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Pressemitteilungen der Ministerien

Bundesratsinitiative für bessere Zahlungsmoral: Sachsen-Anhalt will Geldfluss zugunsten der Handwerker beschleunigen

19.02.2002, Magdeburg – 113

  • Staatskanzlei und Ministerium für Kultur

 

 

 

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 113/02

 

Magdeburg, den 19. Februar 2002

 

Bundesratsinitiative für bessere Zahlungsmoral: Sachsen-Anhalt will Geldfluss zugunsten der Handwerker beschleunigen

Mit einer Bundesratsinitiative will Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass Bauhandwerker schneller an ihr Geld kommen und die Zahlungsmoral der Auftraggeber verbessert wird. "Wir setzen dort an, wo es nach Auffassung von Bauhandwerkern, Sachverständigen und Gerichten Schwachstellen im derzeitigen Recht gibt und änderungen erforderlich und erfolgversprechend sind", sagte Justiz-Staatssekretärin Mathilde Diederich am heutigen Dienstag nach der Kabinettssitzung.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsministerin Katrin Budde sagte: "Mit der Bundesratsinitiative wird die Position der Bauhandwerker deutlich verbessert. Wenn das Gesetz verabschiedet wird, wären wir damit einen guten Schritt voran gekommen hin zu fairen Bedingungen auf dem Bau. Gerade für die ostdeutschen Bauunternehmen, die über eine geringe Eigenkapitaldecke verfügen, sind weitere Gesetzesverbesserungen, die ihre Position stärken, dringend notwendig. Sachsen-Anhalt hat sich nach den verschärften Kontrollen gegen Schwarzarbeit und dem modernen Vergabegesetz erneut als Vorreiter einer modernen Mittelstandspolitik profiliert", betonte Budde.

Kernstück der Bundesratsinitiative ist die bessere Absicherung der Bauhandwerker vor Insolvenz des Bauherren oder Generalunternehmers. Dafür sollen die bisherigen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 648a BGB) entsprechend geändert werden. Die so genannte Bauhandwerkersicherungsbürgschaft ¿ bei der Banken für die Zahlungsfähigkeit des Auftraggebers bürgen ¿ soll zu einem echten Anspruch umgestaltet werden, der vom Bauhandwerker auch nach Abnahme der Leistungen und zur Absicherung seiner Forderung auf dem Klageweg durchgesetzt werden kann.

"Der Bauhandwerker, der bereits mehr oder weniger vollständige Vorleistungen erbracht hat, muss gegen eine Insolvenz des Auftraggebers besser abgesichert werden als derjenige, der mit den Arbeiten gerade begonnen hat und von Anfang an eine Sicherheitsbürgschaft verlangt", begründete die Staatssekretärin.

Das Vorleistungsrisiko der Handwerker soll mit der Bundesratsinitiative auch dadurch gemindert werden, dass der Anspruch auf Abschlagszahlungen erweitert wird und vollstreckbare Titel schneller erlangt werden können. Künftig sollen Abschlagszahlungen für vertragsgemäße Teilleistungen unabhängig davon, ob es ein laut BGB "in sich abgeschlossener Teil" ist verlangt werden können, was bislang für kleinere Gewerke nicht oder nur mit rechtlichen Schwierigkeiten möglich war.

Damit der Bauhandwerker erfährt, wann der Generalunternehmer vom Auftraggeber Geld erhalten hat, soll das Auskunftsrecht des Bauhandwerkers verbessert werden. Künftig sollen Generalunternehmer, die Geld vom Auftraggeber bekommen oder wegen Fälligkeit bekommen können, den Subunternehmer innerhalb einer Frist über den Geldfluss informieren, wenn dieser dies verlangt. Liegt die Auskunft innerhalb der Frist nicht vor, wird der so genannte Vergütungsanspruch fällig und Forderungen können auf gerichtlichem Weg sofort geltend gemacht werden.

Desweiteren sollen Probleme bei der so genannten Fertigstellungsbescheinigung ausgeräumt werden. Die Bescheinigungen waren auf geringe Akzeptanz gestoßen, da das Haftungsrisiko der Gutachter zu hoch war. Mit der Bundesrats-initiative soll das Haftungsrisiko der Gutachter auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden. Sind einzelne Arbeiten mangelhaft ausgeführt worden, sollen mit dem Fertigstellungsbescheid einwandfrei ausgeführte Arbeiten jedoch trotzdem beurkundet werden. "Somit können jene Bauhandwerker, die einwandfreie Arbeit leisteten, schneller vollstreckbare Titel erwirken", sagte Diederich.

Sachsen-Anhalt habe aus gutem Grund die Anhörung von Verbänden, Sachverständigen und mit Bauprozessen befassten Gerichten abgewartet, die am 5. und 6. Februar 2002 vom Bundesjustizministerium organisiert wurde. Die dort angesprochenen Schwachpunkte im derzeitigen Recht lägen auf der von Sachsen-Anhalt seit 1997 ständig verfolgten Linie, fügte die Staatssekretärin hinzu. Die von anderen Bundesländern erarbeiteten Vorschläge für eine bessere Zahlungsmoral seien nach Meinung von Bau- sowie von Rechtsexperten ungeeignet und widersprüchlich. Es würden mehr rechtliche Probleme geschaffen als gelöst. Den Bauhandwerkern würden mehr "Steine statt Brot" gegeben.

Diederich betonte, dass die Vorschläge Sachsen-Anhalts die Kritikpunkte der Handwerkerschaft am derzeitigen Recht berücksichtige. Um einen breiten Konsens mit den Praktikern zu erreichen, soll der Gesetzentwurf noch einmal mit Verbänden und Kammern des Baugewerbes beraten werden. Danach ist die Einbringung in den Bundesrat geplant. "Wenn ihn all jene in Bund und Ländern unterstützen, die den Bauhandwerkern wirklich helfen wollen, könnte das Gesetz von Bundestag und Bundesrat noch vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden", appellierte die Staatssekretärin.

Anlage

Beispielhafter Fall

Ein Sanitätsbaubetrieb, Subunternehmer (S), hat vom Generalunternehmer (G) auf der Baustelle des Bestellers (B) Sanitätsinstallation zu erbringen: sämtliche Zuleitungen für Kalt- und Warmwasser einschließlich aller Armaturen, Waschbecken, Badewannen, Duschen, Toiletten sowie die Abflussleitung im Haus. Diese Leistungen, den Kaufpreis für das einzubauende Material sowie sämtliche Lohnkosten für seine Leute finanziert S vor.

Dieses Vorleistungsrisiko gilt es abzusichern.

Hierzu hat S seit dem 1. Mai 2000 den gesetzlichen Anspruch auf Abschlagszahlung. Diese Regelung soll nunmehr praxistauglicher werden, in dem sie an die bekannte und in der Praxis bewährte VOB-Regelung angeglichen wird. Demnach kommt es nicht mehr auf den nur schwer zu definierenden "in sich abgeschlossenen Teil" der Leistung an, sondern auf den Wert der jeweils per Rechnung nachgewiesenen Leistung. Das heißt, S kann Abschlagszahlungen durch nachgewiesene Rechnung für den Materialkauf oder beispielsweise für die geschossweise Fertigstellung verlangen. Zahlt G diesen Abschlag nicht, kann S notfalls die Arbeiten einstellen und seine bis dahin entstandenen Kosten einklagen.

S kann aber nach jetziger gesetzlicher Lage bis zur Abnahme von G eine Sicherungsbürgschaft (§ 648 a BGB) verlangen. In der derzeitigen Praxis würde G den Auftrag jedoch anderweitig vergeben, wenn S als Subunternehmer schon mit Vertragsabschluss eine Sicherheitsbürgschaft verlangen würde.

Je mehr S allerdings vorgeleistet hat und für den Fall etwa, dass das Werk schon abgenommen ist, trägt S nunmehr das alleinige Risiko, seine Restzahlung zu erhalten, etwa bei Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des G oder bei behaupteten Mängeleinreden.

Also muss für S als Subunternehmer das Druckmittel, die Sicherungsbürgschaft von G verlangen zu können, erst recht nach Abnahme des Werkes für ihn noch möglich sein. Genau dies soll jetzt geregelt werden, denn eine Leistungsverweigerung des S nach Fertigstellung des Werkes wäre sinnlos. Bislang musste S zunächst bei angeblich vorhandenen Mängeln um die Abnahme kämpfen, um seinen Werklohnanspruch fällig zu stellen. Dabei trug er auch das Risiko, dass während des lang andauernden durch Beweisaufnahmen mit Sachverständigengutachten kostspieligen Zivilprozesses G zwischenzeitlich insolvent wird. Der gesetzliche Anspruch auf Sicherungsbürgschaft in Höhe des Werklohns bzw. des Restwerklohnes ist schnell gerichtlich duchsetzbar.

S weiß zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht, ob G, mit dem er den Vertrag geschlossen hat, seinerseits von dem eigentlichen Werkbesteller (B) die Abnahme für das Werk des S oder sogar schon die Vergütung bekommen hat. Diese Informationslücke des S stellt einen erheblichen Mangel des Rechtsverhältnisses zwischen General- und Subunternehmer dar.

Deshalb soll S jetzt einen Auskunftsanspruch gegen G erhalten, wenn G ihn nach Fertigstellung des Werkes mit der Abnahme oder mit Teilleistungen oder mit Mängeleinreden hinhält, um die Bezahlung zu verzögern.

Er setzt dem G zur Auskunftserteilung eine angemessene Frist (acht ¿ 14 Tage). Erhält er nach Ablauf dieser Frist die gewünschte Auskunft nicht, muss er nicht erst auf Auskunft klagen, vielmehr ist Folge dieser Weigerung des G, dass sofort der Werklohnanspruch des S fällig ist und er diesen ohne weitere Verzögerung durch Mahnbescheid oder Klage gerichtlich durchsetzen kann. Das spart Zeit! Hat der Besteller B bis dahin keine Mängeleinreden gegenüber G erhoben, dann kann nunmehr G Mängeleinreden auch nicht gegenüber S (dem Subunternehmer) einwenden. Die Werklohnforderung ist für S daher zeitnah und ohne Beweisschwierigkeiten und Kosten durchsetzbar.

Werden Mängel von B oder G gegenüber S geltend gemacht, und damit eine Abnahme und Fälligkeit der Werklohnforderung für S vereitelt und hält S diese Mängel für unberechtigt oder doch für ganz geringfügig, so kann S jetzt über die Fertigstellungsbescheinigung dennoch seinen Anspruch auf Werklohnforderung schnell und zügig durchsetzen. Mit der Fertigstellungsbescheinigung wird ihm nämlich die Mängelfreiheit bzw. ¿ und das ist neu ¿ das Vorliegen von mehr oder weniger Mängeln bestätigt. Er erhält dann eine Bescheinigung über den Teil der ihm zustehenden Werklohnvergütung, die gekürzt ist um den zweifachen Betrag, der notwendig ist, um die Mängel zu beseitigen.

Mit dieser Bescheinigung, die eine Urkunde im Sinne des Urkungsprozesses darstellt, kann S seinen Werklohn zumindest zum überwiegenden Teil schnell und vollstreckbar geltend machen. Ihm wird zur Vollstreckung dieses Urteils keine Sicherheitsleistung aufgegeben, vielmehr muss G, um die Vollstreckung abzuwenden, seinerseits Sicherheit in Höhe der Werklohnforderung erbringen. Damit muss der Generalunternehmer seinen Kreditrahmen in Anspruch nehmen.

Wenn S bislang keinen Sachverständigen gefunden hat, die Fertigstellungsbescheinigung auszustellen, so lag dies daran, dass die Haftung des Sachverständigen für das Gutachten auch gegenüber G und B, dem potentiellen Antragsgegner des S, zu weitgehend ausgelegt war. Diese Haftung des Sachverständigen ist nunmehr auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt , während er für die Richtigkeit des Gutachtens dem S gegenüber wie üblich haftet. Mit dieser gesetzlich klargestellten Haftungsbeschränkung findet S nunmehr seinen Sachverständigen.

 

 

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