Pressemeldungen der Justiz - Verwaltungsgericht Dessau
53-jähriger Angeklagter vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des versuchten Totschlags freigesprochen
21.11.2023, Dessau-Roßlau – 0262023
- Landgericht Dessau-Roßlau
Landgericht Dessau-Roßlau – Pressemitteilung 026/2023
Dessau-Roßlau, den 21.11.2023
53-jähriger Angeklagter vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des versuchten Totschlags freigesprochen
Die 2. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau hat heute einen 53-jährigen Mann vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des versuchten Totschlags freigesprochen und angeordnet, dass er für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen ist. Sie ist damit dem Antrag der Verteidigung gefolgt.
Das Gericht hat es im Ergebnis der Beweisaufnahme als erwiesen angesehen, dass der Angeklagte im März dieses Jahres in einem Mehrfamilienhaus in Zerbst nach einem Streit mit dem späteren Geschädigten über zu laute Musik, der in Gegenwart der Tochter des Angeklagten stattfand, mit einem Küchenmesser bewaffnet dessen Wohnung aufsuchte und dem Geschädigten mehrere potenziell lebensgefährliche Stich- und Schnittverletzungen im Bereich des Kopfes und des Oberkörpers beibrachte. Nachdem der Geschädigte erhebliche Gegenwehr leistete, ließ der Angeklagte schließlich von ihm ab.
Die Vorsitzende hat in der Urteilsbegründung betont, dass der Angeklagte vom Versuch des Totschlags strafbefreiend zurückgetreten ist, sein Handeln jedoch den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht. Die Kammer hat den Angeklagten dennoch in Anwendung des Zweifelssatzes freigesprochen, weil nach den Feststellungen der forensisch-psychiatrischen Sachverständigen nicht auszuschließen ist, dass seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit aufgrund einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung aufgehoben war. Als Ursache hierfür hat die Vorsitzende neben einem bereits seit längerer Zeit schwelenden wechselseitigen „Lärmkrieg“, der als schwere Demütigung empfundenen Bloßstellung vor seiner Tochter und der Alkoholisierung des Angeklagten auch eine unbehandelte posttraumatische Belastungsstörung benannt, die darauf zurückzuführen ist, dass der Angeklagte vor vielen Jahr selbst Opfer einer schweren Straftat wurde.
Die Voraussetzungen für eine Unterbringung des zuvor strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Angeklagten in einer Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen Krankenhaus hat das Gericht verneint.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
2 KLs 115 Js 8119/23
Frank Straube
Pressesprecher
Impressum:
Landgericht Dessau-Roßlau
Pressestelle
Willy-Lohmann-Str. 29
06844 Dessau-Roßlau
Tel: 0340 202-1445
Fax: 0340 202-1442, 202-1430
Mail: presse.lg-de@justiz.sachsen-anhalt.de
Web: www.lg-de.sachsen-anhalt.de