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Pressemitteilungen der Ministerien

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Antrag der Fraktion der PDS: "Sogenannte Altfallregelung für Ausländerinnen und Ausländer mit langjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland";
Landtagssitzung am 7./8. Oktober 1999

08.10.1999, Magdeburg – 133

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 133/99

 

Magdeburg, den 8. Oktober 1999

 

 

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Antrag der Fraktion der PDS: "Sogenannte Altfallregelung für Ausländerinnen und Ausländer mit langjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland";

Landtagssitzung am 7./8. Oktober 1999

 

 

Um ein Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Von den im Monat Oktober zur Rückführung nach dem deutsch-vietnamesischen Rückübernahmeabkommen anstehenden 21 Vietnamesen erfüllt keiner die nach der vorgesehenen Altfallregelung maßgeblichen Stichtagsvoraussetzungen.

Damit könnte man die Angelegenheit theoretisch als erledigt betrachten. Aber diese auch für die Landesregierung wichtige Problematik verdient doch einige weitergehende Ausführungen.

Zunächst kann ich der Ziffer 1 des Antrages prinzipiell zustimmen, denn es zeigt sich immer wieder, dass sich zu uns geflüchtete Menschen nach langjährigem Aufenthalt schneller integrieren, als man zunächst annehmen mag, insbesondere die Kinder.

Und das gilt in vielen Fällen auch für die Familien, die sich nach mehrjährigem Asylverfahren am Ende mit einer negativen Entscheidung konfrontiert sehen. Diese Menschen wurden trotz der von ihnen so empfundenen "politischen Verfolgung" von den zuständigen Entscheidungsinstanzen, also dem BAFL und den Verwaltungsgerichten nicht als verfolgt anerkannt und müssten deshalb Deutschland eigentlich wieder verlassen.

Hier ist jedoch nach einer Anzahl von Jahren häufig ein solcher Grad an Integration erreicht, dass es ein Akt der Humanität wäre, ihnen ein vorläufiges oder endgültiges Bleiberecht zu gewähren. Freilich unter der Voraussetzung, die auch im allgemeinen Ausländerrecht gilt, dass die betreffenden Familien es schaffen, ohne Bezug von Sozialhilfe ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Deswegen hat die Landesregierung auch die Altfallregelung vom März 1996 begrüßt. Bei uns im Lande sind damals allerdings nur sehr wenige Personen davon betroffen gewesen. Die Landesregierung wird auch eine entsprechende neue Altfallregelung unterstützen.

Der Antrag verfolgt insbesondere in der Ziffer 3 das Ziel einer Einbeziehung der vietnamesischen Staatsangehörigen in die beabsichtigte Altfallregelung. Auf die Ziffer 2 gehe ich im Anschluss ein.

Die Altfallregelung vom März 1996 lief am Jahresende 1996 aus und begünstigte nicht einmal 8 000 Personen bundesweit. übrigens entgegen den Ankündigungen des damaligen Bundesinnenministers Kanther, der zuvor von 15 bis 20.000 Personen gesprochen hatte.

In der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung vom Oktober 1998 ist dieses Thema erneut aufgegriffen worden. Eine Altfallregelung kann nur als gesetzliche Regelung oder als IMK-Beschluss ¿ dann unter der Voraussetzung der Einstimmigkeit ¿ gefasst werden.

In diesem Zusammenhang hat deshalb die Innenministerkonferenz im November letzten Jahres eine Arbeitsgruppe auf Ministerebene eingesetzt, die nach Prüfung der Notwendigkeit einer Altfallregelung ggf. Grundsätze für ein Bleiberecht für Asylbewerber mit langjährigem Aufenthalt erarbeiten sollte.

Sie können der vorsichtigen Formulierung entnehmen, dass es keineswegs sicher ist, ob und insbesondere mit welchen Kriterien die Altfallregelung zustande kommt.

Nach erheblichen Verzögerungen liegt nunmehr der Entwurf eines Beschlussvorschlages für die Ministerarbeitsgruppe und die Innenministerkonferenz am 19. November vor. Danach sollten neben den jugoslawischen und bosnischen auch die vietnamesischen Staatsangehörigen von einer Altfallregelung ausgenommen werden. Weil sich deren Herkunftsländer entweder zunächst geweigert hatten, ihre Staatsangehörigen wieder zurückzunehmen.

Oder deren Wiederaufnahme trotz eines gültigen Rückführungsabkommens enorm verzögerten. Bzw. weil bereits spezifische Regelungen, wie für die bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge, von der IMK beschlossen worden waren.

Die Landesregierung unterstützt den Ausschluss insbesondere der Vietnamesen nicht. Denn humanitäre Gründe gelten gerade auch für die Menschen, die deshalb nur sehr erschwert zurück können, weil ihre Heimatstaaten sich völkerrechtswidrig verhalten. Mir ist es deshalb stets ein besonderes Anliegen gewesen, auch den schon lange hier lebenden Vietnamesen zu einem Daueraufenthalt in Deutschland zu verhelfen. Wenn sie es denn schaffen, ihren Lebensunterhalt hier legal zu bestreiten.

Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf meine erfolgreichen Initiativen für die Bleiberechtsregelung der ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeitnehmer. Danach konnten immerhin fast 2000 Menschen hier bleiben!

Für uns war es daher nur konsequent, insbesondere in den Runden auf Staatssekretärsebene auch zu der jetzt diskutierten Altfallregelung eine Einbeziehung der vietnamesischen Altfälle zu erreichen.

Auf der letzten Besprechung im August dieses Jahres fand Sachsen-Anhalt für seinen Einsatz zugunsten der Vietnamesen aber nur noch die Unterstützung eines einzigen Landes.

Selbstverständlich werde ich mich auf der IMK im November auch weiterhin für eine Einbeziehung der vietnamesischen Staatsangehörigen in die Altfallregelung einsetzen. Große Hoffnung auf eine änderung der bisher ablehnenden Haltung der übrigen Länder verbinde ich damit allerdings nicht.

Von dieser realistischen Einschätzung ausgehend, wäre es nicht vertretbar und entspräche auch nicht meinem politischen Selbstverständnis, bei den Betroffenen Hoffnungen zu wecken, die später nicht zu erfüllen wären. Die Enttäuschung wäre dann um so größer.

Dies muss auch ¿ und insoweit komme ich jetzt zur Ziff. 2 des Antrages ¿ Konsequenzen für eine vorläufige Aussetzung von Abschiebungen haben. Sachsen-Anhalt hat schon im Januar zusammen mit einigen wenigen Ländern eine sogenannte Vorgriffsregelung erlassen, um nicht jetzt Leute abschieben zu müssen, die in einigen Monaten dann doch hier bleiben können. Dafür sind wir von anderen Ländern z. T. heftig kritisiert worden.

Aber wir können nicht Leute hierbehalten, auch nicht im Wege dieser sogenannten Vorgriffsregelung, von denen wir wissen oder mit großer Sicherheit annehmen müssen, dass sie von einer künftigen Altfallregelung gerade nicht erfasst werden. Falls überhaupt eine solche Altfallregelung zustande kommt, da einige Länder am liebsten gar keine neue Regelung wollen.

Anrede,

die ganze Problematik ist übrigens auch schon im Petitionsausschuss erörtert worden. Mehrfach haben vietnamesische Staatsangehörige darum gebeten, dass ihre zwangsweise Rückführung ausgesetzt werden solle, wobei sie davon ausgingen, dass die vorgesehene Altfallregelung auch für Vietnamesen gelten würde.

Insgesamt handelt es sich z.Z. um sechs solcher Fälle, die im Petitionsausschuss anhängig sind. Mein Haus hat aber auch den Petitionsausschuss in diesen Fällen schon darauf hingewiesen, dass von einer Anwendung der Altfallregelung auf Vietnamesen aufgrund des gegenwärtigen Sachstandes leider nicht ausgegangen werden kann.

Diese Sachlage soll uns aber im übrigen nicht hindern, jeder legalen Möglichkeit nachzugehen, in Einzelfällen zu helfen, wo dies möglich ist. Ob diese Lösungen auf Dauer aber erfolgreich sein können, lässt sich nur im konkreten Einzelfall beurteilen.

Bei allem Verständnis für die mit dem vorliegenden Antrag beabsichtigte Initiative bitte ich dies alles doch zu bedenken.

Mit einer Aussetzung der Abschiebung wäre den Menschen nicht geholfen, wenn sie einige Wochen später doch abgeschoben werden müssten.

Anrede,

ich komme zum Abschluss und damit zum Punkt vier des Antrages. Ich bin gern bereit, im Dezember im Innenausschuss über die Ergebnisse der IMK in Bezug auf die Altfallregelung zu berichten, wenn sie denn bis dahin zustande gekommen ist.

 

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