Pressemitteilungen der Justiz
(LG SDL) Verkündung des Urteils im
"Benjamin-Verfahren"
15.11.2006, Hansestadt Stendal – 17
- Landgericht Stendal
Landgericht Stendal - Pressemitteilung Nr.: 017/06
Landgericht Stendal -
Pressemitteilung Nr.: 017/06
Stendal, den 15. November 2006
(LG SDL) Verkündung des Urteils im
"Benjamin-Verfahren"
Schwurgericht
verhängt Haftstrafen gegen die Eltern des verstorbenen Kindes aus Schlagenthin
Die Große Strafkammer 2 des Landgerichts
Stendal verurteilte heute Daniel B. (27) und Sandra S. (28) wegen Mißhandlung
von Schutzbefohlenen in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen. Es verhängte
gegen die Eltern des verstorbenen Benjamin eine Freiheitsstrafe von jeweils
vier Jahren und sechs Monaten.
Wegen Mißhandlung Schutzbefohlener ist gemäß
§ 225 Absatz 1 Variante 2 StGB strafbar, wer eine Person unter 18 Jahren, die
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht oder seinem Hausstand angehört, durch
böswillige Vernachlässigung der Pflicht, für sie zu sorgen, an der Gesundheit
schädigt. Das Gesetz sieht einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren
vor.
Die Große Strafkammer sah es als erwiesen an,
daß die Eltern im Zeitraum von August 2003 bis Februar 2006 ihre Kinder Jasmin
(geb. 2001), Benjamin (geb. 2003) und Constantin (geb. 2004) aus Eigensucht und
Bequemlichkeit vernachlässigten und dadurch schwere Entwicklungsverzögerungen
der Kinder verursachten. Sie brachten die Kinder in ihren Wohnungen in Stresow
bzw. Schlagenthin in stark verunreinigten und unzureichend beheizten Räumen
unter und sorgten weder für eine ausreichende Ernährung noch für die notwendige
medizinische Versorgung.
Bei Constantin wurden u.a. Dystrophie
(Unterernährung), Erfrierungen an beiden Beinen und Scabies (Krätze) bei
bestehender statomotorischer mentaler und körperlicher Entwicklungsverzögerung
diagnostiziert.
Bei Jasmin lagen Entwicklungsverzögerungen
von 10 bis 17 Monaten zum Altersmedian vor; bei ihr drohte Behinderung.
Benjamin zeigte lebzeitig kein Wachstum; er
verstarb im März 2005. Eine Verurteilung wegen Totschlags durch Unterlassen kam
für die Große Strafkammer indes nicht in Betracht, weil nicht mehr zu ermitteln
war, ob die Mangelernährung oder ein anderer Erziehungsmangel für den Tod von
Benjamin ursächlich geworden ist. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, daß
das Kind aufgrund anderer Einflüsse ¿ etwa Durchfall, Kreislaufversagen,
Unterzuckerung oder Herz-Rhythmus-Störung ¿ verstorben sei. Genauere
Feststellungen waren insbesondere den beauftragten Gerichtsmedizinern nicht
möglich, weil die Leiche des Kindes erst lange Zeit nach dem Ableben mit
starken Verwesungserscheinungen aufgefunden wurde.
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