro nicht nur in den Haushalt aufgenommen, sondern wir haben sie bereits solide titelmäßig untersetzt. Hier zeigt sich der Unterschied zwischen haushaltspolitischer Beliebigkeit und echtem Sparwillen!

Nur, bei allem Sparwillen, der von Ihnen aufgestellte Haushalt befindet sich, wie schon gesagt, im fortgeschrittenen Vollzug. Sie wissen so gut wie wir, dass im aktuellen Haushalt keine einschneidenden strukturellen Kurskorrekturen mehr möglich sind. Das von Ihnen hinterlassene Defizit von 1,1 Mrd. Euro ist schlicht nicht mehr einzusparen.

Dennoch hat das Kabinett − und hier möchte ich meinen Ressortkollegen für ihr Engagement ausdrücklich danken − in seinem Sparbemühen noch 157,7 Mio. Euro eingespart. Angesichts der immensen Schulden unseres Landes Sachsen-Anhalt erscheint das manchen vielleicht nicht als großer Betrag. Aber meines Erachtens sind wir in einer Situation, in der wir gar nicht anders können, als buchstäblich den letzten Euro zusammenzukratzen. Auch die Kommunen müssen Verzicht leisten. Sie werden über den kommunalen Finanzausgleich anteilig an den Steuerausfällen beteiligt und müssen auf rund 80 Mio. Euro verzichten, was allerdings erst mit der Abrechnung des kommunalen Finanzausgleichs für 2002 wirksam werden wird.

Allerdings müssen wir bei allem kurzfristigen Sparbemühen die gesamtwirtschaftliche Lage in unserem wirtschaftlich gebeutelten Bundesland im Auge behalten. Auch bei der aktuellen Haushaltssperre, die mit Verabschiedung des Nachtragshaushalts enden wird, werden wichtige Investitionsvorhaben nicht leiden. Sie werden ¿ unbürokratisch und zügig ¿ vom Finanzministerium genehmigt. Und im weiteren Haushaltsvollzug des Jahres 2002 werden wir gewährleisten, dass die konjunkturelle Schwäche vor allem in der Bauwirtschaft unseres Landes nicht noch durch drastische Kürzungen öffentlicher Aufträge über Gebühr verschärft wird.

Um den Haushalt auf die − übrigens auch vom Landesrechungshof angemahnte − seriöse Grundlage zu stellen, sind wir gezwungen, die Nettokreditaufnahme um 945,8 Mio. Euro zu erhöhen. Dieser Schritt fällt uns nicht leicht. Und wenn manche uns vorwerfen, wir würden einen Schluck aus der Pulle nehmen, dann kann ich Ihnen nur sagen: das ist ein bitterer Schluck! Und den nehmen nicht wir, sondern den muss unser ganzes Land Sachsen-Anhalt gemeinsam schlucken. Und das haben wir acht Jahren sozialdemokratischer Regierung und rot-roter Finanzpolitik zu verdanken.

Sehr geehrte Damen und Herren,

dieser Nachtragshaushaltsplan weist eine gesamte Nettokreditaufnahme vor, die über der in der Verfassung des Landes festgelegten Grenze der eigenfinanzierten Investitionen liegt. Dies ist in der vorgefundenen Haushaltsnotlage unvermeidlich, zumal in dem gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewicht, in dem sich das Land befindet. Wer ehrlich ist, wird im übrigen vermerken, dass die verfassungsmäßige Grenze der Verschuldung gerade mit dem Haushaltsplan der abgewählten Regierung ohnehin kassenmäßig zum Jahresende überschritten worden wäre. Nicht wir verletzen den Geist unserer Verfassung. Es ist die abgewählte Regierung, die für einen verfassungswidrigen Zustand gesorgt hat.

Trotzdem, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, ich lade Sie ein, mit der neuen Regierung den Weg in eine bessere Zukunft zu gehen. Lassen Sie mit uns die Zeit der Haushaltstricks hinter sich und begleiten Sie uns konstruktiv auf dem schwierigen Weg, der vor uns liegt - über die Haushaltsklarheit zur Haushaltssanierung.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete,

ich bitte Sie, den Entwurf des Nachtragshaushalts für die weitere parlamentarische Behandlung in die Ausschüsse zu überweisen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

 

Impressum:

Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt

Pressestelle

Editharing 40

39108 Magdeburg

Tel: (0391) 567-1105

Fax: (0391) 567-1390

Mail: thiel@mf.lsa-net.de

 

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