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Pressemitteilungen der Ministerien

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zur Großen Anfrage "Zukunft der Verwaltungsgemeinschaften"

12.11.1999, Magdeburg – 147

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 147/99

 

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 147/99

 

Magdeburg, den 12. November 1999

 

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zur Großen Anfrage "Zukunft der Verwaltungsgemeinschaften"

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 22. Juni 1999

Top 3 der Landtagssitzung am 11./12. 11. 1999

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

manch einer unter Ihnen wird die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zur "Zukunft der Verwaltungsgemeinschaften" als unbefriedigend empfinden. Und ich gestehe, mir geht es genau so. Die Verwaltungsgemeinschaft spielt eine zentrale Rolle im kommunalen Gefüge unseres Landes.

Deshalb bin einerseits froh über die Anfrage, denn sie zeigt, dass auch die CDU-Fraktion erkannt hat, dass es um die Verwaltungsgemeinschaften nicht überall zum Besten bestellt ist und Reformüberlegungen angestellt werden müssen.

Um u.a. dieses genauer zu untersuchen, habe ich bereits im März eine Arbeitsgruppe zur Erstellung eines Leitbildes zur Kommunalreform eingesetzt. Nach einer sauberen Analyse des Ist-Zustandes soll sie klare Leitlinien für zukünftige Kommunalstrukturen entwickeln.

So froh ich also einerseits über die Anfrage bin, so sehr bedaure ich es andererseits, dass sie zur Unzeit kommt. Dadurch, dass sie mehrere Monate nach Beginn der Arbeiten in meinem Hause zu diesem Thema gestellt wurde, entsteht der Eindruck, dass jemand damit auf einen fahrenden Zug aufspringen will.

Noch schlimmer aber wird es, wenn derjenige gleich wieder abspringt, bevor der Zug seinen Zielbahnhof erreicht hat. So verhält es sich hier. Denn dem Antrag auf Verlängerung der Beantwortungsfrist bis zum Ende dieses Monats ist nicht entsprochen worden. In diesem Zusammenhang soll also jetzt das schwierige Thema der zumindest teilweise notleidenden Verwaltungsgemeinschaften diskutiert werden.

Das macht es doppelt schwer, aber ich will mich dem stellen, so gut es im Augenblick eben geht:

Anrede,

die "Zukunft der Verwaltungsgemeinschaften" hängt von ihrer Gegenwart ab, das heißt davon, wie ihr Zustand heute ist. Die Verwaltungsgemeinschaften werden heute - obwohl sie bei ihrer Einführung zum Teil stark bekämpft wurden - allgemein akzeptiert und werden auch von vielen ehrenamtlichen Bürgermeistern, die wir im Rahmen der Leitbilderarbeitung hierzu angehört haben, nicht mehr in Frage gestellt.

Aber ihr Zustand ist nicht so, dass man durchweg sagen kann, es bestünde kein änderungsbedarf. So haben vor allem die nach der Novelle der Gemeindeordnung vom Mai 97 durchgeführten Anpassungen der Hauptsatzungen und überprüfungen der Gemeinschaftsvereinbarungen bei einer Vielzahl von Verwaltungsgemeinschaften gravierende Mängel zu Tage gefördert.

Diese müssen wir jetzt aufarbeiten, um zu prüfen, ob und inwieweit hier gesetzgeberisch eingegriffen werden muss, um folgenschwere Gründungsfehler rückwirkend zu heilen.

Wir stehen hier vor einem ähnlichen Problem wie seinerzeit bei den Abwasserzweckverbänden. Einige Gemeinden versuchen den Zustand zu nutzen, um aus der ungeliebten Verwaltungsgemeinschaft ausscheiden zu können. Krassester Fall: Ein Bürgermeister klagte wegen Gründungsfehlern vor dem Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht gab ihm recht. Im Ergebnis gehört die Gemeinde nicht mehr der Verwaltungsgemeinschaft an. Verrückt wird die Geschichte, wenn man weiß, dass gerade dieser Bürgermeister die Verantwortung für die Gründungsfehler trägt.

Anrede,

seit Bestehen der Verwaltungsgemeinschaften treten bei einigen von ihnen immer wieder Schwierigkeiten bei der Erledigung der übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben auf. Durch Qualifikation der Mitarbeiter sowie der verbesserten Zusammenarbeit zwischen der Verwaltungsgemeinschaft und den Mitgliedsgemeinden konnten diese Schwierigkeiten bei der Erledigung der übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben seit 1995 zwar vermindert, jedoch nicht gänzlich beseitigt werden.

Es gibt in einigen Verwaltungsgemeinschaften immer wieder Probleme, weil ehrenamtliche Bürgermeister die Verwaltungsgeschäfte eigenständig durchführen, also z.B. Aufträge in Größenordnungen auslösen, ohne dass die Verwaltungsgemeinschaft über die einzelnen Sachverhalte informiert ist bzw. wird.

Des Weiteren beschäftigen einige Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften auch immer noch Verwaltungsmitarbeiter, die zum Teil mit Aufgaben betraut sind, die im gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsgemeinschaft liegen.

Um eine konsequente Durchsetzung der gesetzlichen Normierung der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt zu garantieren, sind die Kommunalaufsichtsbehörden derzeit bemüht, mit kommunalaufsichtlichen Mitteln diesen rechtswidrigen Zustand der Beschäftigung von Mitarbeitern im Kernbereich der Verwaltung der Gemeinde zu beseitigen.

Da aber die Rechtsmittel hiergegen teilweise bis zum allerletzten ausgenutzt und nicht einmal die die Kommunalaufsicht bestätigenden Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts widerspruchslos hingenommen werden, wird die Herstellung des gesetzeskonformen Zustandes noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Inzwischen hat sich herauskristallisiert, dass in einigen Verwaltungsgemeinschaften die mangelnde fachliche Eignung der Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes ein gravierendes Problem darstellt. In Sachsen ¿ Anhalt haben 31 Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes nur die Befähigung zum mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst.

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Befähigung zum mittleren Dienst qualitativ nicht ausreichend ist. Um eine fach- und sachgerechte Führung der Verwaltungsämter und die Aufgabenerfüllung im Interesse der Bürger zu gewährleisten, sollte das Qualifikationserfordernis auf die Befähigung für den gehobenen Dienst bzw. vergleichbarer Verwaltungsabschlüsse angehoben werden. Bestrebungen meinerseits, hier eine entsprechende gesetzliche änderung zu erwirken, wurden 1997 bekanntermaßen vom Landtag 1997 abgelehnt.

Eine sachgerechte Verlängerung oder Verkürzung der Amtszeit des Leiters des gemeinsamen Verwaltungsamtes wird ebenfalls im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines kommunalen Leitbildes geprüft.

Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollten Verwaltungsgemeinschaften, zu denen eine große Gemeinde mit vorhandener Verwaltung gehört, das Modell der Trägergemeinde wählen. In Sachsen¿Anhalt arbeiten derzeit 51 Verwaltungsgemeinschaften nach diesem Modell. Wenn der Oberbürgermeister einer großen Stadt im Süden nicht in besonderer Weise aktiv geworden wäre, hätten wir jetzt übrigens 52 Verwaltungsgemeinschaften nach diesem Modell.

In vielen Verwaltungsgemeinschaften mit dem Trägergemeindemodell treten jedoch immer wieder Unstimmigkeiten auf, dies zeigte sich auch sehr deutlich bei den Anhörungen. Ich finde es schon bezeichnend, dass derjenige, der dieses Modell mit verzapft hat, davon keinen Gebrauch gemacht hat.

Die anfänglich aufgetretenen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Kassen¿ und Rechnungsführung sind durch die änderung des § 82 Abs. 2 Satz 1 Gemeindeordnung des Landes Sachsen¿Anhalt beseitigt worden. Ein gesonderter Haushaltsplan für die Gemeinschaftsaufgaben muss nicht mehr aufgestellt werden.

Die Höhe der Umlagen aller Verwaltungsgemeinschaften liegt 1998 nach einer geringfügigen Anhebung in den Haushaltsjahren 1996 und 1997 nun im Schnitt bei 283 DM pro Einwohner/pro Jahr. Wenn man das Haushaltsjahr 1995 als Basiswert zu Grunde legt, ist in dem Zeitraum von 1995 - 1998 die Umlage um 3 DM pro Einwohner/pro Jahr gesunken.

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des kommunalen Leitbildes wird die Möglichkeit geprüft, ob zukünftig die Verwaltungsgemeinschaften mit einem direkten Anteil am kommunalen Finanzausgleich beteiligt werden können, um die finanzielle Abhängigkeit von den Mitgliedsgemeinden zu senken.

Die Einnahmen der Verwaltungsgemeinschaften resultieren derzeit zu rd. 70 % aus der Verwaltungsgemeinschaftsumlage.

Die Forderung nach eigenen Finanzzuweisungen kam bei den Anhörungen immer wieder von den Verwaltungsamtsleitern.

Die Mehrzahl der Verwaltungsgemeinschaften verfügt über zuviel Personal in der Kernverwaltung. Ein großer Teil der Verwaltungsgemeinschaften hat seit 1995 seinen Personalbestand zwar reduziert. Dementsprechend haben sich die Personalkosten von 1995 bis 1998 absolut um 11,2 % verringert.

Jedoch sind die Personalkosten von 1995 bis 1998 je Einwohner fast gleich geblieben, weil die Bevölkerungszahl in nahezu allen kommunalen Gebietskörperschaften des Landes Sachsen-Anhalt rückläufig ist. Die Verwaltungsgemeinschaften müssten den begonnenen sozial verträglichen Personalabbau noch weiter vorantreiben, ohne die ihr obliegenden Aufgaben zu vernachlässigen.

Die Fortentwicklung der gemeindlichen Verwaltungsstruktur - ich betone es zum Abschluss noch einmal - wird im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines kommunalen Leitbildes in meinem Hause geprüft. Die Verwaltungsgemeinschaften bilden darin einen Baustein.

Zweifellos ist dieser wichtig, sehr wichtig sogar, aber er kann nicht ohne das Gesamtgefüge betrachtet werden. Denn die Verwaltungsgemeinschaft hat in ihrer Struktur und Größe natürlich Auswirkungen auf die Gemeinde- und die Kreisebene.

Eines hat sich bei den Beratungen der letzten Wochen eindeutig herausgestellt. Die Verwaltungsgemeinschaften stellen zwar die weichste Form der kommunalen Zusammenarbeit dar. Sie sind aber auch das empfindlichste und anfälligste Gebilde.

Vor Jahren habe ich einmal an dieser Stelle den Satz geprägt: "Die Chemie muss stimmen." Dies gilt auch heute noch. Stimmt die Chemie zwischen den handelnden Personen nicht, arbeitet die Verwaltungsgemeinschaft schlecht bzw. nicht. Es kann jedoch nicht sein, dass ein System so strukturiert ist, dass es nur richtig funktioniert, wenn alle immer an einem Strang ziehen. Und ein Quertreiber ausreicht, um alles zu bremsen.

Wenn man über die Frage weiter debattiert, ob und welche Zukunft die Verwaltungsgemeinschaften haben, gilt es dieses alles zu beachten. Wenn das Leitbild vorliegt, werden wir diese Fragen noch einmal im Detail diskutieren können. Bis dahin müssen Sie sich bitte noch etwas gedulden.

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