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Pressemeldungen der Polizei

Direktor des Landeskriminalamtes Frank Hüttemann: Keine Entwarnung trotz stagnierender Entwicklung der Wirtschaftskriminalität im
Jahr 2005

12.07.2006, Magdeburg – 9

  • Landeskriminalamt

 

 

 

 

 

Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt - Pressemitteilung Nr.: 009/06

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt -

Pressemitteilung Nr.: 009/06

 

 

 

Magdeburg, den 12. Juli 2006

 

 

 

Direktor des Landeskriminalamtes Frank Hüttemann: Keine Entwarnung trotz stagnierender Entwicklung der Wirtschaftskriminalität im

Jahr 2005

 

 

 

Im Rahmen eines Pressegesprächs zur Lage der

Wirtschaftskriminalität in Sachsen-Anhalt, rief LKA-Direktor Frank Hüttemann zur Wachsamkeit auf: ¿Entgegen dem bundesweiten Trend, bei dem eine Steigerung

der Wirtschaftsstraftaten um 10 % zu verzeichnen ist, verläuft die Entwicklung

in Sachsen-Anhalt zwar konstant, aber es besteht kein Grund zur Entwarnung¿.

 

Die unverändert ernste Wirtschaftslage in

Sachsen-Anhalt hat auch Auswirkungen auf die Wirtschaftskriminalität: ¿Die

schwierige Situation wird von den Kriminellen gezielt ausgenutzt. Durch

Subventionsbetrug, Arbeitsvermittlungsbetrug, betrügerischem Bankrott,

Kreditvermittlungsbetrug etc. zu Lasten des Fiskus und der Verbraucher werden

nicht nur erhebliche Vermögensschäden bei Privatpersonen und der öffentlichen

Hand verursacht. Vielmehr geraten auch immer mehr redliche Unternehmer und

Gewerbetreibende in die Versuchung, selber kriminell zu werden, weil sie

befürchten, dem von strafbar handelnden Konkurrenten ausgehenden

Wettbewerbsdruck ansonsten nicht mehr standhalten können¿; so Hüttemann. Dies

fördere aber ein Wirtschaftsklima, in dem der ¿Ehrliche¿ letztlich der

vielbesagte ¿Dumme¿ wäre. Dem sei entschieden entgegen zu treten.

 

Gemessen an der

Gesamtzahl der 2005 registrierten 216.186 Straftaten (2004: 228.647) im Land

Sachsen-Anhalt stellen die 1.578 (2004: 1570) Fälle der Wirtschaftskriminalität

nur einen kleinen aber im Vergleich zum Vorjahr stabilen Anteil.

 

Allerdings kann,

so das LKA, von einem erheblichen Dunkelfeld ausgegangen werden. Zudem ist zu

berücksichtigen, dass die polizeilichen Fallzahlen nicht die Ergebnisse der

Wirtschaftsstraftaten enthalten, die von den Schwerpunktstaatsanwaltschaften

oder Finanzbehörden unmittelbar, d.h. ohne Beteiligung der Polizei, verfolgt

werden. So haben die für Wirtschaftskriminalität zuständigen

Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Halle und Magdeburg im Jahr insgesamt 2973

Verfahren bearbeitet; das bedeutet, dass 47 % aller Wirtschaftsstrafverfahren

ohne Mithilfe der Polizei abgeschlossen wurden. Damit wird deutlich, dass die

Kriminalitätsbelastung durch Wirtschaftskriminalität im Land viel höher ist,

als es die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik widerspiegeln. Die

gleiche Aussage trifft auch für die Bundesebene und wird durch eine Anfang Juli

2006 von der renommierten Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG herausgegebenen

Studie bestätigt: danach ist jedes zweite größere Unternehmen in Deutschland

von Wirtschaftskriminalität betroffen und das Dunkelfeld wird bundesweit auf

über 80 % geschätzt, d.h. auf jeden entdeckten Fall von Wirtschaftskriminalität

kommen fünf unentdeckte.

 

Auch wenn der Anteil der Fallzahlen

¿Wirtschaftskriminalität¿ in Sachsen-Anhalt mit nur 0,73 % am

Gesamtstraftatenaufkommen sehr niedrig ist, liegt der dadurch angerichtete

Vermögensschaden mit 50.899.008 Euro bei 34,2 % am

Jahres-Gesamtschadensaufkommen von 148.747.818 Euro.

 

Erschwerend komme hinzu, dass sich

Wirtschaftsstraftaten durch einen hohen Schwierigkeitsgrad in rechtlicher und

tatsächlicher Hinsicht auszeichnen, da sich das bundesdeutsche Wirtschaftsrecht

zu einem der kompliziertesten und umfangreichsten der Welt entwickelt hat.

Allein 2005 gab es rd. 36 Änderungen von wirtschaftsrechtlichen Gesetzen und

Verordnungen. ¿Diese Komplexität führt zwangsläufig dazu, dass die Bearbeitung

von Wirtschaftsdelikten sehr zeit- und personalintensiv ist, ergänzt Hüttemann.

 

Wie umfangreich Wirtschaftsstrafverfahren sein

können, belegt der kürzlich beim Landgericht Halle abgeschlossene Fall

¿Aluhett¿. Nach Eingang der Anzeige im Jahr 1997 erfolgte im Jahr 1998 die

Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Halle.

Durch die im LKA eingerichtete Ermittlungsgruppe ¿Aluwerke¿ (4 Beamte, 3

Wirtschaftssachbearbeiter) konnten im Ergebnis der im Oktober 1999 bundesweit

durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen ca. 1.100 Aktenordner Unterlagen

sichergestellt werden. Die Auswertung der ca. 190.000 Blatt Papier dauerte bis

Ende 2002. Dazu kam die Auswertung von 405 Privat- und Geschäftskonten. Im

November 2002 konnte das Verfahren mit einem 600 Seiten umfassenden

Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft Halle abgegeben werden. Die

Vorbereitung und Erhebung der Anklage erfolgte 2004. Im Mai und September des

Jahres 2004 erfolgte die Festnahme zweier Hauptbeschuldigter aufgrund von

erlassenen Haftbefehlen. Die Verhandlung gegen die Beschuldigten zog sich bis

zur Urteilsverkündung, nach 56 Verhandlungstagen, am 16.06.2006 hin.

 

Anhand dieses exemplarisch dargestellten Falles zeige

sich aber auch, so LKA-Direktor Frank Hüttemann, dass die effektive Bekämpfung

der Wirtschaftskriminalität an deutliche Grenzen in der Ausstattung der

Landespolizei mit qualifiziertes Personal stößt, zumal sich die Anforderungen

an die Ermittler in den letzten Jahren durch die Komplexität der Verfahren

massiv erhöht haben. Auch die Frage, inwieweit die Landespolizei mit

Wirtschaftskriminalisten verteilt auf sechs Polizeidirektionen und das LKA

angesichts von nur zwei Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Land zukunftsfähig

aufgestellt ist, dürfte ¿ wie die Aufstellung der Kriminalpolizei generell ¿

Gegenstand aktueller Diskussionen zur Polizeireform im Lande sein.

 

 

 

 

 

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