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Pressemitteilungen der Ministerien

Püchel eröffnete Sonderausstellung "Deutsche Mutter, bist Du bereit"- Alltag im nationalsozialistischen Lebensborn e.V. in der Gedenkstätte Bernburg

05.04.2002, Magdeburg – 63

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 063/02

 

Magdeburg, den 5. April 2002

 

 

Püchel eröffnete Sonderausstellung "Deutsche Mutter, bist Du bereit"- Alltag im nationalsozialistischen Lebensborn e.V. in der Gedenkstätte Bernburg

 

 

Innenminister Dr. Manfred Püchel eröffnete heute in der Gedenkstätte für Opfer der NS-"Euthanasie" Bernburg die Sonderausstellung "Deutsche Mutter, bist Du bereit"- Alltag im nationalsozialistischen Lebensborn e.V. "Die neue Ausstellung widmet sich einem Thema, das mit der Gedenkstätte für Opfer der NS-¿Euthanasie` scheinbar nur wenig zu tun hat. Und trotzdem besteht eine enge Verbindung zu dieser Einrichtung. Die Gedenkstätte informiert am authentischen Ort über die Maßnahmen der Nationalsozialisten gegen diejenigen, die aus verschiedenen Gründen keinen Platz in der deutschen Volksgemeinschaft hatten. Innerhalb weniger Jahre töteten ärzte, Schwestern und Pfleger an diesem Ort ca. 15.000 Menschen durch Gas. Sie waren als lebensunwert eingestuft worden, weil sie alt, krank oder behindert waren und von den Nazis als unnütze Esser aus der sogenannten Volksgemeinschaft ausgeschlossen worden waren. Zu den Opfern, die hier ermordet wurden, zählen aber auch ca. 5.000 KZ-Häftlinge," so der Minister einleitend.

 

Während viele Menschen aus politischen und ideologischen Gründen ausgegrenzt und vernichtet worden seien, gewährten die Nationalsozialisten denen, die ins Bild passten, Förderung und Unterstützung.

 

Püchel: "Als nationalsozialistisches Ideal galt die Ehefrau und Mutter, die sich ganz ihren Aufgaben als Gefährtin des Mannes und als Erzieherin der (natürlich arischen und gesunden) Kinder widmete. Hausfrauendasein und Kindererziehung wurden aber nicht mehr ¿ wie noch zu Zeiten der Weimarer Republik ¿ als freiwillige Leistung bewertet, sondern als Pflicht gegenüber der ¿Volksgemeinschaft`. Hitler und Himmler erklärten immer wieder, der Mutterrolle komme auch eine politische, geradezu militärische Bedeutung im ¿Ringen um den Erhalt des Volkes` zu. Ehestandsdarlehen, Mutterkreuze und die zum Kult erhobenen Muttertagsfeiern sollten die Frauen bei der noch nach der Machtergreifung der Nazis vorhandenen hohen Arbeitslosigkeit an den Kochtopf verbannen und zudem die Anzahl der Geburten steigern."

 

 

In diesem Sinne wurde im Dezember 1935 auf Veranlassung des Reichsführers SS Heinrich Himmler der Lebensborn e.V. gegründet. Ziel der Organisation war nach der Satzung, "rassisch und erbbiologisch wertvolle, kinderreiche Familien zu unterstützen", "rassisch und erbbiologisch wertvolle werdenden Mütter unterzubringen und zu betreuen", "für diese Kinder zu sorgen" und "für die Mütter dieser Kinder zu sorgen". Frauen, die ein Kind erwarteten und in einem der eigens dafür eingerichteten Heime des Lebensborn entbinden wollten, mussten vier Bedingungen erfüllen: Sie mussten gesund und erbgesund sein, einen Ariernachweis beibringen und den Kindesvater angeben, der den gleichen Kriterien zu entsprechen hatte. Erst dann wies die Lebensborn-Zentrale den Schwangeren einen Heimplatz zu. In der Regel lebten die Frauen zehn Wochen im Lebensborn-Heim. Viele blieben allerdings länger: Sie kamen früher, weil sie ¿ wie z.B. unverheiratete Frauen ¿ ihre Schwangerschaft verbergen mussten, und gingen später, weil sie nicht wussten, wohin mit dem Kind. Manche ließen das Baby auch eine zeitlang im Heim zurück oder gaben es an eine Pflegefamilie.

 

Püchel: "Eines dieser Heime, das Heim "Harz", befand sich in Wernigerode mit einer Aufnahmekapazität von 14 Müttern und 5 Kindern, die bereits in den Jahren zuvor geboren worden waren und für die die Frauen eine Unterkunft und Betreuung benötigten. Für die Frauen war die Aufnahme in einem Lebensborn-Heim eine willkommene Hilfe, hinter der die nationalsozialistische Ideologie und Zielsetzung nicht auf Anhieb erkennbar war."

 

Der Lebensborn e.V. erstreckte seine Aktivitäten auch auf das Ausland. So war Norwegen für die Nationalsozialisten das "Stammland der germanischen Rasse". Deshalb sah man es gern, wenn deutsche Soldaten Beziehungen zu Norwegerinnen eingingen. Und wenn die Frau schwanger wurde, bot man Unterstützung an - zum Beispiel durch den Lebensborn. Nach und nach eröffnete er in Norwegen zehn Heime, in denen rund 6000 Kinder mit norwegischer Mutter und deutschem Vater auf die Welt kamen. Insgesamt wurden Zehn- bis Zwölftausend "Deutschenkinder" in Norwegen geboren.

 

In Polen und in der Ukraine, in Slowenien und der Tschechoslowakei wurden Mädchen und Jungen, deren Aussehen "gutes Blut" versprach, regelrecht geraubt. NS-Behörden sammelten die Kinder ein, untersuchten und testeten sie immer wieder und brachten diejenigen, die als wertvoll für die "arische Herrenrasse" angesehen worden waren, in Heime. Dort wurden die Kinder gewaltsam umerzogen, mussten deutsch sprechen, bekamen deutsche Namen und falsche Papiere. Anschließend holte der Lebensborn die Mädchen und Jungen ab und brachte sie in sein österreichisches Kinderheim. Von dort aus versuchte er, sie in deutsche Familien zu vermitteln. "Nach Deutschland verschleppt, verloren diese jungen Menschen nicht nur ihre Familie und ihre weiteren Angehörigen, sondern auch ihre soziale Identität ¿ ein Verlust, unter dem sie zumeist lebenslang zu leiden hatten und zum Teil auch noch heute leiden," so der Minister.

 

Bis heute sei der Lebensborn e.V. von einer geheimnisvollen Aura umgeben, vor allem deshalb, weil sich das relativ geringe Sachwissen mit unkorrekten Vorstellungen verbinde, die das Ergebnis einer medienwirksamen und populistischen Darstellung seien.

 

Die Ausstellung selbst arbeitet mit schriftlichen Dokumenten und den Stimmen von Zeitzeuginnen, mit Fotos und Filmsequenzen, mit Original-Objekten und Installationen. Geplant ist außerdem eine Begleitveranstaltung mit einer Zeitzeugin, die im Lebensborn geboren und dort von ihrer Mutter zur Adoption freigegeben wurde.

 

 

 

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