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Pressemitteilungen der Ministerien

Aktuelle Debatte der Landtagssitzung am 16.12.1999 - Redebeitrag von Innenminister Dr. Püchel zum Thema: Entscheidung des Deutschen Bundestages über den CDU/CSU-Gesetzentwurf zur Beseitigung von Ungerechtigkeiten bei der Vertriebenenzuwendung; Antrag der Fraktion der CDU

20.12.1999, Magdeburg – 171

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 171/99

 

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 171/99

 

Magdeburg, den 20. Dezember 1999

 

Aktuelle Debatte der Landtagssitzung am 16.12.1999 - Redebeitrag von Innenminister Dr. Püchel zum Thema: Entscheidung des Deutschen Bundestages über den CDU/CSU-Gesetzentwurf zur Beseitigung von Ungerechtigkeiten bei der Vertriebenenzuwendung; Antrag der Fraktion der CDU

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Erlauben Sie mir zunächst eine Vorbemerkung zu diesem Antrag. Es ist nicht nur ungewöhnlich, sondern auch unüblich, dass sich ein Landtag im Rahmen einer Aktuellen Debatte mit einem Thema befassen soll, dass bisher ausschließlich Gegenstand der Beratung eines anderen unabhängigen Parlaments, nämlich des Deutschen Bundestages, ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die Länder weder bei der Entwurfsfassung noch bei der Behandlung im Bundestag mitgewirkt haben. Eine Beteiligung der Länder erfolgte bisher lediglich auf Arbeitsebene zu Fragen der praktischen Umsetzung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes.

Im gesetzgeberischen Verfahren ist im übrigen nach den Vorgaben des Grundgesetzes eine Beteiligung der Länder erst nach Beschlussfassung durch den Bundestag im Bundesrat vorgesehen.

Soweit ein Gesetzentwurf den Bundestag jedoch nicht passiert, sind die Einflussmöglichkeiten der Länder begrenzt.

Anrede,

nun lassen Sie mich zu inhaltlichen Fragen des Vertriebenenzuwendungsgesetzes und des Entwurfes der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag kommen. Nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz vom 27. September 1994 wird den Vertriebenen, die vor dem 3. Oktober 1990 ihren ständigen Wohnsitz in der DDR genommen und ihn dort bis zu diesem Zeitpunkt ohne Unterbrechung innegehabt haben, eine einmalige Zuwendung in Höhe von 4.000 DM gewährt, bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen. Die Antragsfrist für die Gewährung dieser Zuwendung endete am 30. September 1995.

Sicherlich hat das Vertriebenenzuwendungsgesetz Schwachpunkte, jedoch handelt es sich dabei um klassische Charakteristika sogenannter Leistungsgesetze. Bei Leistungsgesetzen hat der Gesetzgeber zwar einen weiten Gestaltungsspielraum, jedoch vermag in den seltensten Fällen dieser alle Betroffenen zu berücksichtigen. Zum anderen wurden gerade im Bereich des Vertriebenenzuwendungsgesetzes sich in der Praxis ergebende Auslegungsprobleme nicht zuletzt auf meine Initiative hin durch einen neuen Erlass in Abstimmung mit dem BMF beseitigt. Ich erinnere beispielhaft an die Aufhebung des Ausschlusses von Inhabern von Bodenreformland.

Zu Fragen der änderung des Gesetzes macht die CDU/CSU Bundestagsfraktion nunmehr Vorschläge, bei denen ich mich frage, warum sie sie nicht aufgegriffen hat, als sie noch in der Regierungsverantwortung stand. Bis zum Sommer 98 hatten Sie reichlich Zeit dazu. Konkret beinhaltet der Gesetzentwurf der Union die Absicht, in § 1 des Vertriebenenzuwendungsgesetzes klarzustellen, dass die Gewährung und Annahme der einmaligen Zuwendung keinen Verzicht der Vertriebenen auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückgabe von ihnen zurückgelassenen Vermögens bedeutet.

Weiterhin soll in § 2 des Vertriebenenzuwendungsgesetzes auf das Erfordernis des ununterbrochenen Aufenthaltes im Beitrittsgebiet verzichtet werden; darüber hinaus soll in § 4 die Antragsfrist bis zum 31. Dezember 1999 verlängert werden. Schließlich fordert die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Schaffung eines Härtefonds für sonstige Fälle außergewöhnlicher Härte.

Anrede,

der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion führt zu neuen Unklarheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten und steht auch mit dem von der damaligen CDU-geführten Bundesregierung verfolgten Konzept in Konflikt, die Kriegsfolgen- und Lastenausgleichsgesetzgebung abschließend zu regeln.

Doch nun zu den einzelnen Vorschlägen des Gesetzentwurfes:

Soweit die Annahme der einmaligen Zuwendung kein Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückgabe des von den Vertriebenen zurückgelassenen Vermögens darstellen soll, handelt es sich um reinen Populismus.

In § 1 des Vertriebenenzuwendungsgesetzes wird bereits jetzt ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Zuwendung nur der innerstaatlichen Abgeltung aller materiellen Schäden und Verluste dient, die mit den Ereignissen und Folgen des Zweiten Weltkriegs im Zusammenhang stehen.

Im übrigen liegen die durch die Vertreibung entzogenen Vermögenswerte auch weiterhin außerhalb der Verfügungsmacht der Bundesrepublik Deutschland. Zweitens verkennt die beabsichtigte Streichung der bisherigen Anspruchsvoraussetzung des ständigen Wohnsitzes im Beitrittsgebiet "ohne Unterbrechung", dass diese Worte eine ausschließlich klarstellende Funktion haben. Der Schwerpunkt dieser Vorschrift liegt beim "ständigen Wohnsitz".

Der heute im Bundestag zur zweiten und dritten Lesung angesetzte Gesetzentwurf der Union widerspricht gerade der Intention des Vertriebenenzuwendungsgesetzes, ausschließlich die Vertriebenen zu begünstigen, die aufgrund permanenten Wohnsitzes in der DDR von allen statusbedingten Vergünstigungen ausgeschlossen waren.

In der Behördenpraxis werden im übrigen die Unterbrechungen des Wohnsitzes im Einzelfall großzügig gehandhabt. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass per 31. Juli 1999 in Sachsen-Anhalt insgesamt gerade 1 % der Anträge wegen fehlenden ununterbrochenen Wohnsitzes abgelehnt wurden.

Dabei verkenne ich nicht, dass gerade dieser Ablehnungstatbestand in manchen Fällen von den Betroffenen als unverständlich und ungerecht empfunden wird. Der Bundesgesetzgeber hat sich aber seinerzeit, in Anlehnung an andere Leistungsgesetze, genau dafür entschieden.

Drittens beträgt die Ablehnungsquote zu spät gestellter Anträge in Sachsen-Anhalt lediglich 0,2 %. Zu dieser äußerst geringen Quote trug nicht zuletzt die flexible Handhabung der sogenannten Nachsichtsgewährung bei, von der trotz Ausschlussfrist seitens der Verwaltung umfassend Gebrauch gemacht wurde, um den Betroffenen so weit wie möglich entgegenzukommen, damit sie ihre Rechte geltend machen können.

Anrede,

auch eine neue Regelung zur Antragsfrist würde wiederum nicht alle in Frage kommenden Antragsteller erfassen. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass die zuständigen Behörden bereits vor In-Kraft-Treten des Gesetzes Anträge angenommen und wiederholt auf das Vertriebenenzuwendungsgesetz, seine Voraussetzungen und Antragsfristen in der öffentlichkeit hingewiesen haben.

Viertens begegnet die Forderung, einen Härtefonds mit einem Vermögen von 100 Millionen DM für sonstige Fälle außergewöhnlicher Härte zu schaffen, neben konzeptionellen auch finanziellen Bedenken. Die von der CDU/CSU-Fraktion vorgelegten Kostenschätzungen entbehren jeglicher Grundlage und dürften viel zu niedrig angesetzt sein. Zum anderen präsentiert die CDU/CSU hier einmal mehr die Rechnung für Versäumnisse aus ihrer eigenen Regierungszeit.

Anrede,

in Sachsen-Anhalt sind über 98 % der Anträge abgearbeitet. In mehreren Landkreisen ist die Bearbeitung ganz abgeschlossen. So las ich vor kurzem ein Interview mit Herrn Landrat Jeziorsky in der Volksstimme, in dem er berichtete, dass sein Landkreis alle Anträge beschieden hat. Die zuständigen Landkreise und Städte haben aufgrund des hohen Abarbeitungsstandes bereits die entsprechenden Personalkapazitäten reduziert.

Anrede,

ich wiederhole meine Gesamtbewertung des CDU-Vorhabens. Eine öffnung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes würde neue Unklarheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten schaffen und mit dem Konzept der abschließenden Regelung der Kriegsfolgen- und Lastenausgleichsgesetzgebung in Konflikt stehen. Der Kreis der Berechtigten ist durch die geltende Regelung sehr weit gefasst und wurde beim Vollzug im Rahmen der Gesetze entsprechend den Erfordernissen maßvoll erweitert. Die Abarbeitung steht kurz vor dem Ende und bietet die Chance, in diesem Bereich der Wiedergutmachung Rechtsfrieden einkehren zu lassen.

Anrede,

an dieser Stelle schließt sich für mich ein Kreis. Im Herbst 1994 haben wir im Zeichen des Bundestagswahlkampfes über einen Antrag der CDU diskutiert, die damals wollte, dass das Land bei der Auszahlung der Vertriebenzuwendung in Vorleistung geht. Was überflüssig war, denn bereits kurz danach wurden die Fälle nach Geburtsjahrgängen abgearbeitet.

Nun stehen wir wenige Tage vor dem Abschluss der Auszahlung und die CDU versucht erneut mit dem Thema zu punkten. Vor zwei, drei Jahren waren diese Probleme genauso bekannt wie heute. Damals habe ich Ihre Stimme nicht vernommen, geschweige denn, einen Antrag Ihrer eigenen Bundesregierung bzw. Bundestagsfraktion zu Gesicht bekommen. Wenn Sie meine Damen und Herren der Auffassung sind, dass hier ein Gesetz unzureichend ausgestaltet wurde, hätten Sie von 1995 bis 98 genug Zeit und Gelegenheit gehabt, die Regierung Kohl und die Bundestagsmehrheit von CDU/CSU und FDP zu kritisieren, bzw. einen Antrag einzubringen. Dass Sie es erst heute tun, zeigt Ihre wahren Absichten.

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