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Pressemitteilungen der Ministerien

Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Stopp des Verkaufs des ehemaligen KZ-Schlosses Lichtenburg in Prettin

15.03.2002, Magdeburg – 42

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 042/02

 

Magdeburg, den 15. März 2002

 

Es gilt das gesprochene Wort!

Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Stopp des Verkaufs des ehemaligen KZ-Schlosses Lichtenburg in Prettin

TOP 7 der Landtagssitzung am 14./15. März 2002

Nachdem die Nationalsozialisten im Jahre 1933 die Macht ergriffen hatten, verfolgten sie systematisch ihre politischen Gegner und etablierten das unmenschliche menschenvernichtende KZ-System. Eines der allerersten Konzentrationslager, das in diesem Zusammenhang in trauriger Weise eine "Vorbildrolle" übernehmen sollte, war das KZ im ehemaligen Schloss Lichtenburg in Prettin.

 

Zwischen 1933 und 1937 sperrten die Nazis hier bedeutende politische Gegner ein, aber auch Zeugen Jehovas, so genannte Asoziale, Juden, Homosexuelle und andere unschuldige Menschen. Ab 1937 inhaftierten sie an dieser Stelle bis zur Errichtung des Lagers Ravensbrück im Jahre 1939 Hunderte Frauen. Auch sie waren in Prettin unsäglichen Qualen und Peinigungen ausgesetzt. Berüchtigt ist bis zum heutigen Tage der Bunker, in dem bei geringsten Anlässen furchtbare Strafen auszuhalten waren.

 

Anrede,

während der DDR-Zeit wurde im Schloss eine Ausstellung über das Konzentrationslager eingerichtet, in der im Geiste des DDR-Antifaschismus in verzerrender Weise über die Geschichte des KZs berichtet wurde. Gleichzeitig wirtschaftete die örtliche LPG den Gebäudekomplex, in dem darüber hinaus noch ein Internat untergebracht war, völlig herunter.

 

Das Renaissance-Schloss mit seinen kulturhistorisch wichtigen Elementen verkam mehr und mehr. Seit Anfang der 90er Jahre steht der sich im Bundeseigentum befindende Gebäudekomplex bis auf die Gedenkstätte und ein Heimatmuseum leer. Der Bund hat für diese Liegenschaft keine Nutzung finden können. Deshalb hat er sie im letzten Jahr auch zum Verkauf ausgeschrieben.

 

Anrede,

diese Ausschreibung erfolgte mit Zustimmung der Landesregierung. In den vorher mit Landkreis und Land geführten Gesprächen sicherte der Bund zu, dass bei einem Verkauf des Schlosses die Interessen der Gedenkstätte gewahrt und grundbuchlich abgesichert werden würden.

 

Ich will es an dieser Stelle offen sagen: Ein Gebäudekomplex ¿ noch dazu ein so alter ¿, der nicht genutzt wird, ist langfristig dem Verfall preisgegeben. Deshalb hat das Land die Verkaufsinitiative des Bundes für das Schloss Lichtenburg unterstützt. Ich gehe davon aus, dass der Verkauf der Anlage, sollte er denn überhaupt erfolgen, für die Gedenkstätte von Vorteil ist. Eine Zukunft des Schlosses nutzt auch der Gedenkstätte.

 

Trotzdem regte sich gegen diese Ausschreibung öffentlich Widerspruch, auch in der PDS-Fraktion des Landtages, der sich in dem von ihr eingebrachten Antrag (LT-Drs. 3/3990) manifestierte.

 

Anrede,

dass die gegenwärtige Situation der Gedenkstätte Lichtenburg unbefriedigend ist, ist uns seit langem bekannt. Ich persönlich habe mich vor einigen Jahren vor Ort konkret über die Probleme informiert. Und war, ehrlich gesagt, von dem, was ich dort erlebte, geschockt. Sowohl darüber, was die DDR mit dem Zellentrakt gemacht hatte, als auch darüber, wie die DDR die Geschichte verfälscht hatte.

 

Weil die Landesregierung die derzeitige Lage als unbefriedigend einschätzt und gleichzeitig die Bedeutung dieses authentischen Ortes anerkennt, hat sie seit Mitte der 90er Jahre den Träger der Gedenkstätte, den Landkreis Wittenberg, bei der dringend notwendigen Modernisierung der Gedenkstätte unterstützt.

 

Im Jahre 2000 hat sie ein vom Landkreis in Auftrag gegebenes Gutachten in wesentlichen Teilen finanziert. Anliegen dieses Gutachtens war es vor allem, die Diskussion um die notwendige Modernisierung der Gedenkstätte konzeptionell zu bereichern. Die Gutachterin hat in ihrer Arbeit die aus ihrer Sicht unbedingt notwendigen Bestandteile der Gedenkstätte begründet und Varianten für den Standort dieser Einrichtung entwickelt.

 

Im September des vergangenen Jahres hat sie ihre Ergebnisse vor Ort dem Gedenkstättenbeirat vorgestellt. Dieser kam zu der Einschätzung, dass jede der von ihr vorgeschlagenen Varianten zu einer voll funktionstüchtigen Gedenkstätte führen würde. Eine Präferenz für einen der Vorschläge hat der Beirat ausdrücklich nicht ausgesprochen. Der Grund lag darin, dass die Flexibilität des Bundes bei den Verhandlungen mit potentiellen Kaufinteressenten nicht eingeengt werden sollte.

Parallel zum Gutachten wurde in einem zweiten, vom Land zu großen Teilen finanzierten, Werkvertrag der Forschungsbedarf zur Geschichte des KZ Lichtenburg ermittelt. Der Forschungsbedarf ist erheblich. Deshalb werden die Forschungsarbeiten noch in diesem Frühjahr mit Unterstützung des Landes fortgesetzt.

 

Anrede,

über den Stand der Planungen wurde die öffentlichkeit während eines Kolloquiums Anfang Januar 2002 in Prettin unterrichtet. Alle dort Anwesenden haben die durchgeführten und vorgesehenen weiteren Maßnahmen des Landes und des Landkreises zur weiteren Entwicklung und Profilierung der Gedenkstätte ausdrücklich unterstützt.

 

Ich habe die Hoffnung, dass während dieses Kolloquiums der interessierten öffentlichkeit die Befürchtung genommen werden konnte, dass der Bestand der Gedenkstätte gefährdet sei. Ich darf an dieser Stelle versichern:

 

Die Landesregierung war stets interessiert am Erhalt und an der Verbesserung der Situation der Gedenkstätte Lichtenburg in Prettin, sie wird dies auch zukünftig sein. Aus diesem Grunde werden die Bemühungen zur notwendigen Modernisierung der Gedenkstätte zielstrebig fortgesetzt werden. Dies erfolgt durch die finanzielle Förderung im Rahmen der Haushaltsansätze der nächsten Jahre.

 

Hierfür werden aber insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gedenkstättendezernats im RP Magdeburg konzeptionelle Unterstützung leisten. Denn vonnöten ist nicht nur Geld, sondern auch fachlicher Sachverstand. In diesem Sinne unterstütze ich die im Innenausschuss, im Ausschuss für Kultur und Medien sowie im Finanzausschuss beratene und veränderte Fassung, wie sie Ihnen nun als Beschlussvorlage zugeleitet wurde.

 

Abschließend darf ich Ihnen mitteilen, dass ich erst vor wenigen Tagen bei mir im Ministerium über die Problematik Lichtenburg mit Etzard Reuter, dem früheren Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Daimler-Benz-AG, ausführlich gesprochen habe. Etzard Reuter ist bekanntermaßen der Sohn des früheren Magdeburger Oberbürgermeisters Ernst Reuter, den die Nazis 1933 aus dem Amt trieben und in der Lichtenburg inhaftierten und der nach dem Kriege erster Regierender Bürgermeister von Westberlin wurde.

 

Anwesend bei dem Gespräch war außerdem Herr Fischer vom Zentralrat der Juden, dessen Vater ebenfalls in diesem KZ eingesperrt war. Beide unterstützen die Bemühungen des Landes. Wir drei waren uns darin einig, dass sowohl Land als auch Landkreis in der Verpflichtung stehen, die Möglichkeiten für die Erinnerungsarbeit vor Ort zu verbessern. In diesem Sinne kann ich die Beschlussempfehlung nur unterstützen.

 

 

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