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Pressemitteilungen der Ministerien

Rede von Innenminister Dr. Püchel zum Antrag der PDS-Fraktion "Keine Castor-Transporte durch Sachsen-Anhalt"

12.11.1999, Magdeburg – 146

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 147/99

 

Magdeburg, den 12. November 1999

 

 

Rede von Innenminister Dr. Püchel zum Antrag der PDS-Fraktion "Keine Castor-Transporte durch Sachsen-Anhalt"

TOP 20 der Landtagssitzung am 11./12.11.1999

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Der Transport von Castor-Behältern für abgebrannte Brennelemente und hochradioaktiven Abfall aus deutschen Kernkraftwerken beschäftigt die Bundesrepublik seit Jahren.

Die politischen Diskussionen werden auf allen Ebenen, im Bund zuletzt im Rahmen der Energiekonsensgespräche, auf Landesebene vor allem in Niedersachsen oder bei den regionalen Protesten im Wendtland entsprechend kontrovers und in den seltesten Fällen ohne Emotionen geführt. Auch der vorliegende Antrag ist nicht frei davon.

Mir geht es für die Landesregierung angesichts der aktuellen Situation nicht um atompolitische Grundsatzfragen. Diese müssen an anderer Stelle geführt und entschieden werden. Mir liegt vielmehr daran, die landespolitische Diskussion, sprich die Frage möglicher Transporte durch Sachsen-Anhalt durch die der Landesregierung vorliegenden Informationen zu versachlichen.

Ich kann dabei an meine Beiträge zu diesem Thema in der gestrigen Fragestunde anknüpfen:

Von aktueller Bedeutung für uns ist ein Antrag vom 14. Oktober. Antragsteller ist die Nuclear Cargo Service, abgekürzt NCS, ein Transportunternehmen, das zur Bahn AG gehört. Zuständige Genehmigungsbehörde ist das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter.

Der dort vorliegende Antrag umfasst die Beförderung von 6 Behältern mit verglastem hochradioaktiven Abfall. Es handelt sich im Unterschied zu vorangegangenen Castor-Transporten nicht um abgebrannte Brennelemente, sondern um Abfallprodukte der Wiederaufbereitung, die aus deutschen Kraftwerken stammen.

Diese Glaskokillen müssen aufgrund rechtlicher Verpflichtungen gegenüber Frankreich aus der dortigen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague nach Deutschland zurückgeführt werden. Bestimmungsort ist Gorleben, wo sich bekanntermaßen das bundesweit einzige genehmigte Zwischenlager für diese speziellen Castorbehälter befindet.

Der Transport soll dem genannten Antrag zufolge zunächst wie gewohnt auf der Schiene erfolgen. Die Umladung für den anschließenden Straßentransport nach Gorleben soll dann jedoch mehr nicht wie bisher in Dannenberg erfolgen, sondern auf dem Bahnhofsgelände in Arendsee.

In diesem Zusammenhang muss gesagt werden, dass nicht ausschließlich ein Transportweg über Arendsee bzw. ein Umschlag in Arendsee beantragt ist. Im Antrag ist ausdrücklich auch die Möglichkeit genannt ist, andere Transportführungen und Umschlagmöglichkeiten in die Prüfung einzubeziehen.

Zum Genehmigungsverfahren ist grundsätzlich festzustellen, daß das Bundesamt für Strahlenschutz nach § 4 Atomgesetz verpflichtet ist, die beantragte Beförderungsgenehmigung zu erteilen, wenn die dort genannten Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen.

Ob und inwieweit dies nach Auffassung des zuständigen Bundesamtes der Fall ist, ist bislang völlig offen. Zu den Genehmigungsvoraussetzungen zählt die Sicherheit der Castorbehälter. Diese liegt mir schon deshalb am Herzen, weil es hierbei gerade auch um die Gesundheit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten geht, die den Transport begleiten und ihm besonders nah kommen.

Nach allem was wir davon wissen, zeichnet sich inzwischen in dieser Frage im Fall der Glaskokillen-Transporte, um die es in diesem Fall geht, eine positive Klärung ab.

Für die Bedenken der Bevölkerung und der Kommunen, die voraussichtlich von dem beantragten Castor-Transportweg unmittelbar betroffen wären habe ich großes Verständnis. Ich habe deshalb veranlasst, dass der aktuelle Stand des Genehmigungsverfahrens sowie die weiteren Verfahrensschritte in einem Fachgespräch dem Landkreis Salzwedel und der Stadt Arendsee im Innenministerium erörtert werden.

Aus polizeilicher Sicht ist die Strecke für den Straßentransport von großer Bedeutung. Die Bilder der Schwertransporte vom Umladebahnhof Dannenberg nach Gorleben in den letzten Jahre und die anschließenden Debatten auch hier im Landtag haben sicherlich alle von uns noch im Kopf.

Der polizeiliche Schutz dieser Wegstrecke war problematisch genug. Gegenüber dem BMU und dem Bundesamt für Strahlenschutz haben wir insofern deutlich darauf hingewiesen, dass wir sowohl den Umschlag in Arendsee als auch den Transportweg von Arendsee nach Gorleben aus polizeilicher Sicht für ungeeignet halten ¿ übrigens in erfreulicher übereinstimmung mit der niedersächsischen Landesregierung. Sie konnten das den Presseberichten entnehmen.

Wer sich die angedachte Strecke auf der Landkarte angesehen hat, weiß, dass sie viel länger ist. Außerdem führt sie durch unübersichtliches Waldgebiet, so dass die Polizei große Probleme hätte, die Situation zu beherrschen, weit größere als auf der alten Strecke.

Anrede,

Sie werden verstehen, daß sich angesichts des komplizierten Prüfgegenstandes noch eine ganze Reihe von Fragen ergeben werden, die einer weiteren Prüfung und Erörterung bedürfen. Zu dem Ergebnis des Genehmigungsverfahrens kann ich deshalb keine Prognose geben.

Wir werden jedoch auch bei den weiteren Verfahrensschritten sehr deutlich und mit Nachdruck darauf hinwirken, dass von den Bundesbehörden alle berechtigten Bedenken ausreichend berücksichtigt werden und für den beantragten Umschlag in Arendsee möglichst keine Genehmigung erteilt wird.

Wir werden uns dazu auch detailliert mit den einzelnen Kriterien der Eignung der in Betracht kommenden Umladestellen und Streckenführungen beschäftigen. Denn diese Frage ist vom Bundesamt für Strahlenschutz bei der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen zwingend zu berücksichtigen.

Nicht berücksichtigt, meine Damen und Herren, würde angesichts der Bindung des Bundesamtes an das Atomgesetz, eine pauschale Ablehnung des Transportes durch das Land. Und sei sie auch noch so lautstark vorgetragen.

Es geht vielmehr darum, die aus der Sicht des Landes durchaus vorhandenen sachlichen Gründe, die gegen den Transport durch Sachsen-Anhalt sprechen, im Genehmigungsverfahren zum Tragen zu bringen.

Anrede,

Ich denke, es ist deutlich geworden, daß ich Ihnen die entscheidende Frage, ob tatsächlich ein Castor-Transport durch Sachsen-Anhalt gehen könnte oder wie groß die Wahrscheinlichkeit eines solchen Transportes ist, nicht beantworten kann.

Lassen Sie mich zusammenfassend noch einmal darauf hinweisen,

 

 

dass die Entscheidung und Verantwortung über den Transport und den Transportweg beim Bund liegt,

und dass die Spielräume des Landes im Genehmigungsverfahren nicht sehr groß sind. Wir werden jedoch alles unternehmen, um sie im Interesse des Landes und der Region zu nutzen.

 

 

Abschließend ein Punkt, der mich in diesem Zusammenhang und nicht zuletzt mit Blick auf die heutige Debatte noch bewegt. Ich habe eingangs Verständnis für die Emotionen angesichts des Themas geäußert, gerade auch, was die Bürgerinnen und Bürger in der Region betrifft.

Leidenschaftliche Debatten aus diesen Gründen dürfen allerdings über die Grenzen von Protest keinen Zweifel zulassen:

Anrede,

die Polizei hat in den letzten Wochen eine Hakenkralle in der Oberleitung der ICE-Strecke durch die Altmark entdeckt, bevor diese weiteren Schaden anrichten konnte.

Jeder kann sich, denke ich, vor Augen führen, zu welchen Folgen so etwas gerade in Anbetracht der dort gefahrenen Geschwindigkeiten führen kann. Vor dem Hintergrund solcher Vorfälle mein abschließender Appell:

Lassen sie gerade in einer Debatte wie dieser ganz deutlich werden, dass es bei aller Kontroverse in der Sache und allem Verständnis für die Region für solch gemeingefährliches Treiben keine politische oder moralische Rechtfertigung geben kann.

 

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