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Aktuelle Pressemitteilungen - Sachsen-Anhalt

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Erhalt des Grenzdenkmals Hötensleben, Antrag der Fraktion der CDU

05.05.2000, Magdeburg – 50

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 050/00

 

Magdeburg, den 5. Mai 2000

 

 

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Erhalt des Grenzdenkmals Hötensleben, Antrag der Fraktion der CDU

 

Es gilt das gesprochene Wort!

(In Vertretung verlesen von Justizministerin Karin Schubert)

Anrede,

wie wir alle wissen, verlief die deutsche Geschichte im letzten Jahrhundert außerordentlich wechselvoll und widersprüchlich:

Dem Fortschritt von Wissenschaft und Technik stand ihr Missbrauch durch diktatorische Regime gegenüber. Im vergangenen Jahrhundert ist von deutschem Boden zweimal Krieg und Aggression ausgegangen; zwischen 1933 und 1945 herrschte in Deutschland die Diktatur der Nationalsozialisten, in deren Verlauf Millionen Menschen ermordet wurden und unsägliches Leid über die Menschheit gebracht wurde. Nach 1945 wurde in der Sowjetischen Besatzungszone fast übergangslos erneut ein Unrechtsregime errichtet, das erst durch die friedliche Revolution von 1989/90 beseitigt werden konnte. Diese unheilvolle Geschichte lehrt, dass auch unsere gegenwärtige freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung potentiellen Gefährdungen ausgesetzt ist, den wir uns mit aller Macht entgegenstellen müssen.

Derartigen Gefahren kann eine Gesellschaft um so erfolgreicher begegnen, je intensiver die Menschen mit ihrer Geschichte vertraut sind. Geschichtskenntnis ist kein Allheilmittel gegen politischen Extremismus. Sie ist aber ein Katalysator im Kampf gegen antidemokratische Entwicklungen jeder Couleur.

Gedenkstätten sind dabei offene Lernorte, deren Ziel es ist, aus der Geschichte für die Zukunft zu lernen. In der DDR existierten bekanntlich eine ganze Reihe von Mahn- und Gedenkstätten, die an die Verbrechen der Nationalsozialisten erinnerten. Letztlich fungierten diese Einrichtungen aber zur Legitimation der SED-Herrschaft.

So war zum Beispiel die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge zum Weiheort verkommen, über den Massengräbern in den 60er Jahren war eine Aufmarschfläche geschaffen worden. Die von Häftlingen errichtete Untertageanlage baute die NVA zu militärischen Zwecken aus. Gleichzeitig wurde verbreitet, die Anlage sei gesprengt worden. Die Untaten der Nationalsozialisten im "Roten Ochsen" in Halle waren wenig bekannt, das System der KZ-Außen- und Zwangsarbeitslager unerforscht.

Die friedliche Revolution in der DDR markiert auch in der Gedenkstättenarbeit eine Zäsur. Die Ausstellungen in den NS-Gedenkstätten waren auf der Basis neuer Forschungen, die auf der Grundlage der strengen Kriterien der Wissenschaft erfolgen mussten, neu zu gestalten. Dogmatische Bildungsansätze mussten überwunden werden; Diskussion und offener Meinungsstreit hatten vorgegebene Interpretationen zu ersetzen. Darüber hinaus bestand von seiten der SED-Opfer die berechtigte Forderung, neue Gedenkstätten einzurichten, die an ihre Leiden und die Menschenrechtsverletzungen während der sowjetischen Besatzungsmacht und der SED-Diktatur erinnern sollten.

Eine demokratische Erinnerungskultur, die zur Identifikation und zur Auseinandersetzung des Bürgers mit der Geschichte und seiner Region führt, kann nur entstehen, wenn der Erhalt von Denkmälern und der Unterhalt von Gedenkstätten vor Ort von den Bürgern bejaht und weitgehend übernommen wird. In diesem Bereich hat das Ehrenamt eine besondere Aufgabe und einen hohen gesellschaftlichen Wert.

Es ist sicher in vielen Fällen nötig, dass der Staat sich beteiligt, aber nicht, dass er alles selbst in eigener Regie betreibt.

So haben wir drei Gedenkstätten, die das Land allein unterhält und führt

 

 

die Gedenkstätte für Opfer der NS-"Euthanasie" in Bernburg,

die Gedenkstätte "Roter Ochse" in Halle und

die Gedenkstätte Deutsche Teilung in Marienborn .

 

Weitere zwei Gedenkstätten werden finanziell weitgehend vom Land (95 %) getragen, aber von den Kommunen verwaltet so die Gedenkstätte Langenstein¿Zwieberge und die Gedenkstätte Moritzplatz in Magdeburg. Neben diesen fünf Landesgedenkstätten werden etliche Gedenkstätten auch von den Kommunen selbst getragen und das Land hilft mit fachlicher Unterstützung sowie mit Zuwendungen in unterschiedlicher Höhe, so die Mahn- und Gedenkstätte Wernigerode, die Mahn- und Gedenkstätte Gardelegen und die Gedenkstätte Lichtenburg/Prettin.

Das ist eine vielfältige Gedenkstätten-Landschaft, die funktioniert und angenommen wird. Neben dem Aufbau der fünf landeseigenen Gedenkstätten hat das Land in den zurückliegenden Jahren auch die Weiterentwicklung und Modernisierung von kommunal getragenen Gedenkstätten gefördert. Hier wird das Land auch in Zukunft seinen Beitrag leisten.

Wie bei der weiteren Entwicklung der landeseigenen Gedenkstätten haben wir uns allerdings auch bei der zukünftigen Unterstützung der lokalen Einrichtungen an der schwierigen Finanzlage des Landes zu orientieren. Nicht alles Wünschenswerte wird auch tatsächlich realisierbar sein.

In diesen Gesamtzusammenhang ist auch das Grenzdenkmal in Hötensleben zu stellen: Gemeinde und Verein unterhalten und betreuen es. Viele Helfer, darunter das Land mit bisher 230 TDM, unterstützen dieses finanziell. Gefördert und gewollt ist auch die Zusammenarbeit über den Verein "Grenzenlos" mit der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn und dem Zonengrenzmuseum Helmstedt. Vergessen wir nicht, dass mit der eben dargestellten Organisation das Grenzdenkmal Hötensleben, das aus kommunaler und privater Initiative entstand, gesichert wurde und für die öffentlichkeit nutzbar ist.

Es ist insofern auch ein hervorragendes Beispiel dafür, dass nicht alles in der Gedenkstättenarbeit vom Staat selbst gemacht werden muß, sondern auch Bürgerengagement vor Ort mit staatlicher finanzieller Unterstützung bedeutende Beiträge zur Gedenkstättenarbeit im Land leisten kann.

Die Landeregierung hält es daher für zweckmäßig, das Grenzdenkmal wie bisher zu betreiben und bei Bedarf und nach den finanziellen Möglichkeiten des Landeshaushalts seinen Unterhalt weiterhin und langfristig abzusichern, wie das ebenfalls bei den übrigen kommunalen Gedenkstätten geschieht. Auch in anderen Fragen, z.B. denen der Eigentumsverhältnisse, steht das Land gerne beratend und soweit möglich helfend zur Verfügung.

Eine übernahme in staatliche Hand würde allerdings viel vorhandenes und notwendiges bürgerschaftliches und gemeindliches Engagement bremsen, zumindest seine Möglichkeiten nicht zureichend ausschöpfen lassen.

Selbstverständlich wird die Landeregierung zum Jahresende über die Entwicklung des Grenzdenkmals in Hötensleben berichten. Sollten wir im Laufe des Jahres zu neuen Erkenntnissen kommen, wird sich die Landesregierung auch nicht einer überprüfung ihrer bisherigen Gedenkstättenkonzeption verschließen.

 

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