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Pressemitteilungen der Justiz

(LG HAL) Verurteilungen des Herrn Björn U. Höcke wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen rechtskräftig

11.09.2025, Halle (Saale) – 016/2025

  • Landgericht Halle

Die Verurteilungen des Herrn Björn U. Höcke wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sind rechtskräftig.

Das Landgericht Halle hatte den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen am 14.05.2024 zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 130 Euro (Az.: 5 KLs 6/23) und am 01.07.2024 zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 130 Euro (Az.: 5 KLs 8/24) verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts im Verfahren 5 KLs 6/23 verwendete der Angeklagte am 29.05.2021 als Redner auf einer öffentlichen Wahlveranstaltung für die Bundestagswahl in Merseburg die Parole "Alles für Deutschland", obwohl er wusste, dass es sich dabei um eine solche der Sturmabteilung (SA) der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) handelte und deren öffentliche Verwendung verboten ist. Er nahm dabei jedenfalls billigend in Kauf, dass ein Video seiner Rede ins Internet gestellt werden würde. Zum Ende seiner etwa 22-minütigen Rede führte er aus: "Im Brustton der Überzeugung sage ich: 'Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland!'" Hierbei zielte er darauf ab, die Parole "Alles für Deutschland" trotz ihres Verbots wieder in den alltäglichen Sprachgebrauch zu integrieren und politisch verwenden zu können. Bereits im Bundestagswahlkampf 2017 trug das Plakat eines dem Angeklagten bekannten sächsischen AfD-Abgeordneten die Parole. Die Wahlplakate mussten vollständig entfernt werden; das Geschehen erhielt deutschlandweit große Aufmerksamkeit. Ebenso wurde überregional publiziert, dass 2020 der sachsen-anhaltinische AfD-Landesvizevorstand eine Rede mit der Parole schloss. Spätestens nach diesen Vorfällen wusste der Angeklagte, dass es sich um eine verbotene Parole der SA handelte.

Nach den Feststellungen des Landgerichts im Verfahren 5 KLs 8/24 nahm der Angeklagte in Kenntnis der Anklage und des Eröffnungsbeschlusses in dem gesonderten Strafverfahren 5 KLs 6/23 am 12.12.2023 als Redner an einer öffentlichen Veranstaltung der AfD in einer Gaststätte in Gera teil. Gegen Ende der Rede, die mit seinem Wissen gefilmt wurde, sagte er: "Kämpfen wir gemeinsam und holen uns den verdienten Sieg, lassen Sie uns das auseinanderdividieren. Es wird noch Störversuche geben, es wird noch die ein oder andere Intrige geben, ich stehe ja in einigen Monaten vor der großen Strafkammer des Landes Sachsen-Anhalt, weil ich mal einen Wahlkampfabschluss gemacht habe in einem rhetorischen Dreiklang: 'Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für … .'" Während er die letzten beiden Worte emotionsgeladen aussprach, machte er eine auffordernde Geste. Darauf riefen einige Personen, wie von ihm beabsichtigt, spontan gemeinsam "Deutschland".

Gegen die Urteile des Landgerichts Halle hatte der Angeklagte jeweils Revision eingelegt, welche der Bundesgerichtshof mit Beschlüssen vom 20.08.2025 verworfen hat (Az.: 3 StR 484/24 und 3 StR 519/24).

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Revisionsverfahren 3 StR 484/24 hat eine umfassende Nachprüfung des Urteils des Landgerichts Halle vom 14.05.2024 keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Landgericht habe die getroffenen Feststellungen zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB tragfähig belegt. Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Strafvorschrift, die Anlass zu einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht geben könnten, bestünden im Ergebnis nicht. Bei der Parole "Alles für Deutschland" handele es sich um ein Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Ausschlaggebend dafür sei nicht der mit der Parole einhergehende Inhalt, der für sich genommen als unverfänglich angesehen werden könne. Entscheidend sei vielmehr, dass es sich bei der Wortkombination gerade um ein von einer nationalsozialistischen Organisation geprägtes Erkennungszeichen handele und die öffentliche Nutzung solcher Symbole unterbunden werden solle, um der abstrakten Gefahr einer Wiederbelebung vorzubeugen. Ob ein Kennzeichen auch von anderen, nicht verbotenen Organisationen oder in gänzlich anderem Kontext genutzt werde, sei für die Frage der Kennzeicheneigenschaft ohne Bedeutung. Denn anderenfalls würden in die Prüfung, ob überhaupt ein Kennzeichen vorliege, letztlich die außerhalb desselben liegenden Umstände seiner Verwendung einbezogen. Eine solche Gesamtbetrachtung sei jedoch wegen der damit verbundenen Folgen für die Rechtssicherheit und die Bestimmtheit des Tatbestands abzulehnen. Für die Kennzeicheneigenschaft komme es auch nicht darauf an, ob ein Symbol einen gewissen Bekanntheitsgrad als Erkennungszeichen einer bestimmten Vereinigung oder Organisation besitze. Dies ergebe sich daraus, dass sich die Strafvorschrift gegen eine Wiederbelebung der verfassungswidrigen Organisation und der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Bestrebungen richte, auf die das Kennzeichen symbolhaft hinweise. Es solle bereits jeder Anschein vermieden werden, in der Bundesrepublik Deutschland gebe es eine rechtsstaatswidrige politische Entwicklung in dem Sinne, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen geduldet würden.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Revisionsverfahren 3 StR 519/24 hat eine umfassende Nachprüfung des Urteils des Landgerichts Halle vom 01.07.2024 ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Er habe die Parole "Alles für Deutschland" öffentlich in einer Versammlung verwendet, obgleich er lediglich einen Teil davon selbst gesprochen habe. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, seien ihm Rufe, die auf seine Aufforderung die Formel ergänzten, wahlweise im Wege der Mittäterschaft oder der mittelbaren Täterschaft zuzurechnen. Das Vorgehen des Angeklagten sei auch nicht als Berichterstattung oder Verteidigung in eigener Sache zulässig gewesen. Zwar komme grundsätzlich in Betracht, dass im Rahmen von Mitteilungen über ein laufendes eigenes oder fremdes Strafverfahren die Wiedergabe eines Kennzeichens zulässig sein könne. Allerdings sei die Grenze zur Strafbarkeit überschritten, wenn die Information der Öffentlichkeit über Propagandamittel oder Kennzeichen nur ein Vorwand sei, um in Wahrheit eine propagandistische Wirkung zu erzielen. Der Angeklagte habe das Strafverfahren lediglich als Aufhänger angesprochen, dann aber nicht weiter thematisiert. Hinzu komme, dass es ihm darauf angekommen sei, dass das Publikum die Parole auf seine gestikulierende Aufforderung vervollständigte, und er der Meinung gewesen sei, die von der SA genutzte Parole wieder "sagbar" und politisch nutzbar machen zu müssen.

Damit sind die Urteile des Landgerichts Halle rechtskräftig.

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